Spital-Forderungen führen zu zusätzlichem Gezerre um Kosten
26. Mai 2023Die Teuerung ist in den Spitälern angekommen. Die Forderungen nach 5 Prozent höheren Tarifen ist für unsere Versicherten aber nicht tragbar. Denn höhere Tarife schlagen eins zu eins bei den Prämien durch. Diese sind 2023 bereits deutlich gestiegen und dürften wegen sich abzeichnender Mengen- und Preisentwicklungen weiter steigen. Es gibt zwei Wege aus der Misere.
Der Ruf nach einem Teuerungszuschlag bei den Spitälern wird lauter. Es brauche kostendeckende Tarife, warnten vergangene Woche die Unispitäler an einer Medienkonferenz. Sonst drohe der finanzielle Kollaps. Es sei paradox. Es liessen sich viele Patientinnen und Patienten behandeln. Allerdings würden die Tarife die Kosten bei weitem nicht mehr decken.
Die Debatte über kostendeckendere Tarife ist nicht neu, wie ein Blick ins Medienarchiv zeigt:
Bereits am 20. Mai 2014 sagte Werner Kübler, Direktor des Universitätsspitals Basel, gegenüber Radio SRF: Die Spitäler könnten die Kosten im ambulanten Bereich nicht decken. Am 30. November 2015 wiederholte das Unispital Basel die Botschaft gegenüber der Basellandschaftlichen Zeitung und meinte, das Universitätskinderspital erreiche einen Deckungsgrad von gerade einmal 74 Prozent. Mit der Förderung von ambulanten gegenüber stationären Behandlungen verschärfe sich die Situation zusätzlich. Das Problem sei, dass der ambulante Arzttarif TARMED schon lange nicht mehr angepasst worden sei.
Gleiche Inhalte, lautere Tonalität, neue Komplexität
Nun also ist es wieder soweit: Finanzielle Forderungen liegen auf dem Tisch. Wenn man die Begehrlichkeiten von heute mit jenen von damals vergleicht, so könnte man wie folgt zusammenfassen: Gleiche Inhalte, lautere Tonalität, und mit der Teuerung eine zusätzliche Komplexität.
Für curafutura ist klar: Der Forderung nach einem generellen Teuerungszuschlag von 5 Prozent können die Krankenversicherer nicht nachkommen. «Eine flächendeckende Preiserhöhung würde 1:1 zu einer entsprechenden Prämienerhöhung führen. Dies wäre für die Prämienzahler nicht tragbar», sagt Pius Zängerle, Direktor von curafutura.
Darüber hinaus kommt das Begehren zur Unzeit. Bereits 2023 mussten die Prämien angehoben werden und wegen sich abzeichnender Mengen- und Preisentwicklungen und der vom Bund mitverursachten Reservenknappheit dürften diese weiter steigen.
Prämien: Erste Tendenz
Noch ist es zu früh, einen erneuten Prämienschub auszurufen. Es zeichnen sich allerdings erste Tendenzen ab. Das Wachstum in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP des ersten Quartals des aktuellen Jahres gegenüber dem Wachstum des ersten Quartals des Vorjahres beträgt gemäss provisorischen Zahlen 6.9%. Das ist ein Hinweis. Aussagekräftiger ist allerdings ein Blick auf das Wachstum der vier letzten Quartale Q2 2022 bis Q1 2023 im Vergleich zu den vier vorangehenden Quartalen Q2 2021 bis Q1 2022. Dieses beträgt 3.4 Prozent (siehe Grafik unten). Somit ist curafutura vorsichtig mit allzu schwarzmalerischen Prognosen. Und dennoch: Es gilt, wachsam zu sein.
Absehbar ist: Die Forderung nach einem Teuerungszuschlag wird zu Tarifkündigungen durch sehr viele Spitäler führen. Und in der Folge häufen sich die tariflosen Zuständen und Festsetzungen durch die Kantone, weil man sich nicht einigen kann. «Man kann bereits jetzt davon ausgehen, dass die Kantone eher nachgeben werden, womit die Preise steigen und die Kosten beschleunigt nach oben gehen. Die Zeche bezahlen müssen dann – einmal mehr – die Prämien- und Steuerzahler», so Zängerle. Und dies trotz der ohnhin angespannten Situation.
«Man kann bereits jetzt davon ausgehen, dass die Kantone eher nachgeben werden, womit die Preise steigen und die Kosten beschleunigt nach oben gehen.»
PIUS ZÄNGERLE, DIREKTOR
Es gibt Lösungen – und curafutura bietet Hand
Der Weg aus der Misere führt nach Meinung von curafutura über zwei Wege.
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Erstens: Die Spitäler sind endlich zu einer restriktiven Ausgabenpolitik angehalten und aufgefordert, schlanker zu wirtschaften. Bei Tarifverhandlungen orientiert man sich weiterhin an den Stärksten. Gleichzeitig gilt es strategisch geschickt nur da in Neubauprojekte zu investieren, wo diese auch medizinisch und ökonomisch ausgelastet sind und sich in überkantonalen Spitalregionen zu organisieren. Gegenteilige Beispiele gibt es in der Schweiz genug: Das aktuell bekannteste Beispiel ist im Kanton Aargau, wo das Spital Aarau, das zu grosszügig baut, massiv Geld erhält, während das andere in Baden, effizient und ohne Finanzspritze arbeitet. Das ist ein schlechtes Signal.
- Zweitens: Die Politik ist gefordert, die grossen Reformprojekte nach Jahren der Debatte endlich an den Start zu bringen. Besonders irritierend ist die Situation beim ambulanten Arzttarif TARMED, der 2024 durch den TARDOC abgelöst werden könnte, da er seit Februar 2023 final bereitsteht. Jetzt wird es frühstens 1. Januar 2025, bis er an den Start geht. Hier fühlt sich curafutura sehr direkt angesprochen.
curafutura wartet
Denn der Bundesrat hat den TARDOC in seinem Schreiben vom Juni 2022 als genehmigungsfähig eingestuft, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Eine enger gefasste Kostenneutralität von 2 % bis 2.5 % sowie Konzepte, die zeigen, welche Verbesserungsprojekte nach der Inkraftsetzung in welchem Zeitrahmen umgesetzt werden. Dass wir nicht weiter sind, ist – Stand heute – den noch nicht finalen Pauschalen geschuldet. curafutura hat sich vertraglich verpflichtet, im Sinne eines gemeinsamen Vorgehens auf diese zu warten, unter der Voraussetzung, dass diese Ende Juni 2023, also in wenigen Wochen in Form eines vollständigen Tarifgesuchs bereit sind für die Einreichung beim Bundesrat. (Vergleiche dazu den Artikel zum TARDOC und zur Kostenneutralität).
Nun wissen wir alle: Jammern bringt wenig. Unsere Botschaft ist darum klar. Alle drei von langer Hand vorbereiteten und längst überfälligen Reformen müssen jetzt ins Trockene gebracht werden. Das sind erstens die einheitliche Finanzierung EFAS, bei den Tarifen zweitens die Revision des Arzttarifs (TARDOC und ev. ambulante Pauschalen). Und drittens ist es die Margenrevision, damit der Apotheker und der Arzt am Originalmedikament nicht deutlich mehr Marge verdient als am Generikum.
Andernfalls müssen sich alle Akteure des Gesundheitssystems – Leistungserbringer, Kostenträger sowie Bund und Kantone – berechtigt den Vorwurf gefallen lassen, nicht alles Erreichbare getan zu haben, was in ihren Möglichkeiten lag, um die aktuelle Situation zu verbessern.