Heute können in Ausnahmefällen Arzneimittel vergütet werden, die nicht auf der Liste der über 3200 kassenpflichtigen Medikamente stehen. Die Vergütung erfolgt nach einer Einzelfallprüfung durch die Krankenversicherer (sog. Off-Label-Use). In den letzten Jahren haben immer mehr Patienten von dieser Möglichkeit profitiert, zum Beispiel bei neuen Krebstherapien. 2019 waren es 38’000 behandelte Gesuche. Um den gleichen Zugang für alle Patienten zu optimieren, hat curafutura heute bei ihrem Jahresmediengespräch die Lancierung einer neuen Plattform vorgestellt.

Patienten profitieren immer mehr von Medikamenten, die nicht automatisch vergütet werden. Entweder ist das Medikament neu auf dem Markt und es wurde noch nicht über die Kassenzulässigkeit entschieden. Oder, es handelt sich um ein Medikament, das neu zusätzlich für ein anderes Krankheitsbild eingesetzt werden soll. Damit ein Krankenversicherer diese Arzneimittel (Off-Label Use) vergüten kann, muss eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein. Unter anderem gilt es, die Wirksamkeit, die Sicherheit sowie das Kosten-Nutzen Verhältnis zu überprüfen. Heute macht dies jeder Krankenversicherer für sich. Hier sehen die Krankenversicherer Handlungsbedarf.

Patient profitiert von gemeinsamer Plattform

Künftig wollen die curafutura-Mitglieder CSS, Helsana, Sanitas und KPT sowie die Swica ihre sog. Studienratings konsolidieren und die Bewertungen auf einer gemeinsamen Plattform verfügbar halten. Die Plattform steht allen anderen interessierten Versicherern offen.

Die Datenbank sorgt dafür, dass die klinische Beurteilung in einem bestimmten Kontext für alle gleich ist. Darüber hinaus ist die Analyse breit abgestützt dank der Zusammenarbeit der vertrauensärztlichen Dienste. Damit ist eine ausgewogene und objektive Bewertung auf Basis klinischer wissenschaftlicher Publikationen gewährleistet, was das Vertrauen in die Einzelfallvergütungen erhöht.

Rascher Zugang zu neuen Medikamenten

Die Einzelfallvergütung von Medikamenten ist nicht die Regel, jedoch ein wichtiges Instrument, um sicherzustellen, dass Patienten so schnell wie möglich Zugang zu neuen Behandlungen erhalten.

Um regulär vergütet zu werden, muss nämlich ein Medikament zunächst von der Swissmedic geprüft und für den Schweizer Markt zugelassen werden. Erst in einem zweiten Schritt wird es vom BAG in die Spezialitätenliste aufgenommen. Bis zur Zulassung eines neuen Medikaments und der Aufnahme in die Spezialitätenliste vergeht einige Zeit.

Vergütung im Einzelfall soll eine Ausnahme-Lösung bleiben

In den letzten Jahren hat die Kostenübernahme von Arzneimitteln ohne Zulassung und ausserhalb der regulären Kassenpflicht stark zugenommen; die Anzahl Gesuche ist zwischen 2017 und 2019 von 26’000 auf 38’000 gestiegen, davon werden 80% vergütet. Dies ist zwar insofern positiv, als damit den Patienten ein schnellerer Zugang zu wirksamen Behandlungen ermöglicht wird. Gleichzeitig kommt es aber auch vor, dass Arzneimittelhersteller davon absehen, die Zulassung und die Aufnahme in die Spezialitäten zu beantragen. Für die Hersteller kann es finanziell attraktiver sein, wenn ein Arzneimittel nicht automatisch, sondern von Fall zu Fall erstattet wird.

Diese Strategie widerspricht der Intention des Off-Label-Use. Die Einzelfallübernahme soll nur vorübergehend oder ausnahmsweise erfolgen, bis die Arzneimittel zugelassen und regulär kassenpflichtig sind. Um hier Abhilfe zu schaffen, fordert curafutura, dass die Versicherer das Recht erhalten, die Zulassung und die Aufnahme eines Medikaments in die Spezialitätenliste zu beantragen – ein Recht, das derzeit allein bei den Herstellern liegt.

DARUM GEHT ES
Ein grosser und vielfältiger Themenbereich im Gesundheitswesen sind die Arzneimittel: Es geht um Innovationen, Zulassungsverfahren, Verfügbarkeit und natürlich um die Preise respektive Preisgestaltung. Gemäss Hochrechnungen von curafutura auf Basis der Tarifpoolzahlen der sasis ag beliefen sich die Medikamentenkosten im Jahr 2020 auf rund 7.3 Mia. Franken im ambulanten Bereich, was mehr als einem Fünftel der Gesamtkosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) entspricht. Damit sind die Medikamentenausgaben nach den Spital- und Arztkosten der drittwichtigste Kostenblock (Obsan, 2019). Seit 2014 haben die Ausgaben für Medikamente in der OKP um 39 Prozent zugenommen.

Verglichen mit dem Ausland liegen die Preise für patentgeschützte Arzneimittel im Durchschnitt in der Schweiz 5 bis 10 Prozent höher. Bei patentabgelaufenen Generika und Biosimilars sind die Preise aufgrund anderer Preisfestsetzungsregeln seit längerer Zeit rund doppelt so hoch wie der Durchschnitt der neun europäischen Referenzländer. So liegen die Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung für Medikamente auf dem höchsten Niveau in Europa.

