curafutura lehnt eine detaillierte Datensammlung auf Stufe der versicherten Personen (Individualdaten) ab. Zur Erfüllung der Aufgaben der Aufsichtsbehörde genügen aggregierte Daten.

Eine erweiterte Datenlieferung im ambulanten Tarifbereich lehnt curafutura ebenfalls ab, einerseits aufgrund der bereits bestehenden Datenerhebung des BFS und andererseits, weil der Verwendungszweck nicht klar aus den gesetzlichen Bestimmungen hervorgeht.

curafutura unterstützt die Aufnahme des Experimentierartikels im KVG. Der im Verordnungsentwurf unterbreitete Umsetzungsvorschlag ist jedoch bürokratisch und zentralistisch ausgestaltet und muss deshalb grundlegend überarbeitet werden.

Die Verbände der Psychologinnen und Psychologen (Psy-Verbände), H+ Die Spitäler der Schweiz, curafutura und die Einkaufsgemeinschaft HSK haben eine Tarifvereinbarung über die von der Grundversicherung vergütete, psychologische Psychotherapie getroffen. Der Tarif, der auf einer vollständigen und praktikablen Tarifstruktur basiert, ermöglicht für psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ab dem 1. Juli 2022 eine selbstständige Behandlungstätigkeit. Die Psy-Verbände und H+ fordern gemeinsam mit curafutura und der Einkaufsgemeinschaft HSK den Bund und die Kantone auf, die erarbeitete Tarifstruktur und den vereinbarten Tarif– im Interesse der von psychischen Erkrankungen betroffenen Patientinnen und Patienten – für die ganze Schweiz zu genehmigen.

Um die Versorgungssituation von Psychotherapieleistungen zu verbessern und Betroffenen den Zugang zur Behandlung zu erleichtern, hat der Bundesrat beschlossen, dass die psychologische Psychotherapie ab dem 1. Juli 2022 von der Grundversicherung übernommen wird, sofern sie ärztlich angeordnet ist und bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Die Psy-Verbände und H+ haben mit curafutura und der Einkaufsgemeinschaft HSK intensive Verhandlungen geführt, um das neue Modell (Anordnungsmodell) einzuführen. Dies mit dem Ziel, eine Einigung über eine angemessene Tarifstruktur und einen angemessenen Tarif zu erzielen. Die Vertragsparteien bedauern, dass keine branchenweite Lösung erzielt werden konnte, und würden es sehr begrüssen, wenn sich die übrigen Krankenversicherer der jetzt vorliegenden Übergangslösung anschliessen. Der Tarif wurde auf 154.80 CHF pro Stunde festgelegt und gilt längstens bis zum 31.12.2024. Die Befristung begründet sich in der vorhandenen Datenlage in der Einführungsphase und wird es den Leistungserbringern erlauben, weitere Kosten- und Leistungsdaten zu erheben. Gleichzeitig sichert die Übergangslösung die geordnete Einführung des Anordnungsmodells auf den 1. Juli 2022.

Versorgungssicherheit garantieren

Das derzeitige System erlaubt es psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nicht, ihre Leistungen über die Grundversicherung abzurechnen, es sei denn, sie sind in einer psychiatrischen Praxis oder Klinik angestellt und dort in Delegation tätig. Der bisherige Delegationstarif basiert auf TARMED und damit auf einer veralteten Tarifstruktur. Er bezieht sich auf eine Tätigkeit als Angestellte in einer psychiatrischen Praxis oder Klinik. Dies wird sich in Zukunft durch das Anordnungsmodell ändern. Dadurch soll der Beruf der psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten attraktiver werden und somit die Versorgungssicherheit langfristig gesichert werden.

Der Nationalrat in der Überregulierungsfalle?

curafutura bedauert den Entscheid des Nationalrates, die Reservenregelung in der Krankenversicherung erneut zu ändern und eine verbindliche Obergrenze von 150% bei der Solvenzquote einzuführen. Der Abbau der Reserven wurde bereits im Jahr 2021 erleichtert und die Reform hat sich als wirksam erwiesen: 380 Millionen Franken wurden an die Versicherten zurückgegeben. Eine verbindliche Obergrenze ist daher nicht notwendig. Die Versicherer stehen in Konkurrenz zueinander. Entsprechend versuchen sie, möglichst niedrige Prämien anzubieten und haben kein Interesse daran, zu hohe Reserven zu bilden.

