Der Tarmed ist seit 2004 in Kraft und veraltet. Seit Einführung fanden weder substantielle Anpassungen bei den Tarifpositionen statt, noch wurden die Berechnungsparameter aktualisiert. Entsprechend ist der Stand der ambulanten ärztlichen Leistungserbringen und medizinschen Verfahren nicht mehr aktuell abgebildet. Aufgrund dieses Stillstands machte der Bundesrat insbesondere 2018 von seiner Kompetenz Gebrauch, subsidiär einzugreifen. So setzte er Anpassungen an der Tarifstruktur Tarmed mittels Verordnungen durch. Der Eingriff hatte eine Kostendämpfung zum Ziel und war zugleich ein Warnschuss an die Tarifpartner, den Revisionsauftrag ernst zu nehmen. Der Eingriff zeigte die erwartete Wirkung.
2021 wurden über den Tarmed CHF 12.2 Mia.[1] Bruttoleistungen abgerechnet, CHF 7.7 Mia. praxisambulant und CHF 4.6 Mia. spitalambulant. Im Vergleich zu 2020 entspricht dies einem Wachstum der Bruttoleistungen von insgesamt +9.6 %. Seit 2016 beträgt das jährliche Wachstum der Bruttoleistungen +3.4 % (Praxis +3.2 % / Spital +3.8 %).
Die ehemalige Tariforganistion des Tarmed, die einfache Gesellschaft TARMED Suisse, wurde im Herbst 2019 liquidiert und vertraglich aufgelöst. Der Rahmenvertrag Tarmed besteht aktuell nur noch zwischen FMH und santésuisse. Um dennoch einen koordinierten und einvernehmlichen Betrieb des Tarmed sicherzustellen, wurden per 2019 die Paritätische Interpretations Kommission (PIK / Bearbeitung von Interpretationsfragen) und die Paritätische Kommission Dignitäten (PaKoDig / u.a. Anerkennung von zulasten Tarmed abrechenbaren Sparten bzw. Infrastrukturen) auf eine neue vertragliche Basis ausserhalb des Rahmenvertrags gestellt. In beiden Kommissionen sind alle fünf Tarifpartner vertreten, d.h. curafutura, FMH, H+, MTK/ZMT und santésuisse.
[1] Datenquelle: SASIS AG, Datenpool, Monatsdaten (Langzeit-Cube März 2022) / Auswertung curafutura, Arztleistungen (TARMED und TARMED-Pauschalen) nach Behandlungsdatum.
Nach sieben Jahren Entwicklungsarbeit der Tarifpartner curafutura (seit 2015), FMH, H+ (bis 2018) und MTK wurde im Sommer 2019 die revidierte Arzttarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen, TARDOC, fertiggestellt. Zur neuen Tarifstruktur gehören unter anderem neu konzipierte Anwendungs- und Abrechnungsregeln sowie Konzepte zur Anerkennung der Abrechnungsberechtigung.
Das Ergebnis der Revisionsarbeiten umfasst die Tarifstruktur TARDOC, eine komplette, bezüglich Leistungsinhalten und Tarifierungsmodellparametern, aktualisierte und sachgerechte Einzelleistungstarifstruktur. Darüber hinaus gründeten die Tarifpartner 2016 die Tariforganisation ats-tms AG, welche die Revisionsarbeiten vorantrieb. Die TARDOC-Tarifpartner einigten sich auch über die Modalitäten der zukünftigen Zusammenarbeit und Aufgaben der Geschäftsstelle, die Vorgaben für die kontinuierliche Tarifpflege und das Monitoring. Der Verwaltungsrat der ats-tms AG fasst Beschlüsse im Mehrheitsverfahren. Somit sind beste Voraussetzungen geschaffen, dass eine zielgerichtete Weiterentwicklung des TARDOC nach dessen Einführung gewährleistet ist.
Die FMH und curafutura reichten die Tarifstruktur TARDOC mit dem zugehörigen Tarifstrukturvertrag KVG am 12. Juli 2019 beim Bundesrat zur Genehmigung ein. Seither erfolgten drei Nachreichungen zum hängigen Genehmigungsgesuch:
Am 3. Juni 2022 fällt der Bundesrat den Beschluss der Nicht-Genehmigung. Er hat aufgezeigt, was zu tun ist, damit der TARDOC genehmigt werde (nochmalige Nachbesserung Kostenneutralitätskonzept und langfristiges Monitoring; Konzept, welches die wesentlichen Entwicklungsschritte nach Einführung aufzeigt). Die Tarifpartner bereiten gemeinsam den nächsten Schritt vor. Eine Ablösung des TARMED ist per 1. Januar 2024 möglich.
curafutura erwartet, dass die eingereichte ambulante Arzttarifstruktur TARDOC vom Bundesrat genehmigt wird, sodass der Weg frei ist für eine Einführung per 1. Januar 2024.