DIE POSITION VON CURAFUTURA
Um diesen enormen Kosten, insbesondere hochpreisiger Arzneimittel, entgegenzuwirken, wurden in den letzten Jahren zahlreiche politische Vorstösse (z.B. Mo. 20.3936, 20.3937, 19.3707, 19.320, 16.4361, 16.3514, …) eingereicht. Auch die beiden vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmenpakete zur Kostendämpfung zielen auf die von der OKP getragenen Medikamentenkosten ab. curafutura setzt sich für Systemanpassungen ein, damit der Einsatz von Arzneimitteln für die Schweizer Bevölkerung – bei gleichbleibender oder verbesserter Behandlungsqualität sowie ohne Gefährdung der Versorgungssicherheit – kostengünstig erfolgen kann.

Reformen im Zulassungs- und Preisbildungssystem
1 curafutura fordert eine transparente und konsequente Anwendung der WZW-Kriterien, insbesondere der Wirtschaftlichkeit sowie des Kostengünstigkeitsprinzips (Art. 43 Abs. 6 KVG).
2 curafutura fordert eine jährliche Prüfung der Zulassungskriterien der auf der Spezialitätenliste gelisteten Arzneimittel anstelle der heutigen 3-Jahresüberprüfung.
3 Die bestehende Rechtsungleichheit bei der Zulassung und der Preisfestsetzung von Arzneimitteln muss aufgehoben werden: curafutura verlangt neben den Zulassungsinhaberinnnen ein Antrags- und Beschwerderecht für Krankenversicherer.
4 curafutura setzt sich für bessere Rahmenbedingungen bei der Einzelfallvergütung nach Art. 71a-d KVV ein.
5 curafutura fordert Anpassungen bei der Preisbildung: Neben dem APV und dem TQV soll neu die Prävalenz einer Krankheit und damit deren Kostenfolgen berücksichtigt werden. Bei Preismodellen mit Rückvergütungen schlägt curafutura eine einfache und transparente Lösung mit Codierungen in der Limitatio der Spezialitätenliste vor.
Förderung von Generika und Biosimilars
6 curafutura fordert die Einführung von anreizneutralen Vertriebsmargen bei den Arzneimitteln, damit Logistikleistungen sachgerecht und nicht in Abhängigkeit von der Höhe der Medikamentenpreise vergütet werden.
7 Die neuste Revision der leistungsorientierten Abgeltung (LOA V) muss rasch in Kraft gesetzt werden: Neu soll darin der Personalaufwand der Apotheken zur Erbringung der pharmazeutischen Leistung abgegolten werden.
8 Aus Sicht von curafutura soll das Substitutionsrecht (Art. 52a Abs. 1 E-KVG) für den gleichen
Wirkstoff unabhängig vom Herstellverfahren
gelten und entsprechend ergänzt werden.
9 curafutura unterstützt eine Harmonisierung der Abstandsregelung von Generika und Biosimilars. Zusätzlich braucht es eine konsequente Bezeichnung der Biosimilars wie auch von allen anderen patentabgelaufenen Wirkstoffen auf der Spezialitätenliste.
10 curafutura empfiehlt ein wettbewerbliches Referenzpreissystem für patentabgelaufene
Arzneimittel
. Das vom Bundesrat vorgeschlagene Referenzpreissystem mit fixem Preisabschlag lehnt der Verband jedoch rigoros ab.

Der Revisionsbedarf des veralteten Arzttarifs TARMED ist unbestritten. Der heutige Entscheid des Bundesrates, die Genehmigung des TARDOC zu verschieben, ist daher unverständlich und nicht nachvollziehbar. Die Tarifpartner curafutura, FMH und MTK sehen darin eine verpasste Chance für die Einführung eines sachgerechten Tarifs, der den heutigen technischen Gegebenheiten der ambulanten Medizin entspricht. Die erneute Verzögerung benachteiligt Patientinnen und Patienten, Prämienzahlende und Leistungserbringer. Sie bremst auch die lösungsorientierten Kräfte im Gesundheitswesen aus. Die Tarifpartner curafutura, FMH und MTK werden nun prüfen, inwieweit die vom Bundesrat geforderten Anpassungen überhaupt umsetzbar sind. Gleichzeitig bieten sie die Hand jenen, die an der Überarbeitung mitarbeiten wollen, erwarten aber vom Gesundheitsminister in dieser Hinsicht seine Unterstützung und notfalls ein klares Machtwort.

Jedes weitere Jahr mit dem TARMED schadet unserer Gesundheitsversorgung, weil dieser Tarif seit 2004 gilt und medizinische Leistungen in einer zunehmend unausgewogenen und nicht mehr zeitgemässen Weise vergütet werden. Dies benachteiligt Patientinnen und Patienten und führt zu unsachgerechten Vergütungen von medizinischen Leistungen, da einige Leistungen übertarifiert sind, während andere unterbezahlt und nicht mehr kostendeckend vergütet wer-den. Wichtige Leistungen zum Beispiel aus dem Bereich der Grundversorgung oder der Psychiat-rie werden weiterhin nicht sachgerecht abgebildet und die Weiterentwicklung der Interprofes-sionalität erschwert. Ärztliche Leistungen müssen im Tarif ausgewogen und sachgerecht abgebil-det sein, wie es auch das Krankenversicherungsgesetz verlangt. Nur so ist eine gute und qualita-tiv hochstehende Patientenversorgung gewährleistet.

Die Tarifpartner curafutura, FMH und MTK werden nun den Entscheid des Bundesrates analysieren, um festzustellen, inwieweit die Forderungen nach Anpassungen des TARDOC überhaupt sachgerecht und umsetzbar sind, denn der TARDOC erfüllt in seiner aktuellen Version die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien. Hinter dem TARDOC stehen mit der FMH die Mehrheit der Leistungserbringer sowie die Mehrheit der Versicherten (51 Prozent), vertreten durch die curafutura-Mitglieder CSS, Helsana, Sanitas und KPT sowie SWICA und der MTK (Unfallversicher, Invaliden- und Militärversicherung). Inzwischen fordern auch die Kinderspitäler die rasche Einführung des TARDOC. Mit dem Konzept der kostenneutralen Einführung des TARDOC wird sichergestellt, dass durch den Tarifwechsel vom TARMED zum TARDOC keine Mehrkosten entstehen. Daher widersprechen die Tarifpartner in den wichtigen Kriterien klar dem Bundesrat.