Angesichts des starken Kostenanstiegs im Jahr 2021 und zu Beginn des Jahres 2022 ist es zudem positiv, dass die Versicherer über Reserven verfügen, die es ihnen ermöglichen, die Prämienentwicklung abzufedern. Heute entsprechen die Reserven in der Grundversicherung nur vier Monatsausgaben. Dieses Niveau ist angemessen und rechtfertigt keine zusätzliche Regulierung.

Die Reserven der Krankenversicherer garantieren die finanzielle Stabilität des Gesundheitssystems und ermöglichen die Erstattung von Gesundheitsleistungen zu jedem Zeitpunkt. Es ist daher nicht sinnvoll, sie um jeden Preis zu reduzieren. Der Nationalrat hat jedoch heute einen Vorschlag angenommen, der das vorherige Minimum von 150 % der Solvenzquote zum neuen Maximum erklärt. Das wäre für die Stabilität des Systems (Finanzierung der Leistungen) Risiko behaftet und für die Versicherten (Prämienerhöhungen) mit negativen Konsequenzen verbunden.

Die Tarifpartnerschaft ist stark in Mitleidenschaft gezogen und das Vertrauen in den Bundesrat beschädigt. Damit ist die Revision auf Jahre hinaus verzögert

Die Nicht-Genehmigung des neuen Arzttarifs TARDOC durch den Bundesrat wird auf Kosten der Patienten, Versicherten und Ärzte gehen. Die Tarifpartner curafutura und FMH bedauern den unverständlichen Entscheid, da der Tarif TARDOC einerseits die gesetzlichen Genehmigungskriterien erfüllt und andererseits durch Effizienzsteigerung und Beseitigung von Fehlanreizen eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem veralteten TARMED gebracht hätte. Für FMH und curafutura ist das Vertrauen zwischen den Tarifpartnern und der Genehmigungsbehörde beschädigt und sie befürchten, dass die Verzögerung beim Arzttarif, auf den ein Drittel der Prämien entfallen, über weitere Jahre andauern wird. Dafür trägt der gesamte Bundesrat die Verantwortung.

Der Arzttarif TARDOC ist dem Bundesrat bereits 2019 zur Genehmigung vorgelegt und gemäss den Forderungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) im Juni 2020, im März 2021 und im Dezember 2021 dreimal ergänzt und nachgereicht worden. Der TARDOC erfüllt die gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen. Erstens vereint er alle Leistungserbringer (FMH, H+) und die Mehrheit der Versicherer (curafutura, SWICA und MTK). Und zweitens gewährleistet er die Kostenneutralität mit einem Konzept, das sicherstellt, dass der Übergang vom alten TARMED zum neuen TARDOC keine Mehrkosten zur Folge hat. Die Empfehlung des Bundesrates vom Juni 2021 wurde erfüllt (Kostenneutralitätsphase auf 3 Jahre verlängert). Der Bundesrat verändert nun erneut die Spielregeln bezüglich Kostenneutralität. Der Entscheid des Bundesrates, den TARDOC nicht zu genehmigen, ist daher für die Tarifpartner FMH, curafutura und MTK nicht nachvollziehbar.

Die Nicht-Genehmigung des TARDOC verurteilt die Akteure des Gesundheitssystems dazu, weiterhin mit dem veralteten TARMED zu arbeiten, der seit 2004 in Kraft ist und nicht mehr der heutigen modernen Medizin entspricht. Die falschen Anreize, die über die Zeit durch den TARMED entstanden sind, werden fortbestehen, ebenso wie die finanzielle Verschwendung aufgrund einer schlechten Ressourcenallokation. Auch die gewollte Stärkung der Grundversorgung durch Haus- und Kinderärzte wird auf Jahre hinaus verhindert.

