Fokus: Der Qualitätsartikel (Art. 58 ff. KVG) und die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen

Bern/ , 5. Februar 2021

DARUM GEHT ES

Die Qualität medizinischer, pflegerischer und therapeutischer Leistungen ist von zentraler Bedeutung für den Behandlungserfolg und die Sicherheit der Patienten und Patientinnen. Qualität hat auch einen Einfluss auf die Kosten der Gesundheitsversorgung. Bisher war die Umsetzung der Qualitätssicherung über die Tarifstrukturverträge und die dazugehörigen Qualitätsvereinbarungen geregelt. Nur die wenigsten dieser Vereinbarungen führten jedoch zu konkreten Massnahmen zur Qualitätssicherung und – entwicklung. Nach einem längeren politischen Prozess wurde in der Sommersession 2019 die vollständige Revision von Art. 58 ff. KVG mit der «Teilrevision des KVG und der KVV zur Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» beschlossen.

Neuerungen unter Art. 58 ff. KVG

Mit Inkraftsetzung des revidierten Art. 58 ff. KVG (voraussichtlich am 1. April 2021) wird ein neuer gesetzlicher Rahmen für die Koordination und die systematische Weiterentwicklung der Qualitätsaktivitäten in allen OKP-relevanten Leistungsbereichen des Gesundheitswesens geschaffen. Nebst Tarifstrukturverträgen schliessen die Verbände der Leistungserbringer und der Versicherer neu gesamtschweizerisch geltende, nationale Qualitätsverträge ab (Art. 58a Abs. 1). Darin zu regeln sind unter anderem: Qualitätsmessungen, Massnahmen zur Qualitätsentwicklung, Überprüfung der Einhaltung von Verbesserungsmassnahmen, Veröffentlichung der Qualitätsmessungen und Verbesserungsmassnahmen sowie Sanktionen bei Vertragsverletzungen (Art. 58a Abs. 2). Nicht geregelt in Art. 58 ff. KVG ist die Finanzierung der Umsetzung der Qualitätsverträge. Weiter setzt der Bundesrat zur Erreichung seiner Ziele eine eidgenössische Qualitätskommission ein. Darin vertreten sind Kantone, Leistungserbringer, Versicherer und Patientenorgansationen.

Eidgenössische Qualitätskommission

Die eidg. Qualitätskommission hat unter anderem die Aufgabe, den Bundesrat bei der Festlegung von Zielen zur Qualitätsentwicklung zu beraten. Weiter beauftragt sie Dritte, neue Qualitätsindikatoren zu entwickeln, Empfehlungen zu deren Verwendung abzugeben, systematische Studien und Überprüfungen sowie nationale Programme zur Qualitätsentwicklung duchzuführen. Die Kommission wird ihre Tätigkeit voraussichtlich per 1. April 2021 aufnehmen. Der Bundesrat hat für die eidg. Qualitätskommission für die Jahre 2021 bis 2024 einen Gesamtbetrag von CHF 43.55 Mio gesprochen. Finanziert werden diese Kosten zu je einem Drittel von Bund, Kantonen und Versicherern.

DIE HALTUNG VON CURAFUTURA

curafutura befürwortet die Stärkung der Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen und setzt sich dafür ein, dass in Qualitätsverträgen Anreize für eine Steigerung der Indikations- und Outcomequalität geschaffen werden. Die Struktur- und Prozessqualität ist bereits bei der Zulassung durch die Kantone zu prüfen und daher nicht Sache der Krankenversicherer. Es ist wichtig, in Qualitätsverträgen konkrete Massnahmen vorzusehen, welche neben einer Stärkung der Indikations- und Outcomequalität auch zu Transparenz bezüglich Qualität beitragen. Die vereinbarten Massnahmen sollten für alle Beteiligten ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Finanzierung der Umsetzung von Qualitätsentwicklungsmassnahmen Sache der Leistungserbringer ist.

DIE GRÜNDE AUF EINEN BLICK

(1) Kosteneinsparung durch verbesserte Indikations-und Outcomequalität

In der Vermeidung von unnötigen oder fehlindizierten Therapien und Behandlungen sowie der Verbesserung des Outcome von Patienten liegt ein erhebliches Kosteneinsparungspotential. Deshalb soll der zentrale Fokus bezüglich Qualitätsmessungen in Qualitätsverträgen auf der Indiaktions- und Outcomequalität liegen. Werden aussagekräftige Indikatoren definiert, entsteht für Leistungserbringer ein Anreiz, unnötige Behandlungen und Therapien zu vermeiden. So können ein bestmögliches Outcome für Patienten erreicht und Kosten im Gesundheitswesen gespart werden. Ein Beispiel für einen Indikator der Indikationsqualität ist die Implementierung von smarter-medicine Listen oder klinischen Guidelines. Geeignete Qualitätsindikatoren fehlen jedoch häufig. Daher müssen die Tarifpartner oder die eidgenössische Qualitätskommission die Indikatoren entwickeln oder an Dritte zur Entwicklung in Auftrag geben, bevor sie in Qualitätsverträge aufgenommen werden können.

(2) Vorhandene Finanzierungsquellen zur kosteneffizienten Umsetzung der Qualitätsverträge nutzen

Grundsätzlich sind die Aufwände, die für den Vertragsabschluss und dessen Weiterentwicklung entstehen, durch die jeweiligen Vertragspartner (Verbände) zu tragen. Der Aufwand für die Sicherstellung der notwendigen Qualität (WZW) ist bereits in den Tarifstrukturverträgen eingerechnet und somit durch die Leistungserbringer zu tragen. curafutura ist der Ansicht, dass mit den finanziellen Mitteln, welche der eidg. Qualitätskommission zur Verfügung stehen, die Aufwände zum Nutzen der Qualitätsverträge finanziert werden. Also beispielsweise für die Entwicklung von neuen Qualitätsindikatoren sowie für die Weiterentwicklung bestehender Indikatoren. Auch konkrete Projekte wie beispielsweise Pilotierungsprojekte oder Projekte zur technischen Umsetzung (IT) von Qualitätsmessungen, die für die Umsetzung von Qualitätsverträgen realisiert werden, sollen primär über diese Mittel finanziert werden.