 «Wer über Jahre zusammen nach Lösungen sucht, und diese in seinen Gremien demokratisch durchsetzt, wird bestraft, wer Opposition betreibt oder abseits steht, wird belohnt. Das ist eine Art Todesstoss für die Tarifautonomie», sagt Joachim Eder, Präsident des Tarifbüros ats-tms von curafutura, FMH und MTK zur Antwort des Bundes. Für ihn ist der BR-Entscheid wie ein Schlag ins Gesicht aller Beteiligten. curafutura-Direktor Pius Zängerle zeigt sich äusserst irritiert darüber, «dass der Bundesrat Tatsachen negiert sowie die Spielregeln im laufenden Spiel ändert». Und FMH-Präsidentin Yvonne Gilli meint: «Der TARMED ist völlig veraltet und entspricht nicht den Gegebenheiten der heutigen Medizin im digitalen Zeitalter. Es kann nicht sein, dass wir weiterhin jährlich 12 Milliarden Franken über einen Tarif abrechnen müssen, der nicht sachgerecht ist.»

Auskünfte:

Simone Hinnen, Leiterin Kommunikation curafutura, Tel. 076 373 79 74, simone.hinnen@curafutura.ch 

Charlotte Schweizer, Leiterin Abt. Kommunikation FMH, Tel. 031 359 11 50, kommunikation@fmh.ch 

Wir sind bereit, die Aufforderung des BR bis Ende 2021 umzusetzen:
Das bis Ende 2021 Machbare machen wir möglich. Das bis Ende 2021 nicht Machbare realisieren wir danach. Das machen wir aber nicht alleine, sondern – wie der  BR will – mit der persönlichen Unterstützung des Gesundheitsministers und gemeinsam mit den anderen Tarifpartnern. Wir fordern H+ und santésuisse auf, mit Hilfe des Tarifbüros ats-tms als Drehscheibe, die Zusammenarbeit materiell und formell aufzunehmen.

Wir sind bereit, eine gute Grundlage für die neue, nationale Tariforganisation analog der Forderung von Bundesrat Berset zu schaffen:
Der TARDOC ist dafür als Einzelleistungstarif mit Inkraftsetzung per 1.1.2023 gesetzt.

Die anderen Tarifpartner sind aufgefordert, ihre Versprechen umzusetzen:
Wir erwarten bis am 20. August 2021 einen vom Reifegrad her angemessenen und dem TARDOC-Reifegrad entsprechenden Vorschlag zu den Pauschalen, damit diese Ende 2021 mit allen Konzepten und Verträgen eingereicht und ebenfalls per 1.1.2023 in Kraft gesetzt werden können.

Die Verlagerung von stationären zu ambulanten Leistungen wirkt sich positiv auf die Gesamtkosten in der Grundversicherung (OKP) aus. Allerdings ist die Ambulatisierung verhaltener ausgefallen als man aufgrund der Bemühungen auf kantonaler und nationaler Ebene hätte erwarten dürfen. Das zeigt eine Auswertung von curafutura über den Zeitraum 2015 bis 2019.

Gross war das mediale Echo, als Kantone ab 2017 damit begannen, sich für die Ambulatisierung stark zu machen. Inzwischen sind einige Jahre vergangen. Die von curafutura über den Zeitraum 2015 bis 2019 vorgenommene Auswertung auf Basis der Abrechnungsdaten ihrer Mitglieder Helsana, CSS und Sanitas zeigt folgende Entwicklungen:

Verlagerung mit Startschwierigkeiten und einem verhalteneren Ergebnis als erwartet
Die Verlagerung hat einen gewissen Effekt in die gewünschte Richtung gebracht. Allerdings verlief sie vor allem in der Anfangsphase schleppender als man aufgrund der Bestrebungen hätte annehmen dürfen. Auch waren die kantonalen Unterschiede hinsichtlich der Umsetzung gross. Erst die Einführung der nationalen Liste mit 6 Eingriffen führte zu einer Beschleunigung der Verlagerung in den ambulanten Bereich. Diese wurde erst 2019, und somit zwei Jahre nach der Einführung der ersten kantonale Liste mit 16 Eingriffen, eingeführt und war verbindlich für alle (detaillierte Zahlen siehe Abstract).

Auf 10’000 Versicherte heruntergebrochen gingen die standardisierten Fallzahlen im stationären Bereich in der ausgewerteten Zeitspanne um -24.4 % zurück, währenddem die ambulanten Fälle um 12.4 % gestiegen sind – bei einer moderaten Zunahme der Fälle (ambulant und stationär) um 2.1 %.

Positive Auswirkungen auf die OKP-Bruttokosten, jedoch in bescheidenem Ausmass
Bei den OKP-Bruttokosten pro Versichertem zeigt sich im Jahr 2019 ein Rückgang der Gesamtkosten (ambulant und stationär) gegenüber dem Vorjahr. Dieser ist sogar noch etwas verstärkt festzustellen, wenn man das erste Auswertungsjahr 2015 zum Vergleich heranzieht. Hierbei muss aber angeführt werden, dass die Einsparungen nur teilweise der Verlagerung in den ambulanten Bereich zugeschrieben werden können. Eine wesentliche Rolle spielte damals der bundesrätliche Eingriff in die Tarmed-Tarifstruktur im Jahr 2018 sowie weitere Trends, wie die allgemein beobachtete Fahllzahlenstagnation im stationären Bereich (detaillierte Zahlen siehe Abstract).

