Die gute Nachricht? Eine konkrete Lösung liegt auf dem Tisch. Sie ist bereit, morgen in Kraft zu treten. Es ist der neue Arzttarif TARDOC, der den veralteten TARMED, der seit 20 Jahren in Kraft ist, ersetzen soll. Mit TARDOC können mindestens 600 Millionen Franken eingespart werden. Denn obwohl dies nicht der eigentliche Zweck einer Revision des Arzttarifs war, ist TARDOC aufgrund der immer strengeren Auflagen des Bundesrates de facto zu einer Massnahme zur Kostendämpfung geworden.
Wie funktioniert das? Der TARDOC sieht einen Korridor für die „akzeptable“ Kostenentwicklung im ambulanten medizinischen Bereich vor. Dieser Korridor wird durch zwei Grenzwerte begrenzt: Der obere Grenzwert ist ein Kostenwachstum von +2% pro Jahr, der untere Grenzwert ist ein Kostenrückgang von -1% pro Jahr. Die Kosten im ambulanten Bereich müssen sich mindestens drei Jahre lang zwischen diesen beiden Grenzwerten bewegen. Ist dies nicht der Fall, wird der Tarif umgehend korrigiert, so dass die Kosten wieder innerhalb des Korridors liegen.
Man kann daraus die Kostendämpfung berechnen, indem man diesen Korridor mit dem durchschnittlichen Anstieg der Kosten pro Person in TARMED vergleicht, der 3,5% beträgt. Die Zahlen sprechen für sich. Im ungünstigsten Szenario würden die Einsparungen mit dem TARDOC nach drei Jahren 600 Millionen Franken betragen. Im günstigsten Fall würden sich die Einsparungen durch TARDOC auf 1,8 Milliarden Franken belaufen.
Der neue Tarif TARDOC bietet somit eine unmittelbare Antwort auf den Kostenanstieg. Diese Antwort hat einen grossen Einfluss, denn der ambulante medizinische Bereich ist gross: Er macht ein Drittel des Volumens der Grundversicherung aus. Dieser Hebel ist daher von entscheidender Bedeutung, und er muss endlich betätigt werden.
Darüber hinaus stärkt TARDOC die Grundversorgung. Kinderärzte, Hausärzte und Psychiater erfahren eine Aufwertung ihres Berufes durch eine seit langem erwartete Neugewichtung ihrer Leistungen. Und die Grundversorgung trägt entscheidend dazu bei, den Kostenanstieg zu bremsen.
Der Bundesrat hat den Schlüssel in der Hand, um die Blockade im Gesundheitssystem zu lösen. Das Genehmigungsgesuch für den TARDOC liegt seit Dezember 2023 auf seinem Tisch. Diese letzte Version erfüllt die Bedingungen, die er selbst im Juni 2022 gestellt hatte. Der TARMED, der in den 1990er Jahren entwickelt wurde, ist eines der besten Gesundheitssysteme der Welt nicht mehr würdig. Der TARDOC führt zu erheblichen Einsparungen, stärkt die Grundversorgung und verbessert die Behandlungsqualität durch eine umfassende Aktualisierung des wichtigsten Tarifs in der gesamten Grundversicherung. Wir fordern darum den Bundesrat auf, den TARDOC als nächsten logischen Schritt zu genehmigen.
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht…? Integrierte Versorgung[1], koordinierte Netzwerke[2]. Hausarztmodell[3]? Gesundheitszentrum[4]? Tönt alles irgendwie ähnlich. Und ist doch nicht dasselbe.
Vorbei sind die Zeiten, als es einfach DEN Hausarzt gab. Zu ihm ging man, wenn man krank war. Er diagnostizierte. Und behandelte. Und überwies – nur bei Bedarf – an Spezialisten. Er kannte die Familie, deren Krankenakten, ihre Eigenarten und Gebrechen. Er war Ansprechperson, Diagnostiker, Behandler, Organisator und Koordinator in einem. Und es war gut so.
Jetzt also braucht es ausgewiesene Koordinatoren und integrierte Versorger.
Ursache sind die immer komplexer werdenden Herausforderungen – Überalterung, Multimorbidität, steigende Krankenkassenprämien, Fachkräftemangel, Bevölkerungswachstum, Mobilität und Gesundheit als Lifestyle-Thema. All dies verkompliziert. Es macht teurer. Und unzufriedener – sowohl Ärzte als auch Patienten. Daher braucht es Kontaktpersonen, die die Drehscheibenfunktion wahrnehmen, so der nachvollziehbare Gedanke. Kontaktpersonen also, über welche die Abrechnung läuft. Und die den Patienten als Ganzes erfassen.
