Einsatz von Generika: Licht am Ende des Tunnels

Bern/ , 27. Oktober 2022
Margen: Wo sollte die Grenze gezogen werden?

Gute Ideen setzen sich am Ende immer durch. Wir haben gerade einen Etappensieg gefeiert, der dazu beitragen wird, die Verwendung von Generika zu erhöhen. Das System der Vertriebsmargen soll demnächst revidiert werden; es stellt derzeit das grösste Hindernis für eine häufigere Abgabe von Generika dar.

Die Revision ist sicherlich eine gute Nachricht. Aber: War das ein langer Weg! Werden einige sagen. Und sie haben recht. Um sich davon zu überzeugen, genügt es, in die Archive der Schweizer Medien einzutauchen. Dort stösst man auf Formulierungen, die heute noch hochaktuell sind. So fragte L’Hebdo am 19. Februar 1998: «Warum kommen Generika in der Schweiz so langsam voran?». Und l’Illustré vom 3. Juni 1998 gab seinerseit den Versicherten folgenden Ratschlag: „Generika kosten mindestens 25% weniger als die Originale. Fragen Sie Ihren Arzt und Apotheker reflexartig danach.“

Ein Vierteljahrhundert später ist der Anteil der Generika immer noch äusserst bescheiden: Zwischen einem Viertel und einem Drittel, je nachdem, welchen Indikator man wählt. Der Grund für dieses Fiasko ist einfach und kann aus dem oben zitierten Auszug der l’Illustré abgeleitet werden. In der Tat stösst die Information der Patienten in diesem Bereich schnell an ihre Grenzen. Der eigentliche Hebel, um an der Situation etwas zu ändern, sind jene Fachleute, die die Medikamente abgeben, also Apotheker und Ärzte. Diese haben jedoch einen direkten finanziellen Anreiz, das Gegenteil von dem zu tun, was für die Finanzen des Gesundheitssystems wünschenswert wäre. Sie erhalten deutlich höhere Margen auf Originalmedikamenten als auf Generika und Biosimilars und haben daher ein Interesse daran, weiterhin die teuersten Medikamente zu verschreiben und zu verkaufen.

Weg mit den Fehlanreizen
Die Lösung liegt daher auf der Hand: Die Fehlanreize, die durch die Vertriebsmargen entstehen, müssen beseitigt werden. Genau diesen Ansatz verfolgt seit langem das Parlament. Eine Motion von Ständerätin Verena Diener forderte 2009 «für den Vertrieb von Arzneimitteln eine preisunabhängige Marge». Die Motion wurde noch im selben Jahr vom Parlement angenommen, und das hätte das Ende der Geschichte sein können, mit einem schnellen Anstieg des Anteils der Generika und Biosimilars – befreit von ihren Fesseln. Doch leider wurde die Motion, die den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, nicht umgesetzt.

Woran lag das? Schwierig zu beantworten. Tatsache ist, dass das Margensystem in den Zuständigkeitsbereich des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) fällt und nur dieses die Kompetenz hat, die Margen zu revidieren (vgl. Art. 38, KLV). Der Umkehrschluss: Das EDI hatte seit 2009 andere Prioritäten…

Dass wir heute Licht am Ende des Tunnels sehen, ist dem Umstand zu verdanken, dass mehrere Akteure des Gesundheitssystems in einem konstruktiven Geist zusammengearbeitet haben. So haben curafutura, pharmaSuisse, die FMH und H+ eine gemeinsame Lösung erarbeitet, und dies – eine erwähnenswerte Leistung – in gutem Einvernehmen mit dem EDI.

Anpassung der Marge
Ein zentrales Element der Lösung ist, dass die Vertriebsmargen insgesamt nach unten angepasst und weniger progressiv gestaltet werden. Der variable Teil der Vertriebsmarge soll künftig 6% des Fabrikabgabepreises des Medikaments betragen, statt wie bisher maximal 12%, und Margensprünge werden eliminiert. Der Unterschied zwischen der Marge auf ein teureres Originalpräparat und der Marge auf ein günstigeres Generikum wird sich also stark verringern. Und mit dem Rückgang dieser Differenz zwischen den Margen wird auch die Präferenz für die Originale sinken.

Dieser Kompromiss wird zu sofortigen Einsparungen von 60 Millionen führen, die der Senkung des Gesamtbudgets für die Vertriebsmargen bei Arzneimitteln entsprechen. Weitere Einsparungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Franken werden durch die Erhöhung des Generikaanteils hinzukommen.

curafutura ist jedoch der Ansicht, dass dies nur ein erster Schritt hin zu noch wirklich anreizneutralen Margen ist. Im Idealfall sollte der variable Anteil auf 3% gesenkt werden. In nächster Zeit werden wir aber zuerst die Umsetzung des ersten Kompromisses genau verfolgen. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben und, wie die Vergangenheit gezeigt hat, ist es manchmal noch ein weiter Weg von der Zustimmung zu einer Lösung auf dem Papier bis zu ihrer tatsächlichen Einführung.