Die ats-tms AG mit ihrer Geschäftsstelle ist als nationale Tariforganisation für den ambulanten Arzttarif bereit. Sie garantiert, die Tarifstruktur regelmässig und datengetrieben weiterzuentwickeln.
Damit die Ablösung des Tarmed durch den TARDOC gelingt, ist curafutura auf sechs Ebenen aktiv:
curafutura fordert, dass sich die beiden Tarifpartner H+ und santésuisse dem Tarifstrukturvertrag TARDOC anschliessen und sich aktiv in dessen Weiterentwicklung einbringen.
Die Tarifpartner curafutura und FMH haben dem Bundesrat das Ergebnis der siebenjährigen Revisionsarbeit zur Genehmigung eingereicht. curafutura setzt sich dafür ein, dass der Tarmed so bald als möglich durch den TARDOC abgelöst wird und somit eine geordnete Tarifentwicklung möglich wird. curafutura erwartet, dass der Bundesrat das Gesuch der Tarifpartner nach der erneuten (bis Ende Jahr geplanten) Einreichung genehmigt und der TARDOC per 1. Januar 2024 eingeführt werden kann.
curafutura setzt sich weiterhin aktiv dafür ein, H+ und santésuisse für einen Beitritt zum TARDOC zu gewinnen. Gemeinsam mit H+ und santésuisse soll ein gangbares Vorgehen zur sequenziellen Einführung von TARDOC und ambulanten nationalen Pauschalen ausgearbeitet werden.
Bis zur Einführung der revidierten Arzttarifstruktur für ambulante Leistungen, TARDOC, trägt curafutura in der Paritätischen Interpretationskommission (PIK) und der Paritätischen Kommission Dignitäten (PaKoDig) aktiv zur reibungslosen Anwendung des TARMED bei.
Das Gesetz gibt das Ziel vor, dass der Wechsel eines Tarifmodells keine Mehrkosten verursachen darf. curafutura, FMH und MTK bekennen sich zur Kostenneutralität. curafutura und FMH haben das vertraglich vereinbarte Kostenneutralitätskonzept für drei Jahre mit dem Genehmigungsgesuch eingereicht.
Auch für den (partiellen) Übergang zu Pauschalen ist die Kostenneutralität sicherzustellen, weshalb eine sequenzielle Inkraftsetzung unabdingbar ist.
curafutura, FMH und MTK haben bewiesen, dass von den Tarifpartnern verhandelte Lösungen auch für die volumenstärkste Tarifstruktur im OKP-Bereich machbar sind. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Tarifautonomie.
Die nationale Tariforganisation für den ambulanten Arzttarif ist Teil des Massnahmenpakets des Bundes. Die Arbeiten für die Gründung und Operationalisierung der nationalen Tariforganisation werden von den Tarifpartnern unter Leitung von Regierungsrat P.-A. Schnegg vorangetrieben. Die ats-tms AG ist für die Anwendung und Belange der ambulanten Arzttarifstruktur mehrjährig gut etabliert. Deren operative Geschäftsstelle setzt den Benchmark für die notwendigen Voraussetzungen (Prozesse und Instrumente) für die erfolgreiche Einführung sowie den laufenden Betrieb von TARDOC. Wichtige Revisionsprojekte für die nächsten Jahre sind bereits identifiziert und erste Projekte durch die Geschäftsstelle ats-tms aufgegleist worden. curafutura wird als Tarifpartner diese Prozesse innerhalb der ats-tms AG bzw. der entstehenden nationalen Tariforganisation durch fachliches Knowhow und aktives Mitwirken in den massgeblichen Gremien unterstützen.