Maximales Einsparpotential beläuft sich auf knapp 100 Millionen Franken
Unter der Annahme, dass 90 % der KLV-Eingriffe ambulant durchgeführt werden können, kann gemäss Berechnungen von curafutura auf Basis des Jahres 2019 von einem Einsparpotential zu Gunsten der OKP (Hochrechnung ganze CH) von 24.8 Mio. Franken ausgegangen werden. Nach Berücksichtigung der Einsparungen bei den Kantonen von 73.5 Mio. Franken wäre damit ein AVOS-Gesamteinsparpotential bei den KLV-Eingriffen von 98.3 Mio. Franken möglich, sollten 90 % der Eingriffe ambulant stattfinden.

Fazit: Fehlanreize führen zu verhaltenem Effekt
curafutura kommt daher zum Schluss: Dort, wo medizinisch sinnvoll, technisch machbar und auch günstiger, sollen Eingriffe ambulant durchgeführt werden. Allerdings führen Fehlanreize, basierend unter anderem auf den unterschiedlichen Finanzierungssystemen im ambulanten und stationären Bereich zur eher schleppend voranschreitenden Verlagerung.

Daher erachtet es curafutura als wichtig, dass die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) forciert angestrebt wird, weil dadurch  die Prämien- und Steuerzahlenden entlastet werden, ohne die gute Grundversorung oder die Zufriedenheit der Patienten mit der medizinischen Versorung zu beeinträchtigen.

«Zudem können die ohnehin verzerrenden Tarife im ambulanten Bereich korrigiert werden, wenn der Bundesrat den Mitte 2019 eingereichten und zur Genehmigung beantragten neuen Tarif TARDOD für den ambulanten Bereich genehmigen würde», sagt curafutura-Direktor Pius Zängerle. Denn dieser bilde die aktuellen betriebswirtschaftlichen und medizin-technischen Gegebenheiten ab und soll zudem regelmässig den neuen Entwicklungen angepasst werden, um so in Zukunft die heute vorhandenen tarifarischen Fehlanzreize  beheben.

Matthias Schenker, Leiter Abteilung Gesundheitspolitik und Mitglied der Direktion bei der CSS Versicherung.

Sind die Krankenversicherer selber Kostentreiber? Im Gegenteil, sagt Matthias Schenker. Das Direktionsmitglied der CSS Versicherung über angeblich hohe Verwaltungskosten, falsche Anreize und Innovation im Gesundheitswesen.

«Die innovativen Krankenversicherer» steht im Untertitel von curafutura. Sind Sie innovativ?
Unbedingt, auf mehreren Ebenen. Alleine die Digitalisierung hat bei den Versicherern in den letzten Jahren einen grossen Innovationsschub ausgelöst. Bestehende Prozesse wurden weiter automatisiert und optimiert. Nehmen wir das Beispiel der Abrechnungen: Wir setzen auf künstliche Intelligenz, um Fehler zu erkennen oder Muster auszumachen, die in der Masse der Abrechnungen sonst viel schwieriger auszumachen wären.

Gehören neue Versicherungsmodelle auch zur Innovation?
Ja, wir entwickeln attraktive neue Modelle für unsere Kundinnen und Kunden und kaufen auch entsprechende Leistungen ein. Das bringt weitere Innovationen mit sich: Beispielsweise, dass sich die Versicherer und die Ärzte zusammenschliessen, sich untereinander vernetzen und zum Wohle und im Einverständnis der Versicherten Daten austauschen.

Wie profitieren die Versicherten davon?
Egal an welcher Stelle eine Patientin mit dem Gesundheitswesen in Kontakt kommt: Sie kann sicher sein, dass die Ärztin, der Apotheker oder Therapeut ihre Krankengeschichte kennt. Bei der CSS haben wir die Plattform «Well» lanciert. Für unsere Versicherten bedeutet das eine grosse Vereinfachung. Über «Well» haben sie Zugang zu einer ganzen Palette von Angeboten. Sei es, um sich zu informieren, um Arzttermine zu vereinbaren oder mittels E-Rezept gleich Medikamente nach Hause zu bestellen.

Welchen Stellenwert haben die Kosten bei solchen Projekten?
Zwei Aspekte stehen im Vordergrund, wenn wir solche Entwicklungen vorantreiben. Auf der einen Seite die Effizienz: Im Dreieck zwischen Kunden, Versicherern und den Leistungserbringern wollen wir Schnittstellen verbessern, die Interaktion vereinfachen, Synergien erschliessen. Der zweite Aspekt ist die Qualität der Leistungen. Die Integration und Vernetzung fördern die Qualität der Versorgung.

Bedeutet höhere Versorgungsqualität nicht Mehrkosten?
Im Gegenteil. Im Idealfall sprechen sich die verschiedenen Instanzen über eine Behandlung ab. Die Rolle von uns Krankenversicherern liegt darin, diese Koordination zu ermöglichen. Gelingt das, schlägt es sich im Resultat nieder: Eine effiziente Behandlung ohne Leerläufe und Doppelspurigkeiten ist aus Patientensicht besser und wirkt sich auf der Kostenseite positiv aus.

Welches Interesse haben die Krankenversicherern, die Gesundheitskosten im Griff zu bekommen?
In dieser Frage schwingt ein verbreitetes Vorurteil mit: Die Krankenversicherer seien selber Kostentreiber. Sie hätten kein Interesse, die Gesundheitskosten einzudämmen und würden entsprechend auch keine Anstrengungen unternehmen.

Was die Krankenversicherer unternehmen, damit die Kostenspirale nicht einfach weiterdreht.

