curafutura nimmt zum Vorhaben des Kantons Zürich, bestimmte medizinische Fachgebiete mit Höchstzahlen zu begrenzen, Stellung. In Bezug auf die Ausnahmeregelung für Spitalambulatorien fordert curafutura klare Regeln, eine restriktive Handhabung und bei Erteilung einer Ausnahmebewilligung ein begleitendes Monitoring. Zudem hinterfragt curafutura die Auswahl der zu begrenzenden medizinischen Fachgebiete und bittet den Kanton, die Gründe für diese Auswahl transparent offenzulegen.

Position curafutura

curafutura nimmt das Anliegen der Kommission, Ausnahmen im Bereich der ärztlichen Grundversorgung zu ermöglich, zur Kenntnis. Von den unterbreiteten Varianten bevorzugt curafutura die Minderheit Humbel, wonach die Kantone im Einzelfall Ausnahmen vorsehen können.

Begründung

Die neuen Bestimmungen zur Zulassung der ambulanten Leistungserbringer gelten seit dem 1. Januar 2022. Ein gutes halbes Jahr danach soll bereits über Ausnahmen diskutiert werden, weil die vom Parlament beschlossene Gesetzesänderung zu restriktiv ist. Diese schreibt vor, dass nur Ärzte und Ärztinnen eine KVG-Zulassung erhalten, die eine mindestens dreijährige fachärztliche Weiterbildung in einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte vorweisen können. Dasselbe Parlament krebst nun zurück und fährt damit einen fragwürdigen Zickzackkurs.

curafutura stellt fest, dass es aufgrund der aktuellen Gesetzesvorschrift in bestimmten Regionen zu Engpässen in der ärztlichen Grundversorgung kommen kann. Deshalb braucht es eine Ausnahmeregelung für die im Gesetzesentwurf aufgeführten ärztlichen Fachgebiete. Gleichzeitig ist aber zu betonen, dass die Ausnahmen nicht auf weitere Fachgebiete ausgeweitet werden dürfen. Ansonsten verliert die Bestimmung gemäss Art. 37 Abs. 1 KVG jegliche Sinnhaftigkeit.

Von den unterbreiteten Varianten bevorzugt curafutura die Minderheit Humbel. Diese sieht vor, dass die Bewilligung von Ausnahmen auf der Grundlage von Einzelfallentscheiden beruht. Die Kantone können damit in direkter Anwendung des Bundesgesetzes Ausnahmen bewilligen, ohne weitere Regelungen auf kantonaler Ebene festlegen zu müssen. Das Gegenargument der Mehrheit zu dieser Variante, dass die Gleichbehandlung nicht sichergestellt sei, überzeugt dabei nicht, weil bereits mit der Ausnahmeregelung selbst eine ungleiche Behandlung zwischen den ärztlichen Fachgebieten und den Kantonen etabliert wird.

Zudem ist die Minderheit Humbel flexibler in der Anwendung, weil die Kantone in ihrem Kantonsgebiet gezielt nur dort eine Ausnahmebewilligung erteilen, wo tatsächlich eine Unterversorgung vorliegt. Die Variante der Mehrheit würde hingegen – nach unserem Verständnis – im gesamten Kantonsgebiet oder in einer bestimmten Region für alle Ärzte und Ärztinnen der betroffenen Fachgebiete gleichermassen gelten. Dadurch könnten sich Ärzte und Ärztinnen auch an einem Ort ansiedeln, der gar nicht von einer Unterversorgung betroffen ist.

curafutura lehnt eine detaillierte Datensammlung auf Stufe der versicherten Personen (Individualdaten) ab. Zur Erfüllung der Aufgaben der Aufsichtsbehörde genügen aggregierte Daten.

Eine erweiterte Datenlieferung im ambulanten Tarifbereich lehnt curafutura ebenfalls ab, einerseits aufgrund der bereits bestehenden Datenerhebung des BFS und andererseits, weil der Verwendungszweck nicht klar aus den gesetzlichen Bestimmungen hervorgeht.

curafutura unterstützt die Aufnahme des Experimentierartikels im KVG. Der im Verordnungsentwurf unterbreitete Umsetzungsvorschlag ist jedoch bürokratisch und zentralistisch ausgestaltet und muss deshalb grundlegend überarbeitet werden.