Vertrauen beschädigt und Tarifpartnerschaft geschwächt

Die Nicht-Genehmigung des TARDOC durch den Bundesrat stellt zudem die Tarifpartnerschaft als zentralen Pfeiler des KVG grundsätzlich in Frage, indem die grosse Arbeit faktisch ignoriert wird, die während zehn Jahren seit der Lancierung des Projekts für einen neuen Arzttarif geleistet wurde. Vor diesem Hintergrund wird es den Tarifpartnern schwerfallen, sich an weiteren umfangreichen Tarifarbeiten zu beteiligen, da sie befürchten müssen, dass diese von der Genehmigungsbehörde nicht gebührend aufgenommen werden. Die Nicht-Genehmigung des TARDOC durch den Bundesrat bestraft diejenigen Tarifpartner, die nach Lösungen gesucht haben, und belohnt diejenige Partei, die sich mit einer Verweigerungshaltung für den Status quo entschieden hat. Der Entscheid signalisiert: Jeder Tarifpartner kann mit seinem Veto die konstruktive Lösung einer Mehrheit verhindern.

Die Tarifpartner curafutura und FMH werden den Entscheid des Bundesrates nun eingehend analysieren und  über das weitere Vorgehen entscheiden. Klar ist jedoch, dass es nicht möglich sein wird, den TARMED rasch abzulösen. In diesem Sinne ist die Nicht-Genehmigung des TARDOC eine riesige verpasste Chance und wird eine sachgerechte Tarifierung der ärztlichen Leistungen auf Jahre hinaus verzögern. Darunter werden in erster Linie die Patientinnen und Patienten und die Prämienzahlenden leiden.

Yvonne Gilli, Präsidentin, FMH
«Der TARDOC bildet die moderne Medizin sachgerecht ab und vereint die grosse Mehrheit der Leistungserbringenden und auch der Versicherer. Die Leidtragenden dieser Nicht-Genehmigung sind die Patienten, weil im veralteten TARMED weder die interprofessionelle Zusammenarbeit, die Palliativmedizin, das separate Hausarztkapitel oder die Digitalisierung abgebildet sind. Mit diesem veralteten Tarif muss die Ärzteschaft jetzt weiterarbeiten.»
 
Pius Zängerle, Direktor curafutura
«Die Tarifpartnerschaft funktioniert. FMH und curafutura haben trotz unterschiedlicher Interessen und mit teils harten Positionen zu Beginn der Verhandlungen einen neuen, die Rahmenbedingungen erfüllenden Arzttarif auf die Beine gestellt. Dass dieser jetzt vom Gesamtbundesrat immer noch nicht genehmigt wurde, ist ein schlechtes Signal für alle, die das Gesundheitssystem voranbringen wollen und nach Lösungen suchen anstatt den Status Quo beizubehalten.»
 
Joachim Eder, Präsident ats-tms AG, ehemaliger Präsident SGK-Ständerat
«Der Bundesrat hat gegen den Willen der Kantone, der Mehrheit der Versicherer und der Leistungserbringer entschieden, das ist für mich unverständlich. Er muss den damit verbundenen gesundheitspolitischen Scherbenhaufen, den die Patienten und Prämienzahler zu berappen haben, verantworten. Es ist ein schwarzer Tag, nicht nur für die Tarifautonomie, sondern auch für weitere notwendige Reformen im Gesundheitswesen. Das Vertrauen ist beschädigt, das vom Gesundheitsminister immer wieder geforderte Miteinander wurde mit Füssen getreten.»
 
Andreas Christen, Direktor Zentralstelle für Medizinaltarife UVG (ZMT), nimmt Stellung für die MTK 
«Die MTK bedauert den Entscheid des Gesamtbundesrats. Wir hatten uns mit einer Genehmigung für den TARDOC erhofft, den veralteten TARMED für die Unfallversicherer, die Invalidenversicherung und die Militärversicherung endlich zu ersetzen.»
 
