Regelwidriges Spiel der Gesundheitsdirektorenkonferenz

Verschiedentlich haben sich Vertreter der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) zu den Reserven der Krankenversicherer geäussert. Diese von den Versicherten finanzierten Reserven wären nach GDK-Ansicht geeignet, finanzielle Einbussen auszugleichen, die den Spitälern durch Covid-19 entstanden sind. Diese Ansicht ist falsch.

Gegen die Regeln

Das Geld in den Reserven gehört den Versicherten, sie haben diese Reserven aufgrund geltender Gesetze mit ihren Prämien geäufnet. Diese Reserven sind für den Bezug von Leistungen gedacht. Die GDK verlangt nun Geld für nicht erbrachte Leistungen. Dies widerspricht Regeln und Logik des Schweizer Gesundheitssystems. Der mit Prämien inkl. Reserven zu deckende Leistungsumfang ist klar definiert: Damit können die Versicherten auch im Falle eines grossen Ereignisses medizinische Leistungen beziehen und ihre Versicherer können diese bezahlen. Die Covid-19-Pandemie ist ein solches Ereignis. Die Versicherten und die Krankenversicherer haben sich darauf vorbereitet. Die GDK ihrerseits scheint nicht vorbereitet. Es wäre jetzt an der Zeit, statt nach den gemeinsam ersparten Geldern der Versicherten zu schielen, einen kritischen Blick auf das Resultat eigener Unterlassungen zu wagen und die Herausforderungen der Zukunft anzugehen. Wie zum Beispiel die unnötig grosse Anzahl von Spitälern und die bisher nur zaghaft erfolgte regionale Koordination in der Schweiz.

Gesundheitskommission des Ständerats tritt auf EFAS-Vorlage ein

Die ständerätliche Gesundheitskommission (SGK-S) ist in ihrer Sitzung vom 11. Februar 2020 auf die Vorlage des Nationalrats zur einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen (EFAS) eingetreten. Die EFAS-Partner begrüssen dieses wichtige Etappenziel und sind erfreut, dass diese wegweisende Reform nun weiter an Fahrt aufnimmt.

Die EFAS-Partner sind erfreut über das Eintreten der SGK-S auf die nationalrätliche EFAS-Vorlage. Der gestrige Entscheid zeigt, dass die neu zusammengesetzte ständerätliche Kommission sich der Bedeutung dieser wichtigen Reform für das Schweizer Gesundheitswesen bewusst ist. Die EFAS-Allianz wertet dies als positives Signal dafür, dass die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen realisiert werden könnte.

EFAS wird breit unterstützt. Der EFAS-Allianz gehören curafutura, santésuisse, der Schweizerische Versicherungsverband SVV, FMH, fmc, FMCH, GELIKO, das Bündnis Freiheitliches Gesundheitswesen, das Forum Gesundheit Schweiz, Interpharma, medswiss.net, pharmaSuisse, RVK, der SBV, das Schweizerische Konsumentenforum kf, SPO Schweizerische Patientenorganisation und vips an.

Die Krankenversicherer haben sich auf eine Vereinbarung gegen die telefonische Kaltakquise und für die Begrenzung der Provisionen geeinigt. Diese betrifft die Grund- und die Zusatzversicherungen. Mit verbindlichen Qualitäts- und Transparenzmassnahmen soll mehr Rechtssicherheit zu Gunsten der Kundinnen und Kunden geschaffen werden. Die freiwillige Vereinbarung tritt per 1. Januar 2021 in Kraft.

Die Branchenverbände curafutura und santésuisse haben die gemeinsam erarbeitete neue «Branchenvereinbarung Vermittler» unterschrieben. Darin werden die Qualität der Beratung und die Entschädigung an die Vermittler in der Kundenwerbung verbindlich geregelt. Diese Vereinbarung tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. Vermittlerverträge, die der neuen Vereinbarung widersprechen, müssen nun spätestens per 31.12.2020 gekündigt werden. Der Vereinbarung sind bereits 40 Krankenversicherer beigetreten.

Verzicht auf telefonische Kaltakquise

Mittelpunkt der neuen Branchenvereinbarung ist der Verzicht der Krankenversicherer auf die telefonische Kaltakquise. Dadurch sollen unerwünschte Telefonanrufe vermieden werden. Provisionen sind in der Grundversicherung auf maximal CHF 70.- und bei den Krankenzusatzversicherungen auf eine Jahresprämie begrenzt.