Position curafutura

curafutura unterstützt einen standardisierten und verpflichtenden elektronischen Datenaustausch zwischen den Kantonen und den Versicherern. Der Umfang des Datenaustausches sollte jedoch um die Information «Wohnsitz» erweitert werden.

curafutura befürwortet den Ausschluss von «Phantomversicherten» im Risikoausgleich und fordert zudem, dass solche Personen temporär gänzlich von der Versicherungspflicht entbunden werden.

curafutura lehnt einen Einbezug von Auslandversicherten in den kantonalen Risikoausgleich ab und schlägt stattdessen einen eigenen Risikoausgleich unter Auslandversicherten in EU/EFTA-Staaten vor.

Position curafutura

Gemäss Artikel 61 Absatz 2bis KVG können die Versicherer die Prämien innerhalb eines Kantons abstufen, sofern Kostenunterschiede zwischen den Prämienregionen vorliegen. In Übereinstimmung mit dieser gesetzlichen Regelung nimmt curafutura die vorgesehene Reduktion der maximalen Prämienunterschiede in den Kantonen Freiburg, Luzern und St. Gallen zur Kenntnis.

Die zwei neuen Bestimmungen der EDI-Verordnung (Art. 2 Abs. 2 und 3), namentlich die Deckelung des maximalen Prämienunterschieds bei besonderen Versicherungsformen und die Bedingung, dass die Prämien ausschliesslich in absteigender Reihenfolge zwischen den Prämienregionen abgestuft werden können, lehnt curafutura ab.

Begründung

Die Änderung der Verordnung des EDI über die Prämienregionen erfolgt aufgrund der Tatsache, dass in drei Kantonen die heute gültigen maximalen Prämienunterschiede zwischen den Prämienregionen nicht mehr gesetzeskonform sind. curafutura erachtet diesen Schritt als nachvollziehbar. Um eine gewisse Prämienstabilität zu gewährleisten, sollten solche Anpassungen in Zukunft jedoch nicht zu oft erfolgen. Aus Sicht von curafutura sollten während einer Phase von mindestens fünf Jahren in betroffenen Kantonen keine Änderungen vorgenommen werden. Für die zwei neuen Bestimmungen der Verordnung stellt curafutura die gesetzliche Grundlage in Frage: Das KVG schreibt weder eine Deckelung des maximalen Prämienunterschieds noch eine bestimmte Reihenfolge bei den Prämienregionen vor. Es hält lediglich fest, dass Prämienunterschiede basierend auf den effektiven Kostenunterschieden und den vom Departement festgelegten Prämienregionen möglich sind.

Die regionalen Kostendifferenzen zwischen Kollektiven in besonderen Versicherungsformen können im Einzelfall höher sein als zwischen Kollektiven in ordentlichen Versicherungen. Eine Deckelung des maximalen Prämienunterschieds (Art. 2 Abs. 2) würde diesem Umstand nicht gerecht werden. Auch ist es möglich, dass bei einem bestimmten Versicherer in einem bestimmten Kanton das Kollektiv der Prämienregion 1 günstigere Kosten ausweist als das Kollektiv der Prämienregion 2. Die Einführung einer fixen Hierarchie bei den Prämienregionen (Art. 2 Abs. 3) führt aber dazu, dass in solchen Fällen in der Region 1 keine tieferen Prämien angeboten werden können als in der Region 2, obwohl die beobachtete Kostendifferenz dies rechtfertigen würde. Versicherte der Region 1 wären folglich gegenüber Versicherten der Region 2 benachteiligt.

Aus juristischer Sicht sind noch folgende Argumente zu erwähnen:

Aus diesen Gründen ist curafutura der Ansicht, dass die zwei neuen Bestimmungen des Verordnungsentwurfs den gesetzlichen Willen, Prämienunterschiede aufgrund von Kostenunterschieden zuzulassen, teilweise übersteuern und bei bestimmten Versichertenkollektiven zu einer ungerechtfertigten Einschränkung führen. Zudem stellen die Bestimmungen einen unnötigen Eingriff in die Prämiengestaltung der Versicherer dar. curafutura fordert deshalb die Streichung von Art. 2 Abs. 2 und 3.

Position curafutura

• Die Versicherer benötigen einen uneingeschränkten Zugang zu den Informationen des Registers, damit sie ihre vom KVG übertragenen Aufgaben weiterhin effizient durchführen können. Die Registerverordnung muss deshalb nachgebessert werden.

• Die Höchstzahlen müssen so festgelegt werden, dass regionale Überangebote abgebaut werden. curafutura verweist diesbezüglich auf zwei mögliche methodische Probleme in der Verordnung über die Festlegung von Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich (Art. 5 Abs. 1 und Art. 8) und fordert, dass Massnahmen gegen eine allfällige unerwünschte Entwicklung ergriffen werden.

