Ambulant vor stationär AVOS
In der Schweiz werden mehr Eingriffe stationär durchgeführt als im Ausland, obwohl die ambulante Durchführung aus medizinischer Sicht oft angezeigt wäre und dadurch weniger Ressourcen beansprucht würden. Zur Förderung der ambulanten Leistungserbringung hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) daher eine Anpassung der Krankenpflege-Leistungsverordnung (Art. 3c und Anhang 1a KLV) beschlossen.
Seit dem 1. Januar 2023 gilt schweizweit eine Liste mit 18 Gruppen von Eingriffen (Ziffer I Anhang 1a KLV), die grundsätzlich nur noch bei ambulanter Durchführung von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet werden, ausser es liegen besondere Umstände vor, die eine stationäre Durchführung erfordern. Die AVOS-Regelung des Bundes ist schweizweit gültig und für alle OKP-Versicherten verbindlich. Die Kantone können gemäss dem geltenden Recht weitergehende Regelungen führen. Über den aktuellen Stand der kantonalen Regelungen informiert die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) auf ihrer Webseite. Aufgrund der Erweiterung der KLV-Regelung per 1. Januar 2023 auf 18 Eingriffsgruppen kann man davon ausgehen, dass Kantone inskünftig auf weitergehende Bestimmungen verzichten werden.
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (OBSAN) führt periodisch ein Monitoring über die Entwicklung (Kosten / Fallzahlen) der gelisteten Eingriffe durch.
curafutura hat über den Zeitraum 2015 bis 2019 eine Auswertung der Auswirkungen solcher Listen vorgenommen und in einem Monitoringbericht publiziert. Das Fazit: Dort, wo es medizinisch sinnvoll, technisch machbar und auch günstiger ist, sollen Eingriffe ambulant durchgeführt werden. Allerdings führen Fehlanreize wie die unterschiedlichen Finanzierungssysteme im ambulanten und stationären Bereich und die veralteten Tarife im ambulanten Bereich (TARMED) zur eher schleppend voranschreitenden Verlagerung. Aus langfristiger Perspektive stellen die ambulanten Listen daher lediglich eine Symptombekämpfung dar. Mit der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) sowie mit der Einführung einer zeitgemässen Tarifstruktur (TARDOC) im ambulanten Bereich können die Probleme an der Wurzeln gepackt und die richtigen Anreize gesetzt werden, so dass auch die Ambulantisierung weiter vorangetrieben wird.