Reserven in der Grundversicherung

Bern/ , 6. Dezember 2023

Seit dem 1. Januar 2012 wird das risikobasierte Reservenmodell angewandt. Dieses berechnet die Mindestreserven aufgrund einer umfassenden Analyse. Die Analyse beinhaltet die vom Krankenversicherer eingegangenen Risiken (Versicherungs-, Markt- und Kreditrisiken). Der Solvenztest prüft, ob die Krankenversicherer über genügend Reserven verfügen (Festlegung der Mindesthöhe). Die Höhe der Reserven, das Ergebnis des Solvenztests und der Deckungsgrad jedes Krankenversicherers werden vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) veröffentlicht.

Das sind die Fakten

(1) Reserven in der OKP

Die Reserven müssen den gesetzlichen Verpflichtungen gemäss Art. 14 KVAG und Art. 9ff KVAV entsprechen. Liegen die Reserven über dem gesetzlichen Minimum, müssen diese im System zugunsten der Versicherten verbleiben (Gewinnausschüttungsverbot, Art. 2 Abs. 1 KVAG). Das BAG prüft, dass die Reserven nicht übermässig sind. Sind sie übermässig, müssen die Versicherer ihre Reserven abbauen (Art. 26 KVAV) oder das BAG genehmigt die Prämien nicht (Art. 16 Abs. 4 Bst. d KVAG). Sehr tiefe Reserven hingegen gefährden die Solvenz der Krankenversicherer, was durch Prämienerhöhungen korrigiert werden muss.

Die Grafik und die Tabelle zeigen die Höhe der Reserven. Die Erhöhung der Reserven in den Jahren 2018, 2019 und 2020 müssen als ausserordentliche Fälle verstanden werden. Sie sind auf eine politische Vorgabe zurückzuführen, die der Bundesrat den Krankenversicherern gemacht hat.

Zudem hatten die Kostendämpfungsmassnahmen bzw. der Tarifeingriff des Bundesrats positive Auswirkungen auf die Gesundheitskosten. Die Kosten und damit die Prämien für das Jahr 2018 waren überschätzt worden, was zu einer Erhöhung der Reserven führte. Die Erhöhung der Reserven in den Jahren 2019 und 2020 ist insbesondere auf gute Börsenergebnisse zurückzuführen: Die Versicherer dürfen diese Gewinne zwar in der Prämienkalkulation verwenden, aber nur in begrenztem Umfang (Art. 25 Abs. 4 KVAV). Der Rest muss den Reserven zugeführt werden.

In den Jahren 2022 und 2023 wurden die Reserven im Vergleich zu den Vorjahren massiv abgebaut. In beiden Jahren haben die Prämien zur Deckung der Nettoleistungen nicht ausgereicht. Das Jahr 2022 brachte zudem wegen des schlechten Börsenjahres noch Anlageverluste, die im Folgejahr nur teilweise kompensiert werden konnten.

(2) Freiwilliger Reserveabbau

Dank der seit dem 1. Juni 2021 gültigen Revision der KVAV für mehr Flexibilität zum Abbau von Reserven können die Krankenversicherer die Reserven direkt (Rückerstattung) oder indirekt (tiefere Prämien) an die Versicherten zurückgeben. Für die Prämienjahre 2024 und 2025 hat kein Versicherer einen Reserveabbauplan vorgelegt und somit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

(3) Vergleich mit anderen Sozialversicherungen

Die OKP-Reserven sind im Vergleich mit anderen Versicherungen klein:

Die versicherungstechnischen Rückstellungen der SUVA betrugen im Jahr 2023 knapp 106 Monatsausgaben (39 Mia. CHF versicherungstechnische Rückstellungen bei bezahlten Versicherungsleistungen von 0.37 Mia. CHF pro Monat). Die AHV-Reserven lagen im selben Jahr bei 12 Monatsausgaben (49‘892 Mio. CHF Kapital bei 4‘163 Mio. CHF Ausgaben pro Monat). Im Vergleich dazu lagen die Reserven der gesamten Krankenversicherungs-branche bei nur 2 Monatsausgaben (5‘955 Mio. CHF Reserven bei 2‘882 Mio. CHF OKP-Kosten (Nettoleistungen) pro Monat). Bei den Krankenversicherern Helsana, Sanitas und CSS bspw. betrugen die Reserven 1.2, 1.9 respektive 1.6 Monatsausgaben (583 Mio. CHF Reserven bei 473 Mio. CHF Nettoleistungen pro Monat respektive 387 Mio. CHF Reserven bei 204 Mio. CHF Nettoleistungen pro Monat respektive 748 Mio. CHF Reserven bei 460 Mio. CHF Nettoleistungen pro Monat).

Quellen

  • BAG, Aufsichtsdaten OKP 1996-2022, 2023
  • BFS, Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV): Finanzen der AHV 1948-2022(2023).
  • Suva, Geschäftsbericht 2023