Darum geht es

Wer eine Leistung ohne finanzielle Beteiligung beziehen darf, wird dies eher tun, als wenn sie oder er einen finanziellen Beitrag selber trägt. Die Versicherungsökonomie hat einen Namen für dieses Verhalten: Moral Hazard (auf deutsch: Moralisches Risiko).

Um diesem Verhalten entgegenzuwirken, kennt jede Versicherung das Instrument der Kostenbeteiligung. In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) existieren verschiedene Formen von Kostenbeteiligungen: Die ersten medizinischen Behandlungskosten eines Kalenderjahrs müssen bis zu einem bestimmten Frankenbetrag selber bezahlt werden (Franchise). Ab diesem Frankenbetrag erfolgt eine anteilsmässige Kostenbeteiligung durch die versicherte Person (Selbstbehalt von 10% und Beitrag während eines Spitalaufenthalts).

Die Höhe der Franchise kann vor Versicherungsbeginn von der versicherten Person gewählt werden. Erwachsene Versicherte können zwischen der Mindestfranchise von jährlich 300 Franken sowie weiteren, sogenannten Wahlfranchisen von 500 bis 2’500 Franken wählen (jeweils in 500er-Schritten). Die Versicherungsprämie hängt dabei von der Höhe der Franchise ab: Je höher die Franchise, desto tiefer die Prämie. Der Selbstbehalt von 10% beläuft sich auf höchstens 700 Franken pro Jahr, der Beitrag an die Kosten eines Spitalaufenthalts auf 15 Franken pro Tag. Die genauen Frankenbeträge sowie weitere Einzelheiten zu den Kostenbeteiligungen werden vom Bundesrat in der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) festgelegt.

Die Position von curafutura

curafutura unterstützt das heutige System der Kostenbeteiligungen. Dieses hat sich bewährt und führt nachweislich zu einem höheren Kostenbewusstsein und tieferen Gesundheitskosten. Eine Reduktion der Franchisen lehnt curafutura entschieden ab. Die Franchisen müssen zudem der Kostenentwicklung der OKP folgen und periodisch angepasst werden.

Begründung

(1) Einsparungen in Milliardenhöhe

Verschiedene nationale und internationale Studien bestätigen den Spareffekt der Kostenbeteilgungen. Gemäss einer dieser Studien werden in der Schweiz von Versicherten mit hohen Franchisen jährlich 1,1 Milliarden Franken eingespart.[1] Die Aufhebung der Wahlfranchisen würde die Prämien auf einen Schlag um 5% erhöhen. Das moralische Risiko ist nicht nur ein theoretisches Konzept, sondern zeigt eine klare Evidenz. Das durch Kostenbeteiligungen hervorgerufene Kostenbewusstsein in der OKP ist deutlich.

(2) Solidarität hin und zurück

Die Solidarität des Kollektivs gegenüber dem Individuum ist eine zentrales Element der sozialen Krankenversicherung. Eine vollständige Solidarität ohne jegliche Kostenbeteiligung führt aber zu höheren Gesundheitskosten und höheren Prämien (s. oben). Deshalb ist eine direkte Beteiligung an die eigenen Gesundheitskosten wichtig. Das Individuum übernimmt dadurch mehr Veranwortung und verhält sich kostenbewusster. Die Solidarität in der sozialen Krankenversicherung muss auf Gegenseitigkeit beruhen: Vom Kollektiv hin zum Individuum und ebenso vom Individuum hin zum Kollektiv.

(3) Franchisen müssen der Kostenentwicklung folgen

Seit 2004 wurden die aktuellen Franchisen nicht mehr angepasst. Während dieser Zeit sind die von den Krankenversicherern übernommenen Kosten stärker gestiegen als die Kostenbeteiligungen der versicherten Personen. Der durch das Individuum beeinflussbare Kostenanteil ist dadurch gesunken, die damit gekoppelte kostendämpfende Wirkung auf die Gesamtkosten auch. Eine Erhöhung der Franchisen ist deshalb angezeigt. Inskünftig müssen diese periodisch überprüft und an die allgemeine Kostenentwicklung angepasst werden.

[1] Schmid Christian & Konstantin Beck (2015). Wirken hohe Franchisen kostendämpfend? Schweizerische Ärztezeitung, 96(35): 1238-1239.