An sich ist das kein neues Thema. In der Schweiz sind in den vergangenen 30 Jahren zahlreiche Netzwerke im Sinne der integrierten Versorgung entstanden. Ärztinnen und Ärzte sowie andere Gesundheitsfachpersonen haben sich dabei auf freiwilliger Basis zusammengeschlossen. Sie haben erkannt, wie wertvoll diese Netzwerke sowohl für den Patienten als auch für den Arzt sind.
Diese Netzwerke sind je nach regionalen und demografischen Gegebenheiten unterschiedlich ausgestaltet. Erfolgreich sind sie durch die Pflege langjähriger Partnerschaften, Innovationen und durch die Orientierung an sich wandelnden Bedürfnissen. Das wiederum reduziert die Kosten. Kurzum: Es ist eine Erfolgsgeschichte.
Im Rahmen des Massnahmenpakets 2 schlägt der Bundesrat jetzt nochmals ein neues Konstrukt vor, nämlich das «Netzwerk zur koordinierten Versorgung» – ein Zusammenschluss von Gesundheitsfachpersonen unter ärztlicher Leitung. Das tönt gleich wie das, was sich organisch bereits in der Vergangenheit stetig entwickelt hat. Und ist doch nicht dasselbe. So sollen die Netzwerke zur koordinierten Versorgung eine den Patientenbedürfnissen entsprechende Betreuung aus einer Hand gewährleisten. Und zusätzlich bewilligungs- und aufsichtspflichtig sein sowie staatlichen Vorgaben entsprechen. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass alle erbrachten Leistungen gegenüber den Versicherern jeweils über einen einzigen Leistungserbringer abgerechnet werden.
Für curafutura stösst die geplante Massnahme auf Unverständnis. Warum braucht es neue Netzwerke, wenn sich die Basis längst selbst organisiert hat? Damit muss sich der Bundesrat den Vorwurf gefallen lassen, die über mehr als zwei Jahrzehnte gewachsenen und erfolgreichen integrierten Netzwerke zu degradieren, ja zu untergraben. Die bürokratischen Hürden lassen ausserdem einen erheblichen administrativen Mehraufwand erwarten. Genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich möchte. Deshalb erschliesst sich mir der Beitrag zur Kostendämpfung nicht. Es überrascht daher auch nicht, dass hierzu keinerlei Daten oder Schätzungen vorliegen.
Gemäss Stand der aktuellen Debatte will die ständerätliche Gesundheitskommission an den Netzwerken festhalten (der Nationalrat war dagegen). Und dies, obschon die Idee neuer Netzwerke von Leistungserbringern und Experten viel Kritik hielt.
Man kann sich fragen, woher dieser Drang nach neuen, zusätzlichen Netzwerken kommt? Geht es darum, dass ins Massnahmenpaket 2 zwingend noch eine Massnahme reingepackt werden musste, die einfach nachvollziehbar tönt? Obschon keine Notwendigkeit besteht?
Wir alle haben doch mit der einheitlichen Finanzierung EFAS bereits einen neuen Hebel in der Hand, der die integrierte Versorgung weiter voranbringen wird. Denn dank der qualitativ besseren integrierten Versorgung können die so erzielten Einsparungen zu 100 % an die Versicherten weitergegeben werden. Dadurch wird die Nachfrage nach innovativen Ärztenetzen und Versicherungsprodukten erhöht und der Preis- und Qualitätswettbewerb bei den integrierten Versicherungsmodellen weiter angekurbelt.
Ich bin überzeugt: Verzicht, heisst das Bonmot. Wie schwierig das in der Politik ist, wissen wir alle. Durch die politischen Tätigkeiten werden Rahmenbedingungen beeinflusst. Neues soll installiert, bisheriges reguliert werden. Auf eine Massnahme zu verzichten, die als erfolgsversprechende neue Kostendämpfung angepriesen wurde, passt da wenig ins Konzept. In diesem Fall ist es das Beste, über den eigenen Schatten zu springen und jenen das Vertrauen zu schenken, die über die grösste Generalistenerfahrung verfügen und genau das Metier der Koordination seit Jahrzehnten wahrnehmen. Denn sie wollen weiterhin ihre Sache gut machen und diese weiterentwickeln. Es ist besser, auf eine weitere Regulierung zu verzichten, die in diesem Fall gefährlich ist, weil sie die gute Entwicklung gefährdet und somit das Gegenteil von dem bewirkt, was wir eigentlich bezwecken wollten. Oder kurz gesagt, hüten wir uns davor: Gut gemeint, schlecht herausgekommen.