Philippe Luchsinger, Präsident der Haus- und Kinderärzte Schweiz
«Die Haus- und Kinderarztmedizin ist ein wichtiger Pfeiler der medizinischen Grundversorgung –  TARDOC hätte dies endlich auch mit einem eigenen Kapitel widerspiegelt. Dass wir jetzt alle mit einem veralteten und nicht sachgerechten Tarif weiterarbeiten müssen, ist frustrierend.»

Fünf Monate nach Einführung der neuen Plattform «smartrating» im Bereich Off-Label-Use kann eine erste positive Bilanz gezogen werden. Vertrauensärzte begrüssen die einheitliche Grundlage für die Entscheide und die Transparenz für alle Beteiligten.

Die neue digitale Plattform für den Off-Label-Use ist seit Januar 2022 in Betrieb (siehe Anhang Dokumentation). Inzwischen sind bereits 90 Studien-Ratings dokumentiert. Sie unterstützen die Vertrauensärzte der beteiligten Versicherer bei der Beurteilung von Kostengutsprachen für Medikamente, die nicht kassenpflichtig sind. Die Studien-Ratings dienen dabei als wertvolle Grundlage für die Entscheide. «Die Arbeit ist für uns insgesamt befriedigender, weil wir unser Wissen laufend ausbauen und deutlich effizienter arbeiten können», sagt Beat Kipfer, Vertrauensarzt beim Krankenversicherer KPT.

Heute vergüten die Krankenversicherer in Ausnahmefällen Arzneimittel, die nicht auf der Liste der über 3200 kassenpflichtigen Medikamente stehen. Der behandelnde Arzt kann ein entsprechendes Gesuch bei der Versicherung des Patienten stellen. Sind die gesetzlichen Bedingungen erfüllt, übernimmt die Krankenversicherung die Kosten aus der Grundversicherung. In den letzten Jahren haben immer mehr Patientinnen und Patienten von dieser Möglichkeit profitiert, zum Beispiel bei neuen Krebstherapien. 2019 wurden 38’000 Gesuche behandelt. Die vorliegenden Studien-Ratings auf der Online-Plattform erleichtern nun die Beurteilung. Thomas Cerny, Vorstandsmitglied der Krebsliga und Vizepräsident von OncoSuisse, betonte an der Medienkonferenz den Nutzen für die Patientinnen und Patienten. «Neu profitieren sie davon, dass der Entscheid über eine Kostengutsprache auf einer standardisierten Basis gefällt wird.»

Einheitliche wissenschaftliche Basis

Die von den involvierten vertrauensätzlichen Diensten gewählte Methode sorgt dafür, dass die Beurteilung des klinischen Nutzen eines Wirkstoffs immer im gleichen Kontext steht und auf derselben wissenschaftlichen Basis bewertet wird. Im Anschluss erfolgt eine Publikation der Beurteilung auf der Plattform. Diese dient dem Wissenstranfer und ist nicht öffentlich. Die Bewertung der Studienlage ist damit ausgewogen und objektiv und das Vertrauen in die Einzelfallvergütungen noch erhöht.

An der neuen Plattform «smartrating» beteiligen sich Concordia, CSS, Helsana, KPT, Sanitas, Swica und Visana. Ziel ist es, weitere Versicherer für eine Teilnahme zu gewinnen. Die Plattform enthält keine personenbezogenen Daten, sondern lediglich die publizierten klinischen Studien zu den Wirkstoffen mit der Nutzenbeurteilung und die entsprechende Dokumentation im klinischen Kontext. «Entsprechend ist der Datenschutz jederzeit gewährleistet», sagt Pius Zängerle, Direktor von curafutura. Matthias Schenker, Leiter Abteilung Gesundheitspolitik bei der CSS, bilanziert: «Die Plattform ist eine Win-Win-Situation für alle beteiligten Akteure und insbesondere für die Patientinnen und Patienten.»

