Spitalplanung
Bern/ , 16. September 2024Darum geht es
Mit 278 Spitälern an 595 Standorten (BFS 2022) hat die Schweiz eine der höchsten Spitaldichten der Welt. Mehr als ein Drittel der Kosten der obligatorischen Krankenpflege werden in den Spitälern verursacht. Oftmals befinden sich in einem Kanton mehrere Spitäler mit teilweise überschneidendem Leistungsangebot, was ein Optimierungspotenzial in sich birgt. Die Kompetenz zur Spitalplanung obliegt gemäss der Bundesverfassung den Kantonen. Das KVG regelt, dass die Kantone im Rahmen dieser Planung die Zulassung der Spitäler zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung mittels Spitallisten (Leistungsaufträge) steuern und dabei die Planungskriterien gemäss der Krankenversicherungsverordnung (KVV, Artikel 58a bis Artikel 58f) berücksichtigen. Mit der Inkraftsetzung des Massnahmenpakets 1b per 1. Januar 2024 wurde zudem neu ein Beschwerderecht der Versicherer gegen die kantonalen Spitallisten eingeführt (Art. 53 Abs. 1bis KVG). Die Spitalplanung hat das Ziel, eine bedarfsgerechte, qualitativ hochstehende und wirtschaftliche Spitalversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
Das sind die Fakten
(1) Interkantonale Spitalplanung: interkantonale Spitallisten anstreben
Auf seiner Spitalliste führt jeder Kanton jene Spitäler auf, welche die stationäre Versorgung der Kantonsbevölkerung gewährleisten. Die sogenannten Leistungsaufträge definieren dabei, welche medizinischen Leistungen ein Spital zulasten der OKP erbringen kann. Im Bereich der hochspezialisierten Medizin werden Leistungsaufträge nicht kantonal, sondern gesamtschweizerisch vergeben.
Gemäss Gesetz sind die Kantone angehalten, ihre Planungen untereinander zu koordinieren. Dies mit dem klaren Ziel, Überversorgung zu vermeiden, Kosten einzudämmen und die notwendige Qualität zu sichern. Eine derartige interkantonale Koordination der Spitalplanung, bei der auch die Leistungsaufträge gemeinsam erteilt werden findet bis heute kaum statt. Geleitet von überwiegend standort- und wirtschaftspolitischen Interessen bleibt die Planung weitestgehend auf das Innere der Kantonsgrenzen beschränkt und die Strukturen bleiben zementiert. Der Expertenbericht von 2017 bestätigt, dass die Spitalplanung in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern relativ kleinräumig erfolgt. Die regionale Spitalplanung mit überkantonalen Spitallisten-Regionen, sprich Versorgungsregionen, würde hingegen eine bessere Koordination der Kantone sicherstellen. Mittelfristig wären laut dem Expertenbericht jährliche Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich zu erwarten (S. 54). Auch der Bundesrat betont wiederholt, dass das Potenzial für die Gestaltung einer wirtschaftlicheren und qualitativ besseren Spitallandschaft durch eine erhöhte Koordination der kantonalen Planungen noch nicht ausgeschöpft sei.
Für curafutura ist es daher dringend notwendig, bestehende Interessenkonflikte zu lösen, um unter Berücksichtigung der Versorgungssicherheit sowie von regionalen Bedürfnissen (z.B. Sprachregionen) eine sinnvolle, koordinierte und dem tatsächlichen Bedarf entsprechende Spitalplanung auf überkantonaler Ebene herbeizuführen. Denn eine bedarfsgerechte Spitalplanung führt zu positiven Auswirkungen: Unter anderem kann durch die Schaffung von Kompetenzzentren die Qualität verbessert werden. Eine effizientere Verwaltung der Spitäler, der Abbau von Überkapazitäten und eine höhere Qualität führen zur Senkung der Versorgungskosten. Eine Verbesserungsmöglichkeit für eine koordinierte Spitalplanung gibt es beispielsweise bei den Anforderungen für die Aufnahme auf die Spitalliste. Der Kanton Zürich hat 2012 als erster Kanton die Aufnahme auf die Spitalliste an gewisse Anforderungen (bspw. Qualität, Wirtschaftlichkeit und medizinische Erreichbarkeit) geknüpft (SPLG-Konzept). Inzwischen wenden viele Kantone das vom Kanton Zürich entwickelte und von der Schweizerischen Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) zur Anwendung empfohlene Konzept für die Spitalplanung und Erstellung der Spitalliste an. Es ist jedoch feststellbar, dass die einzelnen Kantone zunehmend die Anforderungskriterien des SPLG-Konzeptes nach ihren individuellen, kantonalen Bedürfnissen anpassen und somit das überkantonale Potential nicht voll ausschöpfen. Dies ist aus Sicht von curafutura gefährlich, da damit erstens nicht mehr für jedes Spital die gleichen Voraussetzungen für eine Aufnahme auf die Spitalliste gelten und zweitens kantonale Strukturen weiterhin aufrechterhalten werden, indem die Anforderungskriterien hinuntergeschraubt werden, wenn diese die Anforderungen nach SPLG-Konzept nicht mehr zu erfüllen vermögen.
(2) Mindestfallzahlen gesamtschweizerisch einheitlich festsetzen
Mindestfallzahlen sind insbesondere im Bereich der (hoch)spezialisierten Gesundheitsleistungen ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung der Qualität. Deshalb setzt sich curafutura dafür ein, dass komplexe und teure Eingriffe nur bei Erreichen einer bestimmten Mindestfallzahl durch die OKP finanziert werden. Diverse Kantone haben Mindestfallzahlen in ihre Spitalplanungen integriert, bei der Definition der Mindestfallzahlen und bei deren Anwendung (bspw. Entzug bei Nichterreichen) gibt es unter den Kantonen jedoch grosse Unterschiede. Gemäss curafutura soll schweizweit einheitlich definiert werden, welche Standards bei der Festlegung der Mindestfallzahlen zu berücksichtigen sind. Es ist von Bedeutung, dass die Grundlagen und die Ziele für die Festlegung von Mindestfallzahlen offengelegt werden. Die Wirkungen von Mindestfallzahlen auf Qualität, Wirtschaftlichkeit, Zugang zu Leistungen und auf die Versorgungsstruktur muss laufend evaluiert werden. curafutura setzt sich dafür ein, dass die Ergebnisse zwingend Eingang in die Leistungsaufträge finden. Weiter sollen bei Nichterreichung der Mindestfallzahlen provisorische Leistungsaufträge ausschliesslich im Falle einer drohenden Unterversorgung und längstens für ein Jahr erteilt werden.
(3) Rekursrecht der Krankenversicherer gegen Spitalplanungen
curafutura begrüsst die Einführung eines Beschwerderechts für Versicherer gegen die kantonalen Spitallisten gemäss Art. 53 Abs. 1bis KVG, welches ab dem 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist. Es geht darum, dass die Krankenversicherer als Mitfinanzierer und Vertreter der Versicherten ein Mitspracherecht haben, notabene in einem Bereich, in dem sie die finanzielle Entwicklung massgeblich mittragen. Dies wird nach der Umsetzung der EFAS-Vorlage umso wichtiger, da der Finanzierungsanteil der Versicherer an den Spitalkosten grösser als jener der Kantone sein wird. Mit dem Beschwerderecht erhielten die Versicherer ein Instrument, um bei Fehlplanungen Korrekturen anzustossen. Es gilt jedoch zu beachten, dass die eigentliche Planungs- und Aufsichtsaufgabe bei der Spital- und Pflegeheimplanung weiterhin den Kantonen obliegt und nicht den Krankenversicherern.