[1] Integrierte Versorgung heisst Vernetzung in der Gesundheitsversorgung. Seit den 90er Jahren wurden in der Schweiz diverse integrierte Versorgungsinitiativen implementiert (s.a. Faktenblatt curafutura)
[2] Koordinierte Netzwerke: Bei der Behandlung und Pflege von Patientinnen und Patienten mit chronischen oder mehrfachen Erkrankungen besteht Koordinationsbedarf. An der Konferenz Gesundheit 2020 vom 26. Januar 2015 wurde deshalb das Projekt «Koordinierte Versorgung» mit koordinierten Netzwerken initiiert.
[3]Hausarztmodell, als Alternative zur regulären Krankenpflegeversicherung, verlangt, dass Sie sich bei gesundheitlichen Anliegen zuerst an Ihren Hausarzt wenden, der dann gegebenenfalls an Fachärzte weiterleitet. Diese enge Bindung zum Hausarzt kann Prämienkosten reduzieren, da die effiziente Erstberatung unkoordinierte und oft unnötige Spezialistenbesuche verhindert.
[4] Gesundheitszentrum bezeichnet verschiedene Einrichtungen im Gesundheitswesen
Wer ewig über Wichtiges spricht, ohne es in die Tat umzusetzen, macht aus dem Gesagten ein Luftschloss. Oder einen Koloss, der besser nicht angefasst werden sollte. Wer hingegen die Herausforderung anpackt, das Projekt in kleine Stücke teilt, reisst das Luftschloss nieder. Aus dem Koloss wird ein «Klösschen».
Sie wissen, wovon ich rede? Vom ambulanten Arzttarif. Seit 10 Jahren will man den Tarmed ersetzen. Und dennoch ist er immer noch da. Wie ein Ball, den man unter Wasser drückt, weil er lästig ist, und aufpoppt, sobald man von ihm ablässt. Ich bin überzeugt: Hätte Bundesrat Alain Berset (2012 – 2023) seine Chance gepackt und den ambulanten Einzelleistungstarif TARDOC im Juni 2022 gutgeheissen, stünden wir heute an einem anderen Punkt. Wir hätten nicht nur einen neuen Arzttarif mit einer Kostenneutralität und Einsparungen von 600 Millionen Franken jährlich. Wir hätten auch schon erste Pauschalen. Weil der Druck so hoch gewesen wäre, Einzelleistungen, wo geeignet, durch Pauschalen abzulösen – sobald vorliegend und genehmigungsreif. So aber treten wir an Ort und Stelle. Und reden immer noch davon, wie nötig ein neuer ambulanter Arzttarif wäre.
20-Jahr-Jubiläum
Vor genau zwanzig Jahren ist die Schweiz mit dem Tarmed gestartet. Heute werden darüber Leistungen für 13 Milliarden Franken abgerechnet. Tarmed, der ewig-gestrige Tarif? Der schon kurz nach der Einführung für Bauchweh und dicke Berichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle sorgte?
Jeder der seit Einführung des Tarifs zuständigen Bundesräte ist auf irgendeine Art von diesem Tarifwerk herausgefordert worden. An Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider – und am jetzigen Bundesrat – liegt es nun aber, tatsächlich das Nachfolgeprodukt zu wählen. In diesem Punkt unterscheidet sich ihr Start massiv von jenem ihrer Vorgänger. Sie ist in der komfortablen Lage, gleich zwei Tarifgesuche auf dem Pult zu haben. Den Einzelleistungstarif TARDOC und ambulante Pauschalen.
Kostensenkung und Aufwertung der Hausärzte
Die neue Bundesrätin hat also die einmalige Chance, den Tarmed endlich abzulösen. Sie senkt damit Kosten. Denn wenn der TARDOC kommt, werden jene Facharztgruppen aufgewertet, die als Grund- und integrierte Versorger viel zur Kostendämpfung beitragen: Die Haus-, Kinder- und Psychiatrieärzte. Es braucht nicht einmal Mut, bei diesem leidigen Thema endlich für Entspannung zu sorgen, sondern es reicht der feste Wille, Veränderung zum Guten tatsächlich zu bewirken.