Gem. Art. 59c Abs. 1 lit. c KVV darf ein Wechsel des Tarifmodells keine Mehrkosten verursachen. Die TARDOC-Tarifpartner curafutura und FMH haben daher ein gemeinsames Konzept betreffend die kostenneutrale Überführung von TARMED zu TARDOC verhandelt. Folgende zentralen Elemente kennzeichnen das Kostenneutralitätskonzept TARDOC V1.3 (Version der Nachreichung vom 20. Dezember 2021 zu Handen des Bundesrats):

Grundsatz Trennung von Struktur und Preis

Die Tarifpartner pflegen in einer gemeinsamen Organisation auf nationaler Ebene die Tarifstruktur, die die Tarifpositionen mit ihrem relativen Gewicht enthält (Taxpunkte). Die Vereinbarung der Taxpunktwerte (Preis) obliegt den Einkaufs- und Ärztegesellschaften. Beim Tarifübergang sind folglich auch die Kantone als Genehmigungs- und Festsetzungsbehörde in der Pflicht, für den Teil Preis die Kostenneutralität zu gewährleisten.

Ex-ante Sicherstellen der taxpunktvolumen-neutralen Überführung via Abschlagsfaktor

Mittels eines Modellvergleichs von TARMED und TARDOC V1.3 haben wurde geschätzt, welche Taxpunktvolumenveränderungen zu erwarten sind. Auf dieser Basis wurde der sog. External Factor (EF) bestimmt,  welcher das TARDOC- gegenüber dem TARMED-Volumen konstant hält. Der errechnete EF liegt bei 0.82 (verhandelter Wert: 0.83). Jede Tarifposition wird mit diesem EF-Wert gekürzt. Der EF ist als integraler Bestandteil der Tarifstruktur im Anhang zum Grundvertrag TARDOC vereinbart.

Ex-post Sicherstellen der taxpunktvolumen-neutralen Überführung:

Langfristiges Monitoring

Es ist vereinbart, die Leistungsvolumenentwicklung auch nach der Kostenneutralitätsphase weiter zu monitorieren. Diesbezügliche Mechanismen und Prozesse sind im Tarifierungshandbuch festgehalten.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der hergeleiteten Taxpunktvolumen 2023, 2024 und 2025, inkl. Toleranz-Korridor

Die Haltung von curafutura sieht wie folgt aus:  

Der promovierte Ökonom Andreas Schiesser ist Projektleiter Pharma und Medikamente bei curafutura. Er ist Mitglied der Eidgenössischen Arzneimittelkommission.

Andreas Schiesser kann nachvollziehen, dass Pharmafirmen hohe Gewinne anstreben. Was der Projektleiter Pharma und Medikamente bei curafutura nicht versteht: Weshalb die Politik nicht ihre eigene Agenda verfolgt zugunsten der Versicherten und Patienten.

Im Verband curafutura vereinen sich gemäss Slogan «die innovativen Krankenversicherer». Was heisst das für Sie?

Innovation bedeutet für mich, dass wir als Verband und gemeinsam mit unseren Mitgliedern Beiträge zur Optimierung des Gesundheitswesens leisten. Das Ziel: Die Ressourcen effizienter einzusetzen. Indem wir etwa darauf hinarbeiten, einen Weg aus der Preisspirale bei den Medikamenten zu finden.

Wie machen Sie das?

Es sind zum Beispiel politische Vorstösse, zu denen wir beitragen, um den gesetzlichen Rahmen zu verändern. Sie sind Beleg, dass curafutura fortschrittlich und aktiv nach Verbesserungen sucht.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wie sich in einem stark regulierten Markt etwas verändern lässt?

Ein aktuelles Beispiel dafür sind die Bestrebungen zu Anreiz-neutralen Margen. Wir möchten, dass Ärzte und Apotheker, die Medikamente verschreiben oder abgeben, künftig mehr Generika oder Biosimilars verschreiben. Das kann nur passieren, wenn sie daran gleich viel verdienen, wie an den Originalpräparaten. Gemeinsam mit pharmaSuisse und FMH haben wir Vorschläge erarbeitet, um die falschen Anreize, die heute bestehen, auszuschalten.

Eine grosse Verbesserung?