Was entgegnen Sie?
Das Gegenteil ist der Fall. Es ist absolut gegen unsere Interessen, wenn die Kosten steigen. Dazu muss man wissen: Wir bieten einerseits die obligatorische Grundversicherung an, andererseits Zusatzversicherungen. Die Grundversicherung ist eine Sozialversicherung, es ist von Gesetzes wegen untersagt, Gewinn zu machen. Überschüsse bleiben im System und gehören den Versicherten. Mit Zusatzversicherungen hingegen dürfen wir Geld verdienen. Aber das können wir nur, wenn wir attraktive Prämien in der Grundversicherung anbieten. Wenn jemand aufgrund einer unattraktiven Prämie in der Grundversicherung von der CSS zu einer anderen Kasse wechselt, dann wandert ziemlich sicher auch die Zusatzversicherung ab. Kommt hinzu: Je mehr Geld für die Grundversicherung aufgewendet werden muss, desto weniger bleibt für Zusatzversicherungen übrig. Das heisst: Wenn wir die Kosten in die Höhe treiben, schaden wir uns selber.

Welchen Stellenwert spielen bei diesen Überlegungen die Verwaltungskosten?
Sie tief zu halten, liegt in unserem eigenen Interesse: Das ist der einzige Anteil bei der Grundversicherung, den wir ganz direkt und selber beeinflussen können, um attraktive Prämien anzubieten. Bei einer vierköpfigen Familie machen tiefe Verwaltungskosten schnell einige Hundert Franken aus.

Wie sehen Sie die Rolle der Krankenversicherer, um den stetig steigenden Kosten im Gesundheitswesen entgegenzuwirken?
Ich sehe da eine Reihe von Möglichkeiten. Wir müssen uns so organisieren, dass wir unsere Aufgaben und Leistungen möglichst effizient erbringen können. Dann liegt es in unserer Verantwortung, mit den Leistungserbringern attraktive Tarife zu verhandeln. Und wir müssen schauen, dass wir bei der Rechnungskontrolle sehr genau überprüfen und allenfalls beanstanden. Für unsere Kundinnen und Kunden versuchen wir möglichst attraktive Angebote anzubieten, damit sie sich im Gesundheitswesen zurechtfinden, gut und kosteneffizient behandelt werden.

Wie wichtig ist dafür der Wettbewerb unter den Versicherern?
Die Konkurrenz schafft einen grossen Anreiz, gute Angebote und Prämien anzubieten sowie die Verwaltungskosten möglichst tief zu halten.

Als ein Mittel der Kostendämpfung wird immer wieder die Einheitskasse angeführt, weil ein Teil der Kosten des Wettbewerbs von vornherein wegfallen.
Es gibt tatsächlich Kosten, die nicht mehr anfallen würden. Gewisse Werbekosten etwa oder auch die Kosten eines Versicherungswechsels. Auf der anderen Seite müssten die Versicherten auf die Vorteile verzichten, die der Wettbewerb mit sich bringt. Diese überwiegen aus meiner Sicht klar. So könnten die Kundinnen und Kunden den Anbieter nicht mehr wechseln, wenn sie unzufrieden sind. Und ohne Wettbewerb entfällt der Anreiz, attraktive Produkte und Prämien und einen guten Service anzubieten. Was die Verwaltungskosten betrifft, sind wir auch aus diesem Grund sehr effizient. Die Verwaltungskosten bei bestehenden Einheitskassen wie der Arbeitslosenversicherung oder der Suva  liegen eher im Bereich von 10 Prozent.

Bei den Krankenversicherern sind es knapp unter 5 Prozent. Sehen Sie da noch Sparpotenzial?
Ein Beispiel: Bei der CSS wurden im vergangenen Jahr rund 19,2 Millionen Rechnungen geprüft. Dabei haben wir 649 Millionen Franken falsch und zu viel verrechnete Leistungen festgestellt. Wären diese unentdeckt geblieben, hätte das einen direkten und substanziellen Einfluss auf die Prämien gehabt. Die Frage ist also: Wie viel Geld investieren wir wo und was erreichen wir damit?

Ihre Antwort darauf?
Wenn man über die 5 Prozent Verwaltungskosten spricht, dann darf man diese nicht per se als Kosten sehen. Es ist vielmehr eine Investition in Dienstleistungen und Produkte, die besser werden. Und es ist eine Investition in die Kostendämpfung.

Ein Rezept gegen stetig steigende Krankenkassen-Prämien: Mehr Kommunikation und Koordination zwischen den Akteuren.

Wie ist das Image der Krankenversicherer in der Öffentlichkeit?
Viele Krankenversicherer haben bei ihrer Kundschaft ein gutes Image. Die Branche hingegen hat hier noch Potenzial zur Verbesserung.

Weshalb ist das so?
Die Krankenversicherer sind der Fiebermesser des Gesundheitswesens: Wenn die Kosten steigen, steigen die Prämien. Wir sind die Überbringer der schlechten Botschaft, wenn wir im Herbst unsere Prämien erhöhen müssen. Zudem befinden sich Krankenversicherer in einem ständigen Clinch. Auf der einen Seite verhandeln sie mit den Leistungserbringern die Tarife, auf der anderen Seite sind die Versicherten, die möglichst tiefe Prämien möchten.

Wie sehen Sie das Gesundheitswesen der Zukunft?
Die Zukunft gehört der Integration und der Zusammenarbeit sämtlicher Akteure. Nur so können wir mit der medizinischen Entwicklung Schritt halten, die nicht nur mehr Möglichkeiten mit sich bringt, sondern auch mehr kostet. Wenn es uns nicht gelingt, effizienter zu werden, besser und enger zusammenzuarbeiten, dann wird das System irgendwann nicht mehr tragbar sein.

Die Reserven in der Grundversicherung entsprechen dreieinhalb Monatsausgaben. Dieses Niveau ist angemessen und rechtfertigt keine zusätzliche Regulierung. curafutura begrüsst deshalb die heutigen Entscheide des Ständerats, der die kantonalen Initiativen zur Festlegung einer verbindlichen Obergrenze für die Reserven abgelehnt hat.

