Kostenbeteiligung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung

Bern/ , 20. Dezember 2019

Darum geht es

Wer eine Leistung ohne finanzielle Beteiligung beziehen darf, wird dies eher tun, als wenn sie oder er einen finanziellen Beitrag selber trägt. Die Versicherungsökonomie hat einen Namen für dieses Verhalten: Moral Hazard (auf deutsch: Moralisches Risiko).

Um diesem Verhalten entgegenzuwirken, kennt jede Versicherung das Instrument der Kostenbeteiligung. In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) existieren verschiedene Formen von Kostenbeteiligungen: Die ersten medizinischen Behandlungskosten eines Kalenderjahrs müssen bis zu einem bestimmten Frankenbetrag selber bezahlt werden (Franchise). Ab diesem Frankenbetrag erfolgt eine anteilsmässige Kostenbeteiligung durch die versicherte Person (Selbstbehalt von 10% und Beitrag während eines Spitalaufenthalts).

Die Höhe der Franchise kann vor Versicherungsbeginn von der versicherten Person gewählt werden. Erwachsene Versicherte können zwischen der Mindestfranchise von jährlich 300 Franken sowie weiteren, sogenannten Wahlfranchisen von 500 bis 2’500 Franken wählen (jeweils in 500er-Schritten). Die Versicherungsprämie hängt dabei von der Höhe der Franchise ab: Je höher die Franchise, desto tiefer die Prämie. Der Selbstbehalt von 10% beläuft sich auf höchstens 700 Franken pro Jahr, der Beitrag an die Kosten eines Spitalaufenthalts auf 15 Franken pro Tag. Die genauen Frankenbeträge sowie weitere Einzelheiten zu den Kostenbeteiligungen werden vom Bundesrat in der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) festgelegt.

Die Position von curafutura

curafutura unterstützt das heutige System der Kostenbeteiligungen. Dieses hat sich bewährt und führt nachweislich zu einem höheren Kostenbewusstsein und tieferen Gesundheitskosten. Eine Reduktion der Franchisen lehnt curafutura entschieden ab. Die Franchisen müssen zudem der Kostenentwicklung der OKP folgen und periodisch angepasst werden.

Begründung

(1) Einsparungen in Milliardenhöhe

Verschiedene nationale und internationale Studien bestätigen den Spareffekt der Kostenbeteilgungen. Gemäss einer dieser Studien werden in der Schweiz von Versicherten mit hohen Franchisen jährlich 1,1 Milliarden Franken eingespart.[1] Die Aufhebung der Wahlfranchisen würde die Prämien auf einen Schlag um 5% erhöhen. Das moralische Risiko ist nicht nur ein theoretisches Konzept, sondern zeigt eine klare Evidenz. Das durch Kostenbeteiligungen hervorgerufene Kostenbewusstsein in der OKP ist deutlich.

(2) Solidarität hin und zurück

Die Solidarität des Kollektivs gegenüber dem Individuum ist eine zentrales Element der sozialen Krankenversicherung. Eine vollständige Solidarität ohne jegliche Kostenbeteiligung führt aber zu höheren Gesundheitskosten und höheren Prämien (s. oben). Deshalb ist eine direkte Beteiligung an die eigenen Gesundheitskosten wichtig. Das Individuum übernimmt dadurch mehr Veranwortung und verhält sich kostenbewusster. Die Solidarität in der sozialen Krankenversicherung muss auf Gegenseitigkeit beruhen: Vom Kollektiv hin zum Individuum und ebenso vom Individuum hin zum Kollektiv.

(3) Franchisen müssen der Kostenentwicklung folgen

Seit 2004 wurden die aktuellen Franchisen nicht mehr angepasst. Während dieser Zeit sind die von den Krankenversicherern übernommenen Kosten stärker gestiegen als die Kostenbeteiligungen der versicherten Personen. Der durch das Individuum beeinflussbare Kostenanteil ist dadurch gesunken, die damit gekoppelte kostendämpfende Wirkung auf die Gesamtkosten auch. Eine Erhöhung der Franchisen ist deshalb angezeigt. Inskünftig müssen diese periodisch überprüft und an die allgemeine Kostenentwicklung angepasst werden.

[1] Schmid Christian & Konstantin Beck (2015). Wirken hohe Franchisen kostendämpfend? Schweizerische Ärztezeitung, 96(35): 1238-1239.