Dass es Veränderung zum Besseren braucht, ist unbestritten. Unser Gesundheitssystem, ein «sieches Haus», schrieb jüngst ein Journalist für die deutsche «Zeit». Wo man hinhört und hinschaut, geht es um die Kosten. Um zu hohe Medikamentenpreise. Und um hohe Prämien. Um zu viel Leistungsbezug durch uns alle. Um Spitäler, die trotz der vielen Leistungen Schwierigkeiten haben, schwarze Zahlen zu schreiben. Als wäre das nicht schon genug – oder gerade deswegen! – kommen noch zwei Gesundheitsinitiativen zur Abstimmung, die beide nur Symptome bekämpfen.
Dabei haben wir zwei gewichtige Instrumente in der Hand, die unser System nachhaltig zum Positiven beeinflussen können. a) Die einheitliche Finanzierung EFAS. Und b) die Erneuerung des Arzttarifs. Bei EFAS hat das Parlament die positive Wirkung erkannt und sich im Dezember 2023 zu einem überzeugenden Ja durchgerungen. Dass nun die Bevölkerung auch noch zum Handkuss kommt und darüber abstimmen muss, ist ein schwer verständliches Bremsmanöver, das leider unnötig Ressourcen bindet. b) Beim ambulanten Arzttarif hat Bundesrätin Baume-Schneider nun «Figge und Mühle», um es in der Sprache des bekannten Brettspiels auszudrücken. Sie kann zwischen verschiedenen Varianten auswählen. Sie hat einen fertigen Einzelleistungstarif TARDOC, der von allen vier! Tarifpartnern, also FMH, curafutura, H+ und santésuisse gutgeheissen wurde. Ein Tarifwerk, das mit Garantie alle Kriterien erfüllt, die der Bundesrat im Juni 2022 gestellt hat. Und sie hat ambulante Patientenpauschalen, die das Parlament nebst nötigen Einzelleistungen unbedingt will. Sie kann also den TARDOC bewilligen und per 1. Januar 2025 einführen. Sie kann den TARDOC zusammen mit Pauschalen genehmigen. Oder sie kann alles verschieben.
Verschiebt sie den Entscheid auf später und kommt sie mit neuen Auflagen, so wäre es für den TARDOC ein weiteres Hinauszögern. Es können sich alle selbst ausmalen, dass das zurück auf die grüne Wiese führen würde. Mit dem Ergebnis, dass wir weitere Jahre mit dem hoffnungslos veralteten Tarmed leben werden und vermutlich in zehn Jahren wieder da stünden, wo wir heute stehen. Wohl mit neuen Diskussionen, neuem Zögern. Denn es ist per se komplex, ein Tarifwerk dieser Grössenordnung zu erstellen.
Lassen wir uns nicht täuschen: Bei der Genehmigung des TARDOC geht es längst nicht mehr um Kritik wegen ungenügender Sachgerechtigkeit oder Zweifel an seiner Kostenneutralität, sondern darum, dass wir zuwarten wegen der Pauschalen. Oder anders gesagt: Es geht um Mut, das Luftschloss niederzureissen. Es wäre uns allen gedient, wenn der Bundesrat ein Machtwort spricht. santésuisse-Präsident Martin Landolt hat es klar benannt: Wir brauchen jetzt einen Entscheid, der weiterführt!
Landauf landab vermelden Spitäler rote Zahlen. Die jüngsten Hiobsbotschaften kommen von den Zürcher Spitälern: Unispital Zürich (49 Mio. Franken Verlust), Spital Winterthur (49 Mio. Franken Verlust), Stadt-zürcher Spitäler (39 Mio. Franken Verlust). Die Scheinwerfer sind entsprechend auf die Zürcher Wirtschaftsmetropole gerichtet. Doch ist das nur die Spitze des Eisbergs. Im Kanton Aargau, in der Ostschweiz, im Kanton Bern oder im Kanton Freiburg, und auch in Basel sieht die Situation nicht besser aus. Jedes Mal springt der Kanton ein, um seinen in Finanznot geratenen Spitälern unter die Arme zu greifen. Allein aus den vergangenen zwei Jahren kommt so eine enorme Summe an finanzieller Unterstützung für grosse und kleinere Spitäler zusammen.