Die Reserven der Krankenversicherer garantieren die finanzielle Stabilität des Gesundheitssystems und ermöglichen die Erstattung von Gesundheitsleistungen zu jedem Zeitpunkt. Es ist daher nicht sinnvoll, sie um jeden Preis zu reduzieren. Die kantonalen Initiativen schlagen jedoch vor, dass das vorherige Minimum von 150 % der Solvenzquote zum neuen Maximum erklärt wird.

Außerdem berücksichtigen die kantonalen Initiativen nicht, dass die Regulierung bereits im April vom Bundesrat geändert wurde, um Versicherern zu ermöglichen, vermehrt Reserven abzubauen. Die Änderung senkt das Mindestniveau der Reserven auf 100% der Solvenzquote. curafutura ist der Meinung, dass diese Änderung ihre Wirkung zeigen soll, bevor neue Regulierungsänderungen angestrebt werden.

Kontakt für Medienschaffende:

Medikamente werden durch die swissmedic zugelassen. Auf Antrag der Zulassungsinhaberin prüft das BAG mittels eines dafür vorgesehenen Verfahrens eine Aufnahme in die sogenannte Spezialitätenliste (SL). Dabei wird insbesondere der Erfüllung der Aufnahmekriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit hohes Gewicht beigemessen. Sie entscheiden über den Preis. Die in der vom BAG monatlich aktualisierten Spezialiätenliste aufgenommenen Medikamente müssen von der OKP zum aufgeführten Preis vergütet werden.

Die Art. 71a – 71d KVV («Art. 71a-d KVV») regeln die Vergütung von Arzneimitteln, die eine Ausnahmeregelung erhalten haben. Das sind Arzneimittel, die sich ausserhalb der festgelegten Vergütung gemäss Spezialitätenliste (SL) befinden, die bereits zugelassen sind, sich jedoch (noch) nicht auf der SL-Liste befinden,  oder die in der Schweiz (noch) nicht zugelassen sind. In Ausnahmefällen können solche Arzneimittel-Therapien übernommen werden, wenn die in Art. 71a-d KVV aufgeführten Kriterien erfüllt sind. Medikamentöse Therapien, die ausserhalb der regulären Vergütungspflicht (Spezialitätenliste, Art. 52 KVG) eingesetzt werden, werden als off-limitatio, off-label und unlicensed use bezeichnet (vereinfacht auch «off-label use» genannt) und unterstehen grundsätzlich keiner Vergütungspflicht.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in den Art. 71a-d KVV wurden nach dem Bundesgerichtsurteil zu Myozyme im Jahr 2011 erstmals eingeführt und im Jahr 2017 erstmals revidiert. Ein Monitoring zur Umsetzung des Artikels wurde zweimal durchgeführt, letztmals 2019/2020 (Evaluationen BAG). In den letzten zehn Jahren wurden den Krankenversicherern von Leistungserbringer-, Patienten- und Pharmaindustrieseite wiederholt Ungleichbehandlung und Zugangsverweigerung vorgeworfen.

Die Leistungserbringer, die ein Medikament ausserhalb der Zulassung und Kassenvergütung anwenden

möchten, können für den Einzallfall ein Kostenübernahmegesuch an die Krankenversicherung des Patienten stellen. Sind die in Art. 71a-d KVV aufgeführten Bedingungen für die Anwendung erfüllt und kann ein grosser Nutzen für den Patienten erwartet werden, kann die Krankenversicherung die Kosten übernehmen. Die Höhe der übernommenen Medikamentenkosten werden mit der Zulassungsinhaberin verhandelt. Der vergütete Preis muss unterhalb des auf der Spezialitätenliste aufgeführten Preises liegen.

Die wichtigsten Herausforderungen können wie folgt zusammengefasst werden:

Entgegen ersten Hochrechnungen konnten die Spitäler im Pandemiejahr 2020 ihr Leistungsvolumen in der OKP gegenüber dem Vorjahr halten. Dies zeigen die Auswertungen von curafutura, die aufgrund der effektiv erbrachten Leistungen des Jahres 2020 erhoben wurden. Damit hat die Pandemie zu einer natürlichen Stagnation des Leistungsumfanges geführt.

curafutura hat die im Pandemiejahr 2020 erbrachten Leistungen in der OKP aufgelistet und kommt zum Schluss:  Die Spitäler haben mit einer geringen Abweichung von -0,4 Prozent fast gleich viele Leistungen im Bereich der Grundversicherung erbringen können wie im Jahr davor. Waren es im Jahr 2019 Leistungen im Umfang von 13,03 Milliarden Franken, so sind es im Jahr 2020 solche von 12,98 Milliarden Franken. Über alle Leistungserbringer gesehen resultiert ein Plus von 1 Prozent (siehe Kasten).

Das Ergebnis ist darum überraschend, weil die Spitäler ursprünglich aufgrund der Pandemie und des Zurückstellens von Operationen mit einem deutlichen Rückgang der Leistungen in Milliardenhöhe gerechnet haben. Das ist nun nicht eingetroffen. Forderungen bezüglich einer finanzieller Unterstützung durch die Prämienzahlenden sind damit vom Tisch.

Der Überblick über die einzelnen Leistungserbringer zeigt: Die Pandemie hat sich unterschiedlich auf die einzelnen Leistungserbringer ausgewirkt. Während das Leistungsvolumen bei den Ärzten gegenüber dem Vorjahr ebenfalls stabil geblieben ist (+0,2 Prozent), hat es bei den Pflegeheimen um 7,1 Prozent zugenommen und bei den Laboratorien um 6 Prozent, derweil es bei den Physiotherapeutinnen um 6,4 Prozent zurück ging. Bei den Spitexorganisationen nahm es um 3,4 Prozent zu und bei den Apotheken um 4,2 Prozent.

