Mengenrabatte für Boomer-Medikamente: Ein Erfolg für Patienten und Prämienzahlende
10. Dezember 2024Abnehmspritzen boomen in der Schweiz. Die Pharmafirmen sollen in Zukunft auf solche und andere umsatzstarke Blockbuster-Medikamente automatisch Preisrabatte geben, sobald diese einen bestimmten Umsatz erreichen. Dies hat nun auch der Nationalrat in der Wintersession 2024 beschlossen. curafutura hat diesen Erfolg für die Patientinnen und Patienten, die Prämienzahlenden und das Gesundheitswesen von Anfang an tatkräftig unterstützt. Das nun entschiedene Preissystem ermöglicht Patienten und Patientinnen auch vom ersten Tag an den Zugang zu neuen, hoffnungsvollen Therapien. Gleichzeitig bringt es Einsparungen von jährlich 300 bis 400 Millionen Franken.
Mit dem Entscheid setzt das Parlament im Rahmen des zweiten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen endlich die Motion Dittli um, die es bereits vor Jahren an den Bundesrat überwiesen hatte. Die Motion forderte u.a. Massnahmen zur Kostendämpfung bei Medikamenten, die sehr hohe Kosten verursachen.
Stark steigende Preisforderungen der Pharmafirmen
Diese sind überfällig: Die Pharmafirmen verlangen für neue Medikamente immer höhere Preise. Dabei handelt es sich insbesondere um Therapien gegen Krebs, Immunsuppressiva oder eben Antidiabetika wie die Abnehmspritzen, die auch gegen Übergewicht zum Einsatz kommen.
Als Ursachen für den Kostenanstieg im Gesundheitswesen nennt das BAG neben der Alterung der Bevölkerung sowie dem kombinierten und längeren Einsatz der Medikamente denn auch «stark steigende Preisforderungen». So haben sich die Kosten pro versicherte Person für Krebsmedikamente seit 2014 mehr als verdoppelt.
Mehr als 1 Milliarde Kostenanstieg nur für Blockbuster-Medikamente
Die Ausgaben der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) für Medikamente stiegen in den letzten acht Jahren um über 40 Prozent. Die Schweiz bezahlt für Arzneimittel so viel wie kein anderes Land in Europa: Pro Jahr und Person sind es inzwischen rund 1000 Franken. Die Kosten für Medikamente machen inzwischen den drittgrössten Kostenblock in der OKP aus.
Dabei tragen neben neuen und hochpreisigen Medikamenten vor allem die umsatzstärksten Medikamente zum Kostenwachstum bei: Innert weniger als zehn Jahren haben die Kosten der 30 umsatzstärksten Arzneimittel um mehr als eine Milliarde Franken bzw. um 70 Prozent zugenommen. Gerade bei solchen hochpreisigen Medikamenten mit Erfolgspotenzial und grosser Nachfrage fehlte bisher ein Mechanismus, um deren Folgekosten für das Gesundheitswesen nachhaltig einzudämmen.
Studie belegt: Automatische Rabatte sind die beste Lösung
Bereits im Jahr 2020 hatte curafutura bei pharmalevers eine Studie zu den Kostenfolgen bei Medikamenten in Auftrag gegeben. Die zentralen Fragen lauteten: Wie erhalten einerseits Patientinnen und Patienten rasch Zugang zu erfolgversprechenden, neuen Therapien – auch dann, wenn die Datenlage noch keine vollständige medizinische und ökonomische Bewertung erlaubt? Wie können andererseits die massiven Folgekosten für das gesamte Gesundheitswesen nachhaltig gedämpft werden, wenn diese Medikamente dann wirklich sehr erfolgreich zum Einsatz kommen und stark nachgefragt werden? Die Berechnungen der Studie zeigten: Automatische Rabatte auf boomende Medikamente ab einer bestimmten Umsatzschwelle sind die überzeugendste Lösung.
Längst überwiesene Motion fordert Preisrabatte bei hohem Umsatz
Noch im selben Jahr überwiesen beide Räte des Parlaments die 2019 eingereichte Motion von Ständerat Josef Dittli zur Umsetzung an den Bundesrat. Diese zeigte auf, dass die gesetzlichen Grundlagen fehlen, um solche Gesamtkostenfolgen von Medikamenten auf das Gesundheitssystem mit einzubeziehen. Die Motion forderte deshalb, dass in der Grundversicherung künftig der erzielte Umsatz eines Medikaments bereits bei der Zulassung und Preisfestlegung berücksichtigt werden muss, also dann, wenn das Bundesamt für Gesundheit dessen Preis mit der Pharmaindustrie aushandelt und festsetzt. Denn wenn ein Medikament schliesslich boomt, erzielt es Mengen- und Umsatzeffekte, welche die Forschungs- und Entwicklungskosten mehr als decken und die Produktionskosten pro Packung senken. Ergo müssten dann auch die Preise gesenkt werden können, um die Prämienzahlenden nicht über Gebühr zu belasten.
Ständerat bringt Medikamentenkosten endlich auf den Tisch
Im April 2024 schliesslich erkannte die Gesundheitskommission des Ständerates den dringlichen Handlungsbedarf. Sie sprach sich dafür aus, eine Lösung zur Dämpfung der Kostenfolgen von Medikamenten ins offene Massnahmenpaket 2 zu integrieren – und damit eine wesentliche Forderung der Motion Dittli umzusetzen.
Der Mechanismus ist so einfach wie bestechend: Bei Medikamenten, die einen hohen Nutzen versprechen und nach denen die Nachfrage gross ist, werden automatisch Preisrabatte ausgelöst, sobald sie eine Umsatzschwelle von z.B. 20 Millionen Franken überschreiten.
Lösung setzt sich gegen Widerstand durch
Der Ständerat folgte seiner Kommission und hiess die Mengenrabatte als kostendämpfende Massnahme bei den Medikamenten in der Sommersession 2024 mit grosser Mehrheit (39:4) gut. Zur Klärung der nun aufgeworfenen kritischen Fragen beauftragte die Schwesterkommission des Nationalrates die Verwaltung mit diversen Prüfaufträgen und verschob die Entscheidung, um die Berichte abzuwarten. Schliesslich nahm auch sie das Rabattsystem – mit Anpassungen (z.B. zweijähriger Übergangsfrist) – ebenfalls ins Massnahmenpaket auf.
Rascher Therapiezugang und nachhaltige Kostendämpfung
In der Wintersession 2024 ist nun der Nationalrat seiner Kommission gefolgt und hat dieser wichtigen Massnahme zur nachhaltigen Dämpfung der Gesundheitskosten im Bereich der Medikamente zum Durchbruch verholfen. Nun steht der endgültigen Verabschiedung in der weiteren Beratung beider Räte nichts Substanzielles mehr im Wege. curafutura freut sich sehr über diese Reform des Preissystems, die der Verband über Jahre hinweg beharrlich begleitet und unterstützt hat. Denn das Rabattsystem bringt dem Schweizer Gesundheitssystem zwei wesentliche Fortschritte: Zum einen erhalten Patientinnen und Patienten vom ersten Tag an Zugang zu innovativen und hoffnungsvollen Medikamenten. Und zum anderen: Mit den Preisrabatten können pro Jahr 300 bis 400 Millionen Franken an Einsparungen realisiert werden – ein wesentliches Puzzleteil, um das Kostenwachstum bei den Medikamenten nachhaltig zu stabilisieren.