Deutliche Prämienerhöhung: Und trotzdem verzichtet der Bundesrat auf ein grosses Kostendämpfungspaket bei den Vertriebsmargen

Bern/ , 22. September 2023

Der Bundesrat hat wenige Tage vor Ankündigung höherer Krankenkassenprämien entschieden, kostendämpfende Massnahmen bei den Margen der Medikamente aufzuschieben. Mit der Revision der Margenordnung bei Medikamenten könnten zusätzlich zu den jetzt vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen sofort weitere 60 Millionen Franken eingespart werden. Hinzu kämen Einsparungen von mehreren hundert Millionen Franken durch die Förderung von Generika. Dieser Verzicht ist für curafutura unverständlich.

curafutura und ihre Mitglieder CSS, Helsana, Sanitas und KPT haben ein grosses Interesse, dass die Prämienzahlerinnen und –zahler wo immer möglich entlastet werden. Schliesslich wollen sie zufriedene Kundinnen und Kunden. Vor einem Jahr hat das eidgenössische Departement des Innern EDI eine von pharmaSuisse, FMH, H+ und curafutura unterstützte Reform bei den Vertriebsmargen der Medikamente für umsetzungsreif befunden. Der Departementsvorsteher und Bundespräsident Alain Berset hat aber heute die Margenrevision dem Bundesrat offenbar nicht zum Beschluss unterbreitet – trotz direkt kostendämpfendem Effekt auf die Prämien.

«Der Beschluss des Bundesrates, nur die Generikapreise zu senken, hat ohne Margenrevision eine kontraproduktive Wirkung: Die Abgabe von Originalpräparaten wird noch gefördert, weil die Margen der Generika gesenkt werden, während diejenigen der Originalpräparate gleich hoch bleiben», sagt Pius Zängerle, Direktor von curafutura. Der Fehlanreiz bleibt bestehen, anstatt dass auch in der Schweiz endlich mehr Generika und Biosimilars eingesetzt werden.

Mehr Generika dank Revision der Margenordnung

Die Revision der Margenordnung bei Medikamenten hätte mit einer Senkung der Vertriebsanteile sofortige Einsparungen in der Höhe von insgesamt 60 Millionen Franken gebracht. Hinzu kämen zusätzliche Einsparungen von mehreren hundert Millionen Franken dank eines breiteren Einsatzes von Generika und Biosimilars als Folge der deutlich verringerten Fehlanreize. Die Revision sah vor, den längst bekannten Fehlanreiz zu reduzieren: Heute verdienen Apotheker und Ärzte in der Schweiz mehr, wenn sie ein teureres Medikament abgeben.

Jetzt kommt es vorläufig zu keiner Margenrevision, weil das EDI dem Gesamtbundesrat nur die anderen Teile der Revision KVV/KLV zu den Medikamenten vorlegte.

Der Teil der Reform zum Off-Label-Use wird kostentreibend wirken

Nach Ansicht von curafutura wird unter dem Schlagwort «mehr Gleichwertigkeit» bei der Beurteilung von Gesuchen für die Einzelfallbeurteilung im Off-Label-Use mit deutlichen Mehrkosten zu rechnen sein. «Angesichts der von allen erwarteten deutlichen Prämiensteigerung auf das kommende Jahr ist das aus Sicht Krankenversicherer ernüchternd», sagt Pius Zängerle, Direktor von curafutura.

Der Dachverband findet den Entscheid des Eidgenössischen Departements des Innern und des Gesamtbundesrates aus folgenden Gründen irritierend: 1) Das Parlament hat 2020 mit einer Motion verlangt, dass die Reform als Gesamtpaket so schnell wie möglich erfolgt. 2) Eine fixfertige Lösung mit breiter Abstützung war auf dem Tisch. Es trägt nicht zur Vertrauensbildung bei, wenn das EDI einen Kompromiss, den es selber in die Diskussion eingebracht hat und der schriftlich gegenüber den Akteuren kommuniziert wurde, in letzter Minute zurückzieht. Der vertagte Entscheid erfolgt auf Kosten der Prämienzahlerinnen und -zahler. 3) Bundesrat Alain Berset argumentiert gegenüber den Akteuren, dass ein erweiterter Runder Tisch in wenigen Tagen zum Erfolg führen soll. Es wäre aussergewöhnlich, wenn dies gelingt.
curafutura zählt nun darauf, dass der Bundespräsident und der Bundesrat die Revision der Margenordnung mit hoher Priorität zu Ende führen, um den Auftrag des Parlaments und die abgegebenen Versprechen zu erfüllen.

curafutura wird sich weiterhin konstruktiv für mehr Generika und Biosimilars in der Schweiz einsetzen und ist unermüdlich daran, sich für geschickte, tragfähige und kostendämpfende Reformen zu engagieren. Dazu gehören nebst der Medikamentenreform auch die einheitliche Finanzierung EFAS und ein neuer Arzttarif TARDOC, wenn möglich mit Pauschalen.