Auf jeden Fall. Anreiz-neutrale Margen führen dazu, dass Arzneimittel kostengünstig und effizient eingesetzt werden. In Ländern, die dieses System bereits kennen, hat sich der Markt verändert, es besteht eine grössere Auswahl an Generika, was automatisch mehr Wettbewerb bedeutet.

Wo stehen wir betreffend der Medikamentenkosten in der Schweiz?

Im europäischen Vergleich haben wir die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben. In der Grundversicherung wurden letztes Jahr knapp 8 Milliarden Franken für Medikamente ausgegeben. Die Kosten im Bereich der Medikamente steigen in der OKP überdurchschnittlich. Vor zehn Jahren standen wir bei rund 5 Milliarden – das macht im Schnitt über 5 Prozent Kostenwachstum pro Jahr, 2021 waren es sogar 6,5 Prozent.

Die Kosten in der Medizin wachsen in alle Richtungen – und bei den Medikamenten überdurchschnittlich stark.
Wo müsste man ansetzen?

Die Frage lässt sich mit dem gewichteten Preis pro abgerechnete Einheit beantworten. Sei es eine Packung Medikamente, eine Applikation, eine Spritze: Der Preis dafür ist innerhalb von zehn Jahren von 41 Franken auf 64 Franken gestiegen. Das heisst: Wir haben einen Preiseffekt bei allen Medikamenten, die neu eingeführt werden. Wir befinden uns in einer Preisspirale.

Wie durchbricht man diese?

Ein Vorschlag von FDP-Ständerat und curafutura-Präsident Josef Dittli bietet einen interessanten Ansatz. Gemäss diesem sollen die Regeln zur Preisfestlegung um das Kriterium Prävalenz erweitert werden. Vereinfacht heisst das: Je häufiger eine Krankheit in der Bevölkerung vorkommt, desto günstiger sollte auch das Medikament zur Therapie dieser Krankheit sein. Das ist ein Kriterium, das im heutigen Regelwerk fehlt. Das macht auch wirtschaftlich Sinn. Bei höheren Volumen erreichen die Produzenten einen Skalen-Effekt. Davon sollten auch die Prämienzahler profitieren.

Wo sehen Sie weiteres Potenzial?

Indem man die bestehenden Regeln konsequenter anwendet. Gesetzlich sind Behörden und Versicherer verpflichtet, dass Leistungen kostengünstig erbracht werden. Das heisst: Sind zwei Leistungen vergleichbar, darf eigentlich nur die günstigere vergütete werden. Bei den Medikamenten ist dies aber anders: Das teurere Original muss ebenso vergütet werden wie das günstigere Generikum.

Weshalb werden diese Regeln nicht konsequent angewandt?

Es ist natürlich schwierig, wenn etwas im Gesetz festgehalten ist, die entsprechende Verordnung dazu aber im Widerspruch dazu steht. So müsste der therapeutische Quervergleich unabhängig vom Patentschutz mit der Standardtherapie durchgeführt werden. Das heisst: Eine neue Therapie muss bezüglich der Kosten mit der bisher eingesetzten Therapie verglichen werden können, egal ob diese patentgeschützt ist oder nicht. Nur so haben wir die Gewähr, dass ein therapeutischer Quervergleich auf gesetzlicher Ebene nicht eingeschränkt wird.

Warum unternehmen die Krankenversicherer nichts um diese Forderung durchzusetzen?

Rechtlich gibt es hier ein Ungleichgewicht: Die Pharmaindustrie kann gegen Entscheide des BAG rekurrieren, sonst jedoch keine Partei, die vom Entscheid betroffen ist, weder Krankenversicherer noch Patientenorganisationen. Hier müsste man gleich lange Spiesse schaffen. Die Pharmaindustrie dagegen beklagt sich, dass die Zulassung neuer Mittel sehr verzögert stattfindet. Der Grund dafür ist in den meisten Fällen die Diskussion um Wirtschaftlichkeit. Das heisst umgekehrt auch: Die Preise, die die Pharmaindustrie verlangt, sind zu hoch. Schauen wir dreissig, vierzig Jahre zurück, lässt sich eines konstatieren: Die absolute Höhe der Preise von Neueinführungen hat enorm zugenommen

Es ist klar, dass Pharmafirmen möglichst hohe Preise für ihre Medikamente anpeilen. Weshalb sollten günstigere Preise in ihrem Interesse liegen?

