Revision der Vertriebsmargen für Medikamente. Ein Erfolg, der die Deblockierung der Reformen des Gesundheitssystems einleitet?

19. Dezember 2023

Was lange währt, wird endlich gut! Es ist offiziell: Die Revision der Vertriebsmargen für Medikamente wurde endlich vom Bundesrat verabschiedet. Sie wird den Einsatz von Generika und Biosimilars erhöhen, der heute enttäuschend niedrig ist. Für curafutura hat dieser Erfolg eine besondere Bedeutung. Wir haben von Anfang an für diese Reform gekämpft. Und die Zielgerade war voller Hindernisse, drohte die Reform doch unter anderem an den Anliegen der Konsumentenorganisationen zu scheitern. Das Ergebnis ist, dass die Reform erst sechs Monate später, am 1. Juli 2024, in Kraft treten wird. Welche Folgen wird diese Verzögerung für die Versicherten haben? Und wie wird sich die Reform langfristig auswirken?

Generika müssen bei ihrer Markteinführung 20% bis 70% billiger sein als das entsprechende Original. Das Einsparungspotenzial durch ihren Einsatz ist immens.

Doch bevor wir in die Zukunft blicken, sollten wir einen Moment lang das Ausmass des bereits zurückgelegten Weges geniessen, indem wir uns die verschlungene Chronologie dieser wichtigen Reform in Erinnerung rufen. Bereits 2009 wies die Nationalrätin Verena Diener auf das Problem der Vertriebsmargen für Medikamente hin. Ihre Motion wurde im selben Jahr vom Parlament angenommen – und blieb über zehn Jahre lang unbeachtet. Im Jahr 2020 nahm das Parlament erneut Motionen an, die den Bundesrat beauftragten, die Vertriebsmargen zu revidieren.

curafutura hat sich in den vergangenen 7 Jahren massgeblich dafür eingesetzt, mit den Apothekern (pharmaSuisse), Ärzten (H+/APA) und den Spitälern (H+) eine Lösung zu finden; dies alles in enger Absprache mit dem EDI. Ein entscheidender Durchbruch wurde im Herbst 2022 erreicht: Das neue System der Vertriebsmargen war verhandelt worden und wurde von den wesentlichen Akteuren akzeptiert. Der Entwurf blieb jedoch ein Jahr lang in der Schublade des EDI.

Unerwartete Wendung im September 2023

Im September 2023, als man dachte, dass die Revision kurz vor der Verabschiedung durch den Bundesrat stand, kam alles zum Stillstand. Zwei Konsumentenorganisationen, die SKS und die FRC, und andere kritisierten ein grundlegendes Element der Reform: Die Erhöhung der Marge für tiefpreisige Medikamente, die unumgänglich ist, wenn man die Progression der Marge zwischen billigen und teuren Medikamenten verringern will ohne das Abgabesystem zu zerstören.

Das EDI organisierte daraufhin einen weiteren runden Tisch, um die Beschwerden der FRC und der SKS anzuhören und um ihre Vorschläge in die Diskussion zu bringen. Die nächste Überraschung war, dass FRC und SKS dem EDI keinen neuen Vorschlag, sondern ein Modell vorschlugen, das auf den Cent genau die gleiche Erhöhung der Margen für tiefpreisige Medikamente enthielt. Mit dieser Einsicht war der Weg frei, für die breitabgestützte Reform, die am 8. Dezember 2023 vom Bundesrat verabschiedet wurde. Ein Datum, das in die Geschichte des KVG eingehen wird.

Versicherte müssen sechs Monate lang doppelt wachsam sein

Die Revision der Vertriebsmargen für Medikamente wird am 1. Juli 2024 in Kraft treten, sechs Monate später, als wenn sie wie ursprünglich geplant im September 2023 verabschiedet worden wäre. Dieses Detail bleibt nicht ohne unangenehme Folgen für die Konsumenten, die einige Organisationen angeblich verteidigen. Andere Massnahmen, die der Bundesrat am 22. September beschlossen hat, treten nämlich schon am 1. Januar 2024 in Kraft. Dies gilt insbesondere für die Erhöhung des differenzierten Selbstbehalts für Medikamente.

Diese Massnahme sieht vor, dass Patienten, die teure Originalmedikamente verwenden, obwohl es ein gleichwertiges und billigeres Generikum gibt, ab dem 1. Januar 2024 einen Selbstbehalt von 40% statt wie bisher 20% bezahlen müssen (für Ausgaben, die die Franchise übersteigen, bis zu einem Höchstbetrag von 700 Franken). Das Problem ist, dass die Revision der Vertriebsmargen erst am 1. Juli 2024 in Kraft tritt und Apotheker, Ärzte und ambulante Spitaldienste darum noch sechs Monate lang einen Anreiz haben werden, Originalmedikamente, statt Generika oder Biosimilars abzugeben. Die Versicherten müssen also wachsam sein und sich erst recht angewöhnen, immer zu fragen, ob es sich bei dem verschriebenen Medikament um ein Generikum handelt.

Globale Auswirkungen der Reform: kurzfristige und langfristige Einsparungen

Nach diesem Zeitraum, ab dem 1. Juli 2024, werden die Revision der Vertriebsmargen und die Revision des differenzierten Selbstbehalts zusammenwirken, um den Einsatz von Generika und Biosimilars zu steigern, wobei erstere auf der Ebene der Leistungserbringer, die die Medikamente abgeben, und letztere auf der Ebene der Versicherten wirkt.

Allein die Revision der Vertriebsmargen wird unmittelbare Einsparungen von 60 Millionen Franken pro Jahr mit sich bringen. Diese entsprechen der Verringerung des Gesamtvolumens der von den Leistungserbringern erhaltenen Vertriebsmargen. Hinzu kommen indirekte Einsparungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr durch eine häufigere Substitution von Originalmedikamenten durch Generika aufgrund der Reduktion des bestehenden Fehlanreizes und der Erhöhung der Preisabstände zwischen Originalpräparaten und Generika sowie Biosimilars.

curafutura wird ein Monitoring einrichten, um die Auswirkungen der Reform zu überwachen. Das Potenzial ist angesichts der derzeitigen finanziellen Verschwendung immens. Es wird geschätzt, dass die Nutzungsrate von Generika in der Schweiz bei etwa 25% liegt, während sie in Deutschland bei fast 80% liegt.