Vergütung im Einzelfall Off-Label-Use

Die Artikel 71a–71d der Verordnung über die Krankeversicherung (KVV) regeln die Vergütung von Arzneimitteln durch die obligatorische Krankenpflegeversicherun im Einzelfall. Der so genannte Off-Label-Use soll in erster Linie den Zugang zu Arzneimitteln sicherstellen, die nicht auf der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt sind und grossen therapeutischen Nutzen gegen eine schwere oder tödlich verlaufende Krankheit bzw. chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen.

Es handelt sich um Arzneimittel, die in folgenden Fällen von der OKP vergütet werden sollen:

  • Auf der SL aufgeführt, das Arzneimittel befindet sich jedoch ausserhalb der von swissmedic genehmigten Fachinformation (Art. 71a KVV).
  • Nicht in die SL aufgenommen, aber von swissmedic zugelassen (Art. 71b KVV).
  • Von Swissmedic nicht zugelassen, aber aus einem Land mit einem von swissmedic als gleichwertig anerkannten Zulassungssystem importiert und dort für die entsprechende Indikation zugelassen (Art. 71c KVV).

In den letzten Jahren wurden rund 90 Prozent dieser Gesuche bewilligt und ungefähr 10 Prozent abgelehnt, weil die Voraussetzungen für die Kostenübernahme nicht erfüllt waren. Das Volumen beträgt derzeit ca. 50’000 Gesuche pro Jahr. Die stark steigende Zahl der Gesuche im Anwendungsbereich von Art. 71a bis 71d KVV beobachtet curafutura mit Besorgnis und fordert, dass diese als Härtefallregelung vorgesehene Lösung nicht zur unkontrollierbaren Ausweitung und damit Umgehen der Aufnahme auf die Spezialitätenliste führt.

Vorgehen
Die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln im Einzelfall wird durch die Krankenversicherer überprüft. Um eine Vergütung durch die OKP zu erhalten, muss der Leistungserbringer vorrangig ein Kostengutspracheformular beim Krankenversicherer einreichen. Der Krankenversicherer konsultiert daraufhin seinen Vertrauensarzt oder die Vertrauensärztin und überprüft bei vollständigen Gesuchen um Kostengutsprache innert zwei Wochen, ob die zu übernehmenden Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum therapeutischen Nutzen stehen. Die Versicherer stehen dabei als Unternehmen zwischen Kunden (Versicherten und Patienten) den Leistungserbringern und den Pharmaunternehmen.

Ziel und Zweck der Off-Label-Use-Plattform «SmartRating»
Neu können Versicherer zur Beurteilung des Einzelfalls Studienratings beiziehen. Ziel dieser Ratings ist es, eine schweizweit einheitliche, d.h. breit abgestützte wissenschaftliche Studienbeurteilung zu erhalten unter Berücksichtigung von Art. 71a-71d KVV. Krankenversicherer, die sich am Branchenrating beteiligen, verpflichten sich mit Unterzeichnung einer Vereinbarung, den gemeinsamen Zweck aktiv zu unterstützen.

Die Vereinbarung sieht die Unterstützung der Vertrauensärzte der beteiligten Krankenversicherer und eine dazu angemessene Organisation vor, ohne die Vertrauensärzte in ihrer rechtlichen Stellung zu beschränken. Gegenüber den vertrauensärztlichen Diensten i.S. v. Art. 57 des Krankeversicherungsgesetzes (KVG) hat diese Vereinbarung deshalb nur Empfehlungscharakter.

Interessiert an der Plattform «SmartRating»
Das Online-Tool, auf welchem die die Branchenratings erstellt, gespeichert und publiziert werden, heisst SmartRating. Das Tool unterstützt die Vertrauensärzte der beteiligten Versicherer bei der Beurteilung. Die Studien-Ratings dienen dabei als wertvolle Grundlage für die Entscheide im Einzelfall. Im Februar 2024 waren über 200 Studien-Ratings dokumentiert.
Initianten der Plattform sind die curafutura-Versicherer von CSS, Helsana, Sanitas und KPT sowie das santésuisse-Mitglied SWICA. In der Zwischenzeit sind beinahe alle Schweizer Krankenversicherer der entsprechenden Vereinbarung beigetreten (98.5 % im Februar 2024). Mit der Verordnungsrevision im Bereich der Vergütung im Einzelfall per 1. Januar 2024 wurde die SmartRating-Plattform auf Verordnungsebene (Art. 38b Abs. 4 der Krankepflege-Leistungsverordnung, KLV) anerkannt.

Win-Win-Situation für Versicherer und Patienten
Die Plattform enthält keine personenbezogenen Daten, sondern lediglich die publizierten klinischen Studien zu den Wirkstoffen mit der Nutzenbeurteilung und die entsprechende Dokumentation im klinischen Kontext. Der Der Datenschutz ist somit jederzeit gewährleistet. Die von den involvierten vertrauensärztlichen Diensten gewählte Methode sorgt dafür, dass die Beurteilung des klinischen Nutzens eines Wirkstoffs immer im gleichen Kontext steht und auf derselben wissenschaftlichen Basis bewertet wird. Im Anschluss erfolgt eine Publikation der Beurteilung auf der Plattform. Die Bewertung der Studienlage ist damit ausgewogen und objektiv. Die Plattform ist eine Win-Win-Situation – für Versicherte, Ärzte und Versicherer.