Rheumatologen verschreiben häufiger Biosimilars als Gastroenterologen oder Dermatologen. Das geht aus einer Untersuchung zum Verschreibungsverhalten von Adalimumab bei Patienten, die eine Behandlung beginnen – medizinisch als «naive Patienten» bezeichnet – hervor, die biosimilar.ch bei OFAC in Auftrag gegeben hat. Ursachen für die teils markanten Unterschiede sind schwierig zu eruieren. Gerade bei Ersttherapien können medizinische Gründe den Unterschied nicht erklären.

Insgesamt zeichnet sich bei den Biosimilars für 2022 ein überdurchschnittliches Wachstum von gut 13 % ab. Das ist positiv für die Kostendämpfung im Schweizer Gesundheitswesen, da Biosimilars im Vergleich zu Originalen eine ebenbürtige Qualität und Wirksamkeit aufweisen, dies jedoch zu einem deutlich tieferen Preis. Dieser Schritt in die richtige Richtung reicht aber bei weitem nicht aus: Solange Biosimilars nicht häufiger verschrieben werden, bleibt ein riesiges Einsparpotenzial unbenutzt. So werden nach wie vor rund 87 Millionen Franken unnötig ausgegeben – jährlich! Umso wichtiger ist es, dass jetzt finanzielle Fehlanreize der Vertriebsmarge zeitnah eliminiert werden.

Untersucht wurde das Verschreibungsverhalten der Substanz Adalimumab von Rheumatologen, Gastroenterologen und Dermatologen hinsichtlich Gebrauch von Biosimilars bei therapienaiven Patienten. Ausgewertet wurden die Verschreibungsdaten durch die Berufsgenossenschaft der Schweizer Apotheker, OFAC. Dabei erwiesen sich die Rheumatologen als vorbildlich für die Anwendung von Biosimilars: Rund 68% aller neu eingestellten Adalimumab-Patienten wurden 2022 ein Biosimilar verschrieben, Tendenz steigend. Im Vergleich dazu besteht bei Gastroenterologen und Dermatologen mit durchschnittlich 39% bzw. 24% Biosimilar-Verschreibungen bei neu eingestellten Patienten noch ein deutliches Steigerungspotenzial – und damit auch namhafte Einsparmöglichkeiten.

Weiterhin hohes ungenutztes Einsparpotential

Ziel muss es sein, dass weitere Fachspezialisten nachziehen. Denn das Einsparpotenzial von Biosimilars ist weiterhin gross. Wie der von biosimilar.ch, curafutura und Intergenerika geschaffene Biosimilar-Barometer Schweiz zeigt, sind im vergangenen Jahr Zusatzkosten von 87 Millionen Franken zu Handen der obligatorischen Grundversicherung entstanden, weil nicht flächendeckend Biosimilars verschrieben wurden.

Immerhin lässt sich trotz nach wie vor zurückhaltender Verschreibungspraxis ein Mengenwachstum des Biosimilar-Markts um 30% feststellen. Im Jahr 2022 wurden in der Schweiz 39 Biosimilars vermarktet, von denen insbesondere die 7 Biosimilars des allzeit umsatzstärksten Biologikums Adalimumab nennenswert sind. Sie konnten seit November 2019 bereits etliche Millionen Franken an Einsparungen bewirken, diese liegen im 2022 allein bei über 10 Mio CHF zu Gunsten der obligatorischen Grundverischerung.

Das Ziel eines flächendeckenden Einsatzes von Biosimilars ist jedoch noch weit entfernt. So lassen sich auffallend grosse Unterschiede in der Spitallandschaft beobachten. Zum Beispiel werden Biosimilars von Infliximab in der Spitalregion Bern/Solothurn nicht einmal halb so häufig wie im Tessin oder in der Romandie verwendet.

Der Bund hat es in der Hand

Fehlanreize wie das aktuelle Margensystem der Medikamente haben bisher eine breitere Anwendung von Biosimilars und Generika verhindert. Das Eidgenössische Department des Innern hat dies erkannt und schlägt im Rahmen der aktuell geplanten Verordnungsänderungen bei gleichen Wirkstoffen die gleiche Margenhöhe vor. Intergenerika und curafutura unterstützen diesen Teil der Reform in Kombination mit einer seit langem geforderten Revision der Margenordnung zur Elimination der Margenunterschiede zwischen Originalpräparaten und Biosimilars bzw. Generika.

Wird die Einführung eines preisunabhängigen Margensystems für gleiche Wirkstoffe zeitnah umgesetzt, können bis 2030 insgesamt Mehrkosten von rund 1 Milliarde Franken verhindert werden.

Der Nationalrat hat sich für die Massnahmen zu Steuerung der Kosten ausgesprochen, nachdem das Parlament das Instrument 2021 bereits abgelehnt hatte. curafutura bedauert diesen Entscheid, da das Instrument zentrale Prinzipien des Gesundheitssystems wie die Tarifpartnerschaft, das Versicherungsprinzip und das Recht auf Leistungen in Frage stellt. Darüber hinaus sind die Massnahmen zur Steuerung der Kosten extrem bürokratisch und werden die ohnehin schon grassierende Verstaatlichung des Gesundheitssystems weiter vorantreiben.

Eine komplette Änderung der Philosophie des Gesundheitssystems ist jedoch nicht gerechtfertigt, da das System funktioniert und sich gerade während einer Krise von bisher unbekanntem Ausmass bewährt hat. Erstens blieb die Kostenentwicklung in den letzten zehn Jahren unter der von der Expertengruppe des Bundesrates vorgeschlagenen Grösse von +2,7% pro Jahr. Zweitens wurden mehrere wichtige Reformen durchgeführt oder sind im Gange, die positive Auswirkungen haben werden, um den Kostenanstieg weiter zu bremsen und die Effizienz zu steigern (einheitliche Finanzierung EFAS, Arzttarif TARDOC, Qualitätsreform, Zulassung von ambulanten Leistungserbringer).

Vor diesem Hintergrund ist es nicht sinnvoll, das System mit einem so radikalen Mechanismus wie den Massnahmen zur Steuerung der Kosten auf den Kopf zu stellen. Die Massnahmen zur Steuerung der Kosten sind nicht zielführend und in der Praxis nicht umsetzbar: Eine Verpflichtung zu Massnahmen zur Steuerung der Kosten wird unweigerlich zu einer Zunahme der Blockaden bei den Verhandlungen zwischen den Tarifpartnern führen. Dies wiederum wird zu einer Zunahme der vom Bundesrat erzwungenen Entscheidungen führen. Eine Ausweitung der subsidiären Kompetenzen des Bundesrates ist jedoch nicht wünschenswert, da sie die Verstaatlichung des Gesundheitssystems weiter verstärken würde, ohne dass die Kosten gesenkt werden könnten.

Wachsamkeit auch bei der Zielvorgabe

curafutura wird sich weiterhin in die Debatte einbringen und fordert den Ständerat auf, den Entscheid des Nationalrats zu revidieren und die Massnahmen zur Steuerung der Kosten abzulehnen. Zudem wird curafutura wachsam bleiben gegenüber ähnlichen Vorschlägen, wie z.B. die Einführung einer verbindlichen Zielvorgabe, die als indirekter Gegenvorschlag zur Mitte-Initiative «Kostenbremse» vorgeschlagen werden. Wie die Massnahmen zur Steuerung der Kosten würden auch die Zielvorgabe das Versicherungsprinzip und das Recht auf Leistungen untergraben und Fehlanreize schaffen.