Pius Zängerle, Direktor von curafutura, bilanziert: «Die Pandemie hat die Situation bei den Spitälern in Bezug auf ihr Leistungswachstum kurzfristig stabilisiert. Das ist im Prinzip wünschenswert.» Bei der Entwicklung der Gesundheitskosten hingegen rechnet er künftig wieder mit einer Leistungsausweitung, dies unter anderem aufgrund der demografischen Entwicklung sowie des technischen Fortschritt. Deshalb sei es so wichtig, so Zängerle, dass mittels gezielter Massnahmen versucht werde, diese Dynamik zu verlangsamen. 

curafutura hat die ausgabenstärksten Medikamente aus der Liste der diesjährigen Dreijahresüberprüfung auf ihre Preispolitik untersucht. Teilweise ist der aktuelle Preis um beinahe 100 Prozent höher als er eigentlich sein sollte. Vor allem das Antiepileptikum Lyrica oder etwa das Antianämikum Aranesp sind nach Berechnungen von curafutura stark überteuert. Würden alle Medikamente dieser Tranche 2021 korrekt berechnet, ergäbe sich ein Einsparpotential von rund 250 Millionen Franken.

Das Antiepileptikum Lyrica, der Blutverdünner Xarelto oder das Antianämikum Aranesp sind dieses Jahr auf der Liste jener Medikamente, die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Rahmen der Dreijahresüberprüfung unter die Lupe genommen werden. curafutura hat diese drei Medikamente sowie 17 weitere, die zur Überprüfung beim BAG aufgelistet sind, analysiert und ihre Empfehlungen an das Bundesamt für Gesundheit adressiert. Es handelt sich um die 20 ausgabenstärksten Medikamente derjenigen Tranche, die in diesem Jahr vom Bund analysiert wird. Alleine aus der Überprüfung dieser 20 Medikamente ergibt sich laut curafutura ein Sparpotential von geschätzten 16 Prozent auf den Fabrikabgabepreisen. Das sind 115 Millionen Franken.

Aus der Analyse aller vom BAG zu prüfenden Medikamente resultiert laut curafutura ein Einsparpotential von 12 Prozent, das sind rund 250 Millionen Franken.

Es sind vor allem folgende drei Medikamente der Top-20-Liste von curafutura, die gemäss Analyse stark überteuert sind:

Der Fabrikabgabepreis des Antiepileptikum Lyrica (75 mg/56 Kapseln) liegt aktuell bei 54.05 Franken anstelle von 27.11 Franken, wie die Überprüfung von curafutura ergab. Damit ist der Preis fast 100 Prozent höher als es Berechnungen ergeben, die auf wirtschaftlichen Kriterien fussen. Auch das Antianaemikum Aranesp (inj. Lösung 500 mcg mit Nadelschutz) ist zu teuer. Aktuell kostet die Fabrikabgabe 1140.31 Franken, dabei wären 584.48 Franken angebracht. Ähnlich überteuert ist Duodart (Kapsel 0.5mg/0,4mg, 90 Stück), ein Medikament, das zur Therapie bei Prostatahyperplasie zum Einsatz kommt. Dieses kostet aktuell 95.21 Franken (Fabrikabgabepreis) anstatt der berechneten 64.52 Franken (Liste aller Medikamente der Top 20-Liste von curafutura siehe unten).

«Die Schweiz ist im internationalen Vergleich bei den Medikamenten nach wie vor eine Hochpreisinsel», sagt curafutura-Direktor Pius Zängerle zur aktuellen Situation. Auch liege das Ausgabenwachstum trotz preislicher Massnahmen nach wie vor über dem allgemeinen Wachstum der Ausgaben in der Grundversicherung. Diesen Umstand gelte es mit wirkungsvollen Massnahmen zu beheben.

Die 3-Jahresüberprüfung des BAG wurde erstmals im Jahr 2012 durchgeführt. 2016 hatte dieses mittels einer Auslosung die heute bestehende Reihenfolge der zu überprüfenden Medikamente festgelegt. Eine der aktuellen Herausforderungen besteht darin, dass immer wieder Medikamente nicht überprüft werden, die eigentlich an der Reihe zur Analyse wären. Es handelt sich um Produkte, die von der systematischen Überprüfung aufgrund von Veränderungen befreit sind – beispielsweise wegen einer anderen Indikation.

curafutura setzt sich dafür ein, dass die Überprüfung jährlich stattfindet, weil so die Einsparungen direkt realisiert werden können. Die systematische Überprüfung der Medikamentenpreise ist die wichtigste Massnahme, um das Niveau der Medikamentenpreise zu senken.

Es gibt aber auch weitere Massnahmen, die helfen würden, die Medikamentenpreise zu senken. So wäre es unter anderem wirksam, wenn die gleichen Indikationen und die gleichen Therapiestandards verglichen würden – unabhängig davon, ob das Medikament patentgeschützt ist oder nicht. Bei den Antikaoagulantien (Faktor Xa Inhibitoren) könnten so beispielsweise mehr als 100 Mio CHF zusätzlich eingespart werden.

Aber auch der Vorschlag zu einer anreizneutralen Margenregelung, welche die Marktdurchdringung von kostengünstigen, patentabgelaufenen Medikamenten (Generika/Biosimilar) fördern würde, zielt in die gewünschte Richtung.

Dasselbe würde für die Einführung von Preismodellen gelten, die auf der Prävalenz basieren, also der Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in einer Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Das damit verbundene Sparpotential wurde in einer Studie im Auftrag von curafutura im 2020 bei den 20 ausgabestärksten Medikamenten der OKP mit 242 Mio. CHF beziffert.