Der TARDOC ist wie der Tarmed eine Einzelleistungstarifstruktur. Aus Sicht von curafutura ist das Vorhandensein eines aktualisierten und sachgerechten Einzelleistungstarifs, welcher die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllt, eine Voraussetzung für weitere Entwicklungsschritte. Pauschalen sollen, dort wo Einzelleistungen ersetzt werden können, tarifpartnerschaftlich in der gemeinsamen nationalen Tariforganisation entwickelt werden.
curafutura, die FMH und die MTK (zuständig für UV, IV, MV) haben tarifpartnerschaftlich die Tarifstruktur TARDOC erarbeitet. Am 12. Juli 2019 wurde diese dem Bundesrat zur Genehmigung eingereicht. Im Mai 2020 ist Swica dem TARDOC beigetreten und wirkt am TARDOC mit; damit wurde die geforderte Mehrheit seitens Kostenträger erreicht. 2020 und 2021 haben curafutura und FMH drei Nachreichungen vorgenommen.
Der TARDOC beinhaltet viele massgebliche Erneuerungen und Vorteile gegenüber dem Tarmed, die zu einer deutlichen Erhöhung der Sachgerechtigkeit beitragen:
Die Tarifpartner pflegen in einer gemeinsamen Organisation auf nationaler Ebene die Tarifstruktur, die die Tarifpositionen mit ihrem relativen Gewicht enthält (Taxpunkte). Die Vereinbarung der Taxpunktwerte (Preis) obliegt den Einkaufs- und Ärztegesellschaften. Beim Tarifübergang sind folglich auch die Kantone als Genehmigungs- und Festsetzungsbehörde in der Pflicht, für den Teil Preis die Kostenneutralität zu gewährleisten.
Mittels eines Modellvergleichs von TARMED und TARDOC V1.3 haben wurde geschätzt, welche Taxpunktvolumenveränderungen zu erwarten sind. Auf dieser Basis wurde der sog. External Factor (EF) bestimmt, welcher das TARDOC- gegenüber dem TARMED-Volumen konstant hält. Der errechnete EF liegt bei 0.82 (verhandelter Wert: 0.83). Jede Tarifposition wird mit diesem EF-Wert gekürzt. Der EF ist als integraler Bestandteil der Tarifstruktur im Anhang zum Grundvertrag TARDOC vereinbart.
Aufgrund der Forderungen des Bundesrates wurde die KN-Phase auf drei Jahre verlängert. Bisherige Tarifstrukturen sahen max. zweijährige Monitoringphasen vor, wie z.B. der vom BR genehmigte und auf 2022 eingeführte Rehabilitationstarif ST-Reha.
Die auf den geplanten Einführungstermin (1.1.2023) folgenden drei Jahre (2023, 2024, 2025) werden somit bis Mitte 2026 eng monitoriert.
Referenzmassstab für das TARDOC-Volumen ist das effektive TARMED-Volumen des letzten Jahres vor Einführung des TARDOC (2022). Auf dieses wird ein enger Korridor der zulässigen Wachstumsrate angewendet (vgl. Abbildung 1; jährlich +1% mit einem Korridor von +/-2%, d.h. obere Interventionsgrenze: +3%, +6%, +9% in den Jahren 2023, 2024 und 2025 gegenüber 2022; untere Interventionsgrenze: -1%. -2%, -3%). Zum Vergleich: Das TARMED-Volumen stieg zwischen 2015 und 2019 um durchschnittlich 3.0% pro Jahr, trotz Tarifeingriff vom 1.1.2018.
Mit der global über das Taxpunktvolumen festgelegten Wachstumsrate sind die gleichzeitig wirkenden allgemeinen Effekte aus medizinischer, medizin-technischer, sozio-demografischer und politischer Entwicklung beinhaltet.
Sofern das TARDOC-Volumen trotz EF in der Monitoring-Phase aus dem Korridor herausläuft, unternimmt die Monitoring-Kommission Massnahmen, um das Volumen zurück in den Zielbereich zu steuern. Es können Anpassungen an einzelnen Leistungspositionen, an Kapiteln oder am EF vorgenommen werden («Korrektur dort, wo der Handlungsbedarf am grössten ist»).
Realisiertes Fehlvolumen bzw. überschüssiges Volumen wird nach der Monitoringphase (2027) einmalig durch einen temporär höheren/tieferen EF ausgeglichen.
Bei notwendiger Korrektur und massgeblicher Unterscheidung der Wachstumsraten im spitalund praxisambulanten Bereich können die Ausgleichszahlungen (2027) sektoriell divergieren.
Nach Abschluss der Monitoring- und Kompensationsphase kommt ein definitiver, weiterhin einheitlicher EF zur Anwendung.
Es ist vereinbart, die Leistungsvolumenentwicklung auch nach der Kostenneutralitätsphase weiter zu monitorieren. Diesbezügliche Mechanismen und Prozesse sind im Tarifierungshandbuch festgehalten.