Einerseits könnte man sagen, moderate Preisforderungen begünstigten einen schnelleren Zugang zum Markt und zu den Patienten: Der Markt würde also schneller erschlossen. Da kann man eine gewisse Balance finden. Aber klar: Diese Unternehmen wollen Profite machen, die Investitionen, die sie tätigen, sind vor allem dort, wo grosse Gewinne zu erzielen sind. Seltene Krankheiten, Onkologie, Krankheiten mit hohem Preisniveau.

Die Schweiz ist ein wichtiger Standort dieser Industrie.

Ja sicher, wir bieten ja auch Standortvorteile. Schwierig wird es, wenn Prämienzahler mit ihren Prämien über die hohen Arzneimittelpreise Standortförderung betreiben müssen. Das geht nicht.

In Andreas Schiessers Koffer: Die Werkzeuge, um gemeinsam Lösungen zur Kostensenkung zu erarbeiten.
Welches sind die Preistreiber?

Preistreiber sind die onkologischen und immunologischen Medikamente und Arzneimittel für seltene Krankheiten. Generell beobachten wir eine immer breitere Auffächerung in immer seltenere Indikationen. Bei Blutverdünnern etwa gibt’s neue Medikamente mit Tagestherapiekosten von rund 2.60 Franken. Im krassen Gegensatz dazu stehen klassische Mittel, die 16 Rappen kosten. Das ist in vielen Fällen Marketing: Man sucht nach Differenzierung, damit man bei der Preisfestlegung argumentieren kann, dass die neuen Medikamente nicht mit den bewährten verglichen werden können.

Wenn Sie die verschiedenen Player durchgehen: Wer muss welche Rolle spielen, damit das System verbessert wird?

In erster Linie müssen die verschiedenen Player gut zusammenarbeiten. Wir glauben an die Partnerschaft und den gemeinsamen Willen, etwas zu verbessern. Darin spielt die Politik eine wichtige Rolle: Sie muss eine Ordnung schaffen, in dem sich das System tatsächlich bewegen kann und bewegt. Dann ist es am Bundesrat, das System in eine entsprechende Richtung zu leiten. In den letzten zehn Jahren hat er da im Bereich der Medikamentenpreise kaum etwas grundsätzliches gemacht.

Das sagen Sie!

… nein, das ist keine persönliche Einschätzung: Die Zielsetzungen «Gesundheit 2020» wurden klar verfehlt. Statt grundlegenden Reformen und Übernahme von Regelungen, die in anderen europäischen Ländern gut funktionieren, wird die bestehende Regulierung verfeinert und damit komplexer.

Und die Krankenversicherer?

Sie befinden sich am Ende der Kette und haben im Bereich Medikamente leider wenig operativen Einfluss. Das heisst, sie müssen die Kosten und die Regelungen übernehmen, die das Gesetz und die Verordnungen vorsehen. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung ist unser einziges konkretes Werkzeug. Deshalb konzentrieren sich unsere Bemühungen auf die Politik, dort wollen wir konstruktiv mitgestalten. Nur so können wir unsere Möglichkeiten erweitern, um die Interessen der Prämienzahler besser einzubringen.

H+, santésuisse und curafutura haben gemeinsam einen Qualitätsvertrag für Spitäler und Kliniken beim Bundesrat eingereicht. Der Vertrag ist zusammen mit der Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK) erarbeitet worden und ist der erste Vertrag dieser Art überhaupt. Das ist ein Meilenstein für die Qualitätsentwicklung und Patientensicherheit in Spitälern und Kliniken.

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) fordert im neuen Art. 58a den Abschluss von gesamtschweizerischen Verträgen über die Qualitätsentwicklung zwischen den Verbänden der Leistungserbringer und der Krankenversicherer (Qualitätsverträge). H+, santésuisse und curafutura haben in Partnerschaft mit der Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK) einen Vertrag abgeschlossen, den H+, santésuisse und curafutura nun beim Bundesrat eingereicht haben. Der Vertrag kann bei seiner Genehmigung in Kraft treten.  