Schiedsgericht kann hohe Bussen verhängen

Durch die Vereinbarung können griffige Sanktionen verhängt werden: Ein Schiedsgericht, zusammengesetzt aus je einem Vertreter der beiden Verbände sowie des Konsumentenschutzes, kann Bussen bis zu CHF 100‘000.- in der Grundversicherung und CHF 500‘000.- in den Zusatzversicherungen aussprechen.

Umfassende Qualitätsstandards

Zudem sieht die Branchenvereinbarung umfangreiche zusätzliche Massnahmen zur Qualitätssicherung vor: Unter anderem sollen Versicherer nur noch mit Vermittlern zusammenarbeiten, die sich zu umfassender Transparenz gegenüber der Kundschaft verpflichten. Diese Transparenz umfasst u.a. eine schriftliche Bestätigung von telefonischen Vertragsabschlüssen unter Gewährung eines Widerrufsrechts innert 14 Tagen. Dabei dürfen diese Abschlüsse nicht auf Kaltakquise zurückgehen. Weiter werden eingereichte Versicherungsanträge von den Versicherern nur dann entschädigt, wenn dazu Beratungsprotokolle vorliegen, die den Qualitätsstandards genügen. Im Beschwerdefall oder bei Stichprobenkontrollen müssen die Versicherer die Gesamtdokumentation zu den Kundenterminen offenlegen.

Warten auf die gesetzliche Allgemeinverbindlichkeit

Der Beitritt zur neuen Branchenvereinbarung erfolgt freiwillig. Allerdings streben die Branchenverbände curafutura und santésuisse ein für alle Marktteilnehmenden geltendes Obligatorium der Branchenvereinbarung an. Entsprechende parlamentarische Vorstösse hat das Parlament 2019 an den Bundesrat überwiesen. Der Bundesrat hat für das Frühjahr 2020 die Vernehmlassung zu den notwendigen Gesetzesänderungen angekündigt.

Darum geht es

Wer eine Leistung ohne finanzielle Beteiligung beziehen darf, wird dies eher tun, als wenn sie oder er einen finanziellen Beitrag selber trägt. Die Versicherungsökonomie hat einen Namen für dieses Verhalten: Moral Hazard (auf deutsch: Moralisches Risiko).

Um diesem Verhalten entgegenzuwirken, kennt jede Versicherung das Instrument der Kostenbeteiligung. In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) existieren verschiedene Formen von Kostenbeteiligungen: Die ersten medizinischen Behandlungskosten eines Kalenderjahrs müssen bis zu einem bestimmten Frankenbetrag selber bezahlt werden (Franchise). Ab diesem Frankenbetrag erfolgt eine anteilsmässige Kostenbeteiligung durch die versicherte Person (Selbstbehalt von 10% und Beitrag während eines Spitalaufenthalts).

Die Höhe der Franchise kann vor Versicherungsbeginn von der versicherten Person gewählt werden. Erwachsene Versicherte können zwischen der Mindestfranchise von jährlich 300 Franken sowie weiteren, sogenannten Wahlfranchisen von 500 bis 2’500 Franken wählen (jeweils in 500er-Schritten). Die Versicherungsprämie hängt dabei von der Höhe der Franchise ab: Je höher die Franchise, desto tiefer die Prämie. Der Selbstbehalt von 10% beläuft sich auf höchstens 700 Franken pro Jahr, der Beitrag an die Kosten eines Spitalaufenthalts auf 15 Franken pro Tag. Die genauen Frankenbeträge sowie weitere Einzelheiten zu den Kostenbeteiligungen werden vom Bundesrat in der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) festgelegt.

Die Position von curafutura

curafutura unterstützt das heutige System der Kostenbeteiligungen. Dieses hat sich bewährt und führt nachweislich zu einem höheren Kostenbewusstsein und tieferen Gesundheitskosten. Eine Reduktion der Franchisen lehnt curafutura entschieden ab. Die Franchisen müssen zudem der Kostenentwicklung der OKP folgen und periodisch angepasst werden.

Begründung

(1) Einsparungen in Milliardenhöhe

Verschiedene nationale und internationale Studien bestätigen den Spareffekt der Kostenbeteilgungen. Gemäss einer dieser Studien werden in der Schweiz von Versicherten mit hohen Franchisen jährlich 1,1 Milliarden Franken eingespart.[1] Die Aufhebung der Wahlfranchisen würde die Prämien auf einen Schlag um 5% erhöhen. Das moralische Risiko ist nicht nur ein theoretisches Konzept, sondern zeigt eine klare Evidenz. Das durch Kostenbeteiligungen hervorgerufene Kostenbewusstsein in der OKP ist deutlich.