Pius Zängerle, Direktor curafutura.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben sind es folgende Frankenbeträge: Felix Platter Spital in Basel, 96 Mio.Wertberichtigung für die Abschreibung des Neubaus; 240 Mio. für das in Not geratene Kantonsspital in Aarau; die Umwandlung eines Kredites über 40 Mio. in Eigenkapital für das im Kanton St. Gallen domizilierte Spital im Rheintal, 40 Mio. für das Spital in Uznach und weitere 100 Mio. Baukredit für das Spital in Grabs; eine Bürgschaft über 105 Mio. und ein Darlehen über 70 Mio. im Kanton Freiburg; 15 Mio. Franken Wertberichtigung für das Zürcher Stadtspital Triemli und nochmals 176 Mio. Franken Abschreibung; weitere 4 Mio. für den Notfall des universitären Kinderspitals und jüngst nochmals 135 Mio. als Finanzspritze.
Jährlich wiederkehrend über 2 Milliarden an Subventionen [1]
Zudem ist eine jährlich wiederkehrende und massive finanzielle Unterstützung «installiert». Das geht aus einer Studie aus dem Jahr 2021 hervor, die der Universitätsprofessor und Gesundheitsökonom Stefan Felder mitverfasst hat. Demnach fliessen rund 2.4 Milliarden Franken pro Jahr ausschliesslich an öffentliche und subventionierte Spitäler. Das sind über 95 % aller Kantonssubventionen. Die jüngsten Ereignisse und die damit in Verbindung stehenden Feuerwehrübungen für die in finanzielle Not geratenen Spitäler sind hierbei notabene nicht eingerechnet.
Geradezu humoristisch wirkt im Kontrast dazu die Botschaft vieler Kantonalregierungen, ihre Spitäler stünden selbständig auf eigenen Füssen; hätten sich abgenabelt.
Was ist zu tun? Wo liegen die Ursachen? Und ist an der Dynamik der in Finanznot sich befindenden Spitäler alles nur schlecht?
Nein, ist es nicht. Denn ja, wir haben zu viele Spitäler und denken zu wenig in Spitalregionen. 278 Spitäler sind es aktuell gemäss des Bundesamtes für Statistik.
Trotz Finanzmisere ist der Drang nach Spitzenmedizin ungebrochen, wie beispielsweise in St. Gallen, wo nun Herzchirurgie auf höchstem Niveau betrieben werden soll. Genauso wenig sinnvoll ist es, dass Spitäler in Prunk-Neubauten investieren, die zwar toll aussehen und modernste Infrastruktur bieten, aber vorwiegend auf Bettenbelegung und stationäre Aufenthalte ausgerichtet sind. Derweil die von Experten und Politik erwünschte günstigere Ambulantisierung weiter vorangetrieben werden muss.
Opportun ist, endlich wegzukommen von überdimensionierten Neubauten. Kein gutes Vorbild ist der Kanton Aargau, wo der Bevölkerung innert 20 Minuten Fahrdistanz gleich zwei Kantonsspitäler mit Vollprogramm angeboten werden – eines in Aarau, eines in Baden. In Aarau entsteht gerade ein neues, überdimensioniertes Spital, wohl um dann den Anspruch erheben zu können, man müsse nun auch Universitätsspital-Status bekommen. Nicht gewollt ist auch die unbeschränkte Götti-Haltung der Kantone auf Kosten der Steuerzahlerinnen und -zahler, indem sie ihren Spitalchefs zwar grollen, und dennoch jedes Mal in die Tasche greifen. Wo bleibt denn da der Lerneffekt?
Im Fokus der Diskussion sind die Spitalstrukturen sowie die Finanzierung und Tarifierung.
Es ist überfällig, die Leistungsaufträge der Kantone an die Spitäler neu zu organisieren. Aktuell bieten viel zu viele Spitäler dasselbe Angebot an. Es braucht eine Fokussierung wie folgt:
Universitätsspitäler sollen sich grundsätzlich auf die (hoch)spezialisierte Medizin konzentrieren. Die Medizin der (spezialisierten) Grundversorgung sollen sie anderen überlassen bzw. diese andernorts kostenoptimiert leisten. Zentrumsspitäler sollen sich der erweiterten (spezialisierten) Grundversorgung widmen, jedoch aufhören, universitäre Medizin praktizieren zu wollen. An ihnen ist es, die hochspezialisierte Medizin den Unispitälern zu überlassen – und gleichzeitig darauf zu verzichten, alles im Zentrum machen zu wollen. Und schliesslich soll die ambulante, wenig infrastrukturlastige Medizin vor allem in Ambulatorien geleistet werden. Und an den Spitalregionen – bestehend in der Regel aus mehreren Kantonen – ist es, dafür zu sorgen, dass horizontal differenziert Angebote zugeordnet werden, damit nicht innerhalb von 15 Minuten Autofahrt Leistungen mit teuren Infrastrukturen doppelt und mehrfach angeboten werden.