Die Vertragspartner sehen in der erstmaligen nationalen Einigung auf weitreichende Regeln zur Qualitätsentwicklung einen Meilenstein für die Qualität und Patientensicherheit in Spitälern und Kliniken. Gleichzeitig ist die systematische Weiterentwicklung des Vertrags bereits heute festgelegt. Die Vertragspartner haben weitreichende Elemente vereinbart, anhand welcher die Spitäler und Kliniken Qualität und Patientensicherheit verbindlich, einheitlich und transparent entwickeln. Dazu wurden nationale Themenbereiche der Qualitätsentwicklung definiert. In diesen Themenbereichen müssen Spitäler und Kliniken künftig von den Vertragspartnern anerkannte Qualitätsverbesserungsmassnahmen umsetzen und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess sicherstellen. Eine unabhängige Prüfstelle wird die individuelle Qualitätsentwicklung in den Spitälern und Kliniken stichprobenartig überprüfen. Die Auswahl erfolgt basierend auf Resultaten der bereits heute bestehenden nationalen Qualitätsmessungen, z. B. des ANQ, oder durch Zufallsprinzip. Die Ergebnisse der Überprüfung sowie eine Selbstdeklaration werden für jeden Spital- oder Klinikstandort transparent publiziert.

Integration von Bewährtem

Der Qualitätsvertrag berücksichtigt die breite Palette bereits umgesetzter Qualitätsaktivitäten von Spitälern und Kliniken und ermöglicht darüber hinaus eine nahtlose Integration verschiedener bestehender und zukünftiger Qualitätsinitiativen. Auch bereits international etablierte Mechanismen zur Überprüfung der Qualitätsentwicklung sind aufgenommen worden. Bereits bestehende Strukturen hinsichtlich der Qualität helfen bei der Umsetzung, dazu gehört insbesondere der nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ). Die Zusammenarbeit im ANQ unterstützt zudem eine enge Abstimmung mit den Kantonen und deren Qualitätsvorgaben.

Zielvorgaben verschlechtern die Patientenversorgung und schaffen eine Zwei-Klassen-Medizin. curafutura begrüsst daher den richtungsweisenden Entscheid der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N). Diese will keine Zielvorgaben in der obligatorischen Krankenversicherung OKP und beantragt stattdessen eine Reihe konkreter Massnahmen, die im Rahmen des indirekten Gegenvorschlags zur Kostenbremse-Initiative verabschiedet werden sollen.

Mit dem TARDOC steht der neue Arzttarif für ambulante Leistungen bereit, um bereits per 1. Januar 2023 den veralteten Tarif TARMED abzulösen. Der neue ambualante Tarif muss nur noch vom Bundesrat genehmigt werden. curafutura begrüsst daher den Entscheid der SGK-N, die das Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenversicherung OKP mit Massnahmen bei den Tarifen anstelle von Zielvorgaben dämpfen will.

Denn diese verstärken nur den Kostendruck auf die Leistungserbringer, ohne die OKP-Kosten insgesamt zu senken. Gleichzeitig birgt die Zielvorgabe das Risiko neuer Fehlanreize: Diese können finanzieller Art sein, eine tiefere Behandlungsqualität beim Patienten beinhalten oder auch eine Leistungsbeschränkung zur Folge haben.

Weniger erfreulich ist der Vorschlag der SGK-N, Tarife, respektive einzelne Positionen der Tarifstruktur oder bestimmte Gruppen, durch die Genehmigungsbehörde festsetzen zu lassen, sollten sich die Tarifpartner nicht innerhalb eines Jahres einigen können. Das führt nach Ansicht von curafutura zu unrealistischen Erwartungen und zu unausgereiften Lösungen, die weder dem Prämienzahler, noch dem Patienten, noch dem Leistungserbringer dienen. curafutura wird den Entscheid der SGK-N vertieft analysieren und sich in die weitere Diskussion einbringen.