(2) Solidarität hin und zurück

Die Solidarität des Kollektivs gegenüber dem Individuum ist eine zentrales Element der sozialen Krankenversicherung. Eine vollständige Solidarität ohne jegliche Kostenbeteiligung führt aber zu höheren Gesundheitskosten und höheren Prämien (s. oben). Deshalb ist eine direkte Beteiligung an die eigenen Gesundheitskosten wichtig. Das Individuum übernimmt dadurch mehr Veranwortung und verhält sich kostenbewusster. Die Solidarität in der sozialen Krankenversicherung muss auf Gegenseitigkeit beruhen: Vom Kollektiv hin zum Individuum und ebenso vom Individuum hin zum Kollektiv.

(3) Franchisen müssen der Kostenentwicklung folgen

Seit 2004 wurden die aktuellen Franchisen nicht mehr angepasst. Während dieser Zeit sind die von den Krankenversicherern übernommenen Kosten stärker gestiegen als die Kostenbeteiligungen der versicherten Personen. Der durch das Individuum beeinflussbare Kostenanteil ist dadurch gesunken, die damit gekoppelte kostendämpfende Wirkung auf die Gesamtkosten auch. Eine Erhöhung der Franchisen ist deshalb angezeigt. Inskünftig müssen diese periodisch überprüft und an die allgemeine Kostenentwicklung angepasst werden.

[1] Schmid Christian & Konstantin Beck (2015). Wirken hohe Franchisen kostendämpfend? Schweizerische Ärztezeitung, 96(35): 1238-1239.

Rund 10 Jahre nachdem die Parlamentarische Initiative zur einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen eingereicht wurde, sagt der Nationalrat heute Ja zu EFAS. Die EFAS-Partner nehmen diesen Entscheid mit Freude zur Kenntnis und begrüssen, dass sich der Nationalrat nicht durch die Diskussionen über ein Kantonsreferendum beeindrucken liess. Der Nationalrat und die wichtigen Gesundheitsakteure sind sich offenbar einig, dass die neue Finanzierung im Interesse der Steuer- und Prämienzahlenden ist und diese bedeutende Reform deshalb zügig umgesetzt werden muss. Nun ist der Ständerat als Zweitrat am Ball und hat es in der Hand, diese bedeutende Reform rasch voranzutreiben, damit Prämien- und Steuerzahlende dank Effizienzerhöhung entlastet werden.

Mit der Annahme des Erlassentwurfs zur einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen durch den Nationalrat wurde heute ein wegweisender Schritt für die weitere Entwicklung unseres Gesundheitswesens in Richtung mehr Qualität und Effizienz getan. Mit EFAS wird die künftige Finanzierungslast sozialverträglicher verteilt. Aber nicht nur das: Die Einführung der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen ist aus Sicht der EFAS-Partner dringend notwendig, um Fehlanreize zu beseitigen, die Kosten ohne Einbusse bei der Versorgungsqualität zu dämpfen und die Integrierte Versorgung zu stärken. So können Prämien- und Steuerzahlende entlastet werden.

Zeitnahe Umsetzung ermöglichen

EFAS befindet sich seit über zehn Jahren in Diskussion. Die vom Nationalrat verabschiedete Vorlage ist pragmatisch und wird von einer breiten Allianz von Akteuren im Gesundheitswesen getragen. Als Zweitrat hat der Ständerat nun die Möglichkeit, den Erlassentwurf zu prüfen und zu diskutieren. Die EFAS-Partner fordern den Ständerat auf, im Sinne der Prämien- und Steuerzahlenden zu agieren und dieser wichtigen, grundlegenden Reform zu einer zeitnahen Umsetzung zu verhelfen. EFAS darf nicht an politischen Blockaden scheitern. Den Einbezug der Langzeitpflege in EFAS, wie dies die Kantone fordern, würde die Reform zum jetzigen Zeitpunkt gefährden und die Umsetzung verzögern. Die EFAS-Partner sind sich der Problematik der zunehmenden Kosten der Langzeitpflege bewusst, halten in diesem Zusammenhang jedoch fest, dass die geforderten Abklärungen zur Herstellung der Kostentransparenz im Bereich Langzeitpflege bereits laufen. Nun gilt es, EFAS im Akutbereich möglichst rasch umzusetzen.

Das BAG könnte zur Prämienersparnis der Krankenversicherten in Millionenhöhe beitragen

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat den Auftrag, die Medikamentenpreise der Schweiz in einem Turnus von drei Jahren zu überprüfen. Noch gelingt dies dem BAG nicht vollständig, was das hohe Niveau der Pro-Kopf-Ausgaben bei den Medikamenten in der Schweiz zusätzlich stützt. curafutura rechnet in der vom BAG derzeit bearbeiteten Tranche mit Einsparungen von ca. Fr. 140 Millionen. curafutura fordert eine konsequentere Überprüfung der Aufnahmebedingungen und der Medikamentenpreise.