Auskünfte:

Entwicklungsschwerpunkte

Ab ihrer Stellungnahme zur SwissDRG-Version 7.0 hat curafutura die SwissDRG AG jährlich auf die lang überf.llige systematische Überarbeitung der CCL-Matrix hingewiesen. Mit der erfolgten komplexen Überarbeitung der PCCL-Methodik (v.a. der CCL-Matrix und der PCCL-Formel) kommt die SwissDRG AG dieser Aufforderung nun nach. curafutura begrüsst ausdrücklich die durchgeführten intensiven Arbeiten sowie die ausgewählte Variante, welche die Erweiterung der PCCL-Skalierung auf 6 Stufen, die Integration eines Shift-Parameters sowie die lineare Fortsetzung der Gewichtung der Nebendiagnosen ab dem PCCL-Wert von 3 beinhaltet. Mit diesen Umbauten ist inskünftig eine differenziertere und genauere Abbildung der Fallschwere, u.a. auch im Bereich der hochkomplexen Fälle, möglich.

Die im Rahmen der Systempräsentation erläuterten Umbauten bei einzelnen DRGs bzw. bei einzelnen Fallkonstellationen erscheinen uns sinnvoll. In diesem Zusammenhang würdigen wir im Hinblick auf die Einführung von ST Reha per 1.1.2022 insbesondere die Systemüberarbeitung im Bereich der Paraplegiologie. Ferner begrüssen wir auch die Abwertung des ICD-Kodes A41.9 (Sepsis, nicht näher bezeichnet), welche Aufgrund eines Antrags von curafutura erfolgte. Insgesamt stellen wir fest, dass durch die erfolgten Systemanpassungen die Systemgüte erneut verbessert werden konnte, und zwar bei gleichzeitiger Reduktion der Anzahl der DRGs, was ein lobenswertes Ergebnis ist.

Beseitigung der Fehlanreize

Da die zusätzlich kodierten Nebendiagnosen mit der neuen PCCL-Methodik stärker gewichtet werden, verstärkt sich der Fehlanreiz zur vermehrten Kodierung von Nebendiagnosen ohne relevanten Aufwand (Upcoding). Im Rahmen der Rechnungsprüfung stellen die Versicherer bereits heute eine Tendenz zu solchen «Kodierungsoptimierungen» bei gewissen Spitälern fest. Die Aussage der SwissDRG AG, dass die Anzahl der kodierten Nebendiagnosen seit 2012 deutlich zugenommen hat, bestätigt diese Beobachtung.

curafutura ist deshalb der Ansicht, dass die bisherigen Massnahmen zur Beseitigung der Fehlanreize im Rahmen der Systemweiterentwicklung nicht ausreichend sind und dass diese ausgebaut und standardisiert werden müssen. Statistische Auffälligkeiten, wie z.B. zu häufige Kodierung bestimmter Haupt- oder Nebendiagnosen sowie Prozeduren sollten gezielt angegangen werden, indem diese abgewertet werden bzw. indem die Daten der auffälligen Spitäler nicht zur Systemweiterentwicklung herangezogen werden («Anreizeffekt»). Wir ersuchen die SwissDRG AG in der nächsten Systempräsentation aufzuzeigen, welche bestehenden und zusätzlichen Massnahmen in diesem Bereich getroffen werden.

Transparenz hinsichtlich der Deckungsgrade

Leider stellen wir fest, dass in der Systempräsentation weiterhin keine Angaben zu den Deckungsgraden der speziellen Leistungsbereiche wie Palliative Care, Paraplegiologie oder Frührehabilitation (bereits in der Stellungnahme zur V 9.0 von curafutura gemeldet) gemacht werden. Die Transparenz der Abbildung gerade in diesen Bereichen erachten wir nach wie vor als zwingend. Wir ersuchen die SwissDRG AG erneut, diese Angaben bei den künftigen Versionen auszuweisen.

Fazit

curafutura stimmt der Version 11.0 unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Punkte durch die SwissDRG AG zu. Wir durften bereits vor einiger Zeit feststellen, dass die SwissDRG AG inzwischen – gestützt auf die Ausführungen des Bundesrates im Bericht «Kriterien für die Repräsentativität bei der Unterzeichnung von Tarifverträgen im Gesundheitswesen» – die Ansicht von curafutura teilt, dass Handlungsbedarf im Sinne der Einräumung eines Mitspracherechts von curafutura in der SwissDRG AG besteht. Herr Bundesrat Alain Berset hat sich bereits mit Schreiben vom 14. November 2017 für ein Mitspracherecht aller Krankenversicherer im Verwaltungsrat der Swiss DRG AG ausgesprochen.

curafutura vertritt ca. 42 % der Versicherten in der Schweiz. Es ist daher unsere Erwartung, dass curafutura als ein zentraler Akteur des Schweizer Gesundheitswesens in wichtige Entscheide bezüglich der Weiterentwicklung stationärer Tarifstrukturen einbezogen wird. Die Mitwirkung nach KVG Art. 43 Abs. 4 genügt curafutura nicht, weil ein systematischer Einbezug in sämtliche Prozesse zur Meinungsfindung und Beschlussfassung seitens der SwissDRG AG weiterhin fehlt.

Herr Thomas Christen, Vizedirektor und Leiter Direktionsbereich Kranken- und Unfallversicherung im BAG, hat diese Forderung zuletzt per Brief vom 31. März 2021 an Sie in Ihrer Funktion als Verwaltungsratspräsident der SwissDRG AG bestätigt. Demnach sei ein rascher Einbezug von curafutura in die SwissDRG AG zentral. Wir gehen somit gerne davon aus, dass curafutura bald in die SwissDRG AG aufgenommen wird zu Bedingungen, die nicht über diejenigen hinausgehen, die die anderen Gesellschafter erfüllen müssen. Wir freuen uns, bald einen vollwertigen, konstruktiven Beitrag zur Entwicklung der Swiss DRG AG und ihrer Tarifwerke leisten zu dürfen.