Die Reserven müssen den gesetzlichen Verpflichtungen gemäss Art. 14 KVAG und Art. 9ff KVAV entsprechen. Liegen die Reserven über dem gesetzlichen Minimum, müssen diese im System zugunsten der Versicherten verbleiben (Gewinnausschüttungsverbot, Art. 2 Abs. 1 KVAG). Das BAG prüft, dass die Reserven nicht übermässig sind. Sind sie übermässig, müssen die Versicherer ihre Reserven abbauen (Art. 26 KVAV) oder das BAG genehmigt die Prämien nicht (Art. 16 Abs. 4 Bst. d KVAG). Sehr tiefe Reserven hingegen gefährden die Solvenz der Krankenversicherer, was durch Prämienerhöhungen korrigiert werden muss.
Die Tabelle und die Grafik zeigen die Höhe der Reserven. Die Erhöhung der Reserven in den Jahren 2018, 2019 und 2020 müssen als ausserordentliche Fälle verstanden werden. Im Vergleich mit den Kosten wurden 2018 zu hohen Prämien bezahlt: Die Kostendämpfungsmassnahmen bzw. der Tarifeingriff des Bundesrats hatte positive Auswirkungen auf die Gesundheitskosten. Die Kosten und damit die Prämien wurden demzufolge für das Jahr 2018 überschätzt, was zu einer Erhöhung der Reserven führte. Die Erhöhung der Reserven in den Jahren 2019 und 2020 ist insbesondere auf gute Börsenergebnisse zurückzuführen: Die Versicherer dürfen diese Gewinne zwar in der Prämienkalkulation verwenden, aber nur in begrenztem Umfang (Art. 25 Abs. 4 KVAV); der Rest muss den Reserven zugeführt werden.
Dank der seit dem 1. Juni 2021 gültigen Revision der KVAV für mehr Flexibilität zum Abbau von Reserven konnten die Krankenversicherer im Rahmen der Prämienbekanntgabe 2022 380 Millionen Franken direkt (Rückerstattung) oder indirekt (tiefere Prämien im Jahr 2022) an die Versicherten zurückgeben.
Es sei auch darauf hingewiesen, dass die OKP-Reserven im Vergleich klein sind: Im Jahr 2020 betrugen sie effektiv nur eine Summe von 4 Monatsprämien (10’995 Mio. CHF Reserven bei 2’483 Mio. CHF OKP-Kosten pro Monat). Im Vergleich dazu decken die AHV-Reserven 12 Monatsausgaben (45’997 Mio. CHF Kapital bei 3’831 Mio. CHF Ausgaben pro Monat) und die SUVA-Reserven mehr als 165 Monatsausgaben (60’125 Mio. CHF Kapital bei 361 Mio. CHF Ausgaben pro Monat).