Das BAG kommt dem gesetzlich vorgegebenen Auftrag der sog. Dreijahresüberprüfung der Medikamentenprüfung nur unvollständig nach. Insgesamt sollte das BAG rund 3’750 Packungen auf ihre Aufnahmebedingungen überprüfen, allerdings wird jeweils lediglich ein Drittel der Packungen aus Gründen knapper Personalressourcen überprüft. Im Zentrum steht die Erfüllung aller Aufnahmekriterien für die Kostenübernahme und im Speziellen die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit. Sie erfolgt anhand  zweier Kriterien: 1) dem Auslandspreisvergleich als Durchschnittspreis aus den neun Vergleichsländern und 2) dem therapeutischen Vergleich mit Medikamenten für die gleiche Erkrankung. Beide Kriterien werden gleich gewichtet. Was die Wirtschaftlichkeit angeht, sollte jedoch gemäss Artikel 43 Abs. 6 des Krankenversicherungsgesetzes auch die Kostengünstigkeit durch das BAG berücksichtigt werden. Dieser Spareffekt zur Linderung der Prämienlast wird verschenkt. So müssen bei einem identischen Wirkstoff sowohl die günstigste wie die teuerste Variante vergütet werden.

Sparpotenzial von 140 Millionen Franken bei aktueller Tranche

Bei der gegenwärtigen Tranche der überprüften Medikamente liegt das Sparpotenzial nach Berechnungen von curafutura bei ca. Fr. 140 Millionen. curafutura fordert in einem ersten Schritt die konsequente Überprüfung aller Medikamente dahingehend, ob die Aufnahmebedingungen ohne Ausnahmen erfüllt sind. In einem weiteren Schritt muss das BAG die .berprüfungsintervalle aller Medikamentenpreise auf ein Jahr verkürzen. Damit kann sichergestellt werden, dass nur die Kosten wirksamer, zweckmässiger und wirtschaftlicher Medikamente übernommen werden und den Prämienzahlenden die Einsparung innert nützlicher Frist zugute kommt.

Nach über dreieinhalbjähriger Arbeit steht die neue ambulante Tarifstruktur TARDOC der gemeinsamen Tariforganisation ats-tms AG bereit. TARDOC löst TARMED ab. Die Tarifpartner FMH und curafutura haben TARDOC dem Bundesrat zur Genehmigung und Inkraftsetzung per 1.1.2021 eingereicht.

Die Abrechnung ambulanter ärztlicher Leistungen wird seit 2004 mit dem sogenannten TARMED abgewickelt. Im TARMED sind alle ambulanten Arztleistungen abgebildet. Der TARMED ist veraltet und eine Revision war überfällig.

Was ist neu?

Eine neue Tarifstruktur zu erarbeiten, die für die Tarifpartner tragbar und konsensfähig ist, erwies sich als äusserst anspruchsvoll. Die verwendeten Kostenmodelle sind dem heutigen Stand der Medizin, der Medizinaltechnik und dem heutigen Personalaufwand angepasst. Die Behandlungsdauer der einzelnen Leistungen ist aktualisiert. Dank medizinischem und technischem Fortschritt sind viele Untersuchungen heute weniger zeitaufwändig, neue Leistungen sind dazugekommen. Gleichzeitig führte die rasante Professionalisierung des nichtärztlichen Personals in den letzten 20 Jahren zu neuen Leistungen, die im heutigen TARMED nicht abgebildet sind. Die Tarifstruktur wurde vereinfacht. So sind rein stationäre Leistungen eliminiert und der Leistungskatalog von heute 4600 Positionen auf rund 2700 Positionen reduziert. Die Anwendungs- und Abrechnungsregeln sind unter Einbezug der medizinischen Fachgesellschaften neu festgelegt.

Wie geht es weiter?

FMH und curafutura haben die vorliegende Tarifstruktur TARDOC dem Bundesrat eingereicht. Die MTK muss kein Gesuch einreichen. FMH und curafutura bekennen sich zum Prinzip der Kostenneutralität gemäss Artikel 59c Abs. 1 lit c KVV. Leistungserbringer und Versicherer haben aber unterschiedliche Auffassungen, wie die kostenneutrale Überführung von TARMED zu TARDOC umzusetzen ist und reichen daher zwei Varianten der Tarifstruktur ein. Die beiden Versionen unterscheiden sich einzig in der Anzahl der Taxpunkte.