Neue hochpreisige Medikamente treiben Ausgabenwachstum an – nur 20 Medikamente sind für einen Fünftel der Kosten verantwortlich

Bern/ , 16. November 2022

Preismodelle dämpfen die Kosten nicht, im Gegenteil

7 der 20 ausgabenstärksten Medikamente in der Schweiz basieren auf einem intransparenten Preismodell. Das heisst, wir kennen nur den publizierten Schaufensterpreis. Und dies in einem Bereich, der wegen der Zunahme hochpreisiger Medikamente die Kosten stark nach oben treibt. Eine neue Analyse von curafutura zeigt, dass die 20 ausgabenstärkten Medikamente in der OKP einen Fünftel der Medikamentenkosten von 8 Milliarden Franken ausmachen: Sie generierten innerhalb eines Jahres einen Umsatz von 1.7 Mia. Franken. Angesichts dieser Entwicklung scheint es bedenklich, die Preismodelle weiter auszubauen, wie der Bundesrat vorschlägt. Stattdessen hat curafutura eine wirksame Lösung bereit und fordert die rasche Einführung eines Budget-Impact Modelles.

Die Medikamentenkosten in der Schweiz sind unter Beobachtung: Die Ausgaben liegen mittlerweile bei 8 Milliarden pro Jahr. Die Kosten werden insbesondere von neuen, sehr teuren Medikamenten nach oben getrieben. Dies zeigt eine neue Analyse, die im Rahmen des Jahresmediengespräches von curafutura vorgestellt wurde. Die zwanzig ausgabenstärksten Medikamente der Spezialitätenliste (SL) des Bundes generierten von Oktober 2021 bis September 2022 zusammen rund 1.7 Milliarden Franken Umsatz. Das entspricht einem Fünftel der OKP-Medikamentenausgaben, Tendenz steigend. Denn diese 20 Medikamente wachsen mit +13% viel stärker als die restlichen Medikamente der SL-Liste (+5%), die von den Krankenversicherern vergütet werden.

Sieben Produkte mit Preismodell

Unter den Top 20-Medikamenten sind sieben Produkte mit einem hinterlegten Preismodell – darunter Trikafta. Der Umsatz dieses Medikamentes gegen die seltene Krankheit cystische Fybrose hat sich innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht (+215 Prozent) – von 23 Millionen auf 73 Millionen Franken. Aktuell kostet eine Behandlung in der Schweiz rund 253’000 Franken pro Patient und pro Jahr. Bei den anderen sechs Medikamenten mit Preismodell handelt es sich um Keytruda (Lungenkarzinom, Melanom), Darzalex (Knochenmarkkrebs), Ocrevus (Multiple Sklerose), Opdivo (diverse Krebserkrankungen), Xtandi (Prostatakarzinom) und Vyndaqel (Psoriasis) (siehe Top 20-Liste mit Farbe markiert).

Vertrauliche Preismodelle sind derzeit in der Schweiz ein grosses Thema. Verschiedene Akteure im Gesundheitswesen erwarten Transparenz, um die Preispolitik besser beurteilen zu können – so auch curafutura. «Nur wenn die Krankenversicherer wissen, welcher Preis zwischen dem BAG und der Pharmafirma verhandelt wurde, können sie entsprechend Einfluss nehmen, Rückschlüsse ziehen und die Interessen der Versicherten wahrnehmen», sagt Direktor Pius Zängerle. Und Roman Sonderegger, CEO des curafutura-Mitglieds Helsana, sagt: «Vertrauliche Medikamentenpreise wirken nicht kostendämpfend, im Gegenteil: Sie verursachen Mehrkosten.» Der Verband mit den Mitgliedern CSS, Helsana, Sanitas und KPT kritisiert darum das Ansinnen des Bundesrates, der mit dem zweiten Massnahmenpaket vermehrt Preismodelle einsetzen will und das Öffentlichkeitsprinzip weiter aushebeln möchte. Der Verband lehnt diese Absicht dezidiert ab.

Statt Blackbox-Preismodelle: Budget Impact-Modelle bringen konkrete Einsparungen

Statt die Intransparenz noch mehr auszubauen, gäbe es schon eine konkrete Lösung, um die Medikamentenkosten zu dämpfen. Das Budget-Impact Modell wurde 2020 vom Parlament angenommen. Die überwiesene Motion Dittli 19.3703 sieht vor, dass beim Überschreiten eines Schwellenwertes von 20 Millionen Franken Umsatz der Preis eines Medikamentes reduziert werden muss.

curafutura hat das Kostendämpfungspotenzial errechnet, das mit dem Top-1 Medikament Eylea eingespart werden könnte, wäre hier das Budget Impact-Modell schon ab 2014 bis 2021 zur Anwendung gekommen. Das Modell sieht vor, dass der Umsatzzuwachs aufgeteilt wird: Die Hälfte bleibt bei der Pharmafirma, die andere Hälfte kommt den Prämienzahlenden zugute, indem der Preis des Medikamentes reduziert wird. Das Fazit: Nur für das Medikament Eylea wären insgesamt Einsparungen von 174 Millionen Franken über die realisiert worden. Umso unverständlicher, dass der Vorstoss bis heute noch nicht umgesetzt worden ist.