Vorbei wären damit auch die Zeiten, wo sich das Uni-Spital um Bagatell-Unfälle und Bagatell-Krankheiten kümmert, und das Zentrums- oder Regionalspital hoch komplexe Herz-OP mit entsprechend Kosten verschlingender Spezialinfrastruktur stemmt. Die Bevölkerung wird das bei kluger Entwicklung mittragen. Weil das Angebot klar definiert ist und die Verschleuderung von Steuer- und Prämiengeld gestoppt wird.
Punkto Finanzierung sind wir mit dem Ja des Parlaments zur einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen EFAS im vergangenen Dezember einen grossen Schritt weitergekommen, weil dadurch die günstigere ambulante Behandlung einen Schub erhält. Damit wächst der Druck auf die Spitalplaner, verstärkt in effiziente ambulante Einrichtungen zu investieren. Dass im Herbst noch eine Zusatzschlaufe über eine Volksabstimmung zu EFAS ansteht, ändert nichts an der Tatsache: Die ambulanten Behandlungen müssen weiter zulegen, trotz der Planungen jener Spitalleitungen, die ihren Fokus nach wie vor zu stark auf die stationäre Versorgung legen.
Massgeblich Einfluss auf die Finanznot der Spitäler hat auch die Tarifierung. Im Fokus ist die ambulante Tarifstruktur, die vor nunmehr 20 Jahren mit dem TARMED eingeführt wurde. Sie ist veraltet und bildet die aktuelle Medizin schon längst nicht mehr ab. Das kostet doppelt – es befeuert die Über- und die Fehlversorgung und ist auch hauptverantwortlich für die Unterversorgung, dies vor allem bei den Hausärzten und in der Psychiatrie. Umso unverständlicher, dass gerade diejenigen am lautesten wehklagen, die wenig zur Ablösung beigetragen haben oder noch immer auf Verzögerung machen.
Aktuell liegt es an Bundesrätin Baume-Schneider und am Bundesrat zu entscheiden, ob der startklare TARDOC per 1. Januar 2025 auch tatsächlich an den Start gehen kann. Womit vor allem und endlich auch den unter Finanznot leidenden Kinderspitälern geholfen würde. Denn der TARDOC bringt ihnen finanzielle Verbesserung – bei insgesamt kostenneutraler Einführung.
Das Paradoxe am TARDOC: Alle Tarifpartner, also curafutura, FMH, H+ und santésuisse, befürworten den TARDOC. Und trotzdem ist es alles andere als klar, dass er auch schnellstmöglich zum Einsatz kommt. Ein Zögern und oder gar ein Taktieren seitens des Eidgenössischen Departements des Innern EDI wäre auch mit Blick auf das Sparpotenzial von CHF 600 Mio. völlig unverständlich – oder ist die Not noch nicht gross genug?
Wer die schwierige Situation der Spitäler betrauert, nach Massnahmen ruft und einen veralteten ambulanten Arzttarif beklagt, der soll nach dem TARDOC fragen. Und damit an die Adresse von Bundesrätin Baume-Schneider verweisen. Sie hat es in der Hand, dass dieser per 1. Januar 2025 eingeführt wird.
Der Krankenversicherer-Dachverband curafutura erhält mit Marco Romano einen neuen stellvertretenden Direktor und Leiter Gesundheitspolitik. In dieser Funktion wird er auch Mitglied der Geschäftsleitung von curafutura.
Marco Romano war von 2011 bis 2023 Mitglied des Nationalrats aus dem Kanton Tessin und war nebst der staatspolitischen Kommission, die er von 2022 bis 2023 präsidierte, auch Mitglied der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen sowie in jener für Sicherheit.
Der Tessiner verfügt über Exekutiv-Erfahrung und hat neben seinen politischen Mandaten immer auch in der Privatwirtschaft im Tessin wie auch in der deutschen und französischen Schweiz gearbeitet. Von 2016 bis 2020 war er für die Mitte im Stadtrat von Mendrisio. Romano hat an der Universität Bern Politik und Sozialwissenschaften studiert. «Ich freue mich sehr, diese Funktion bei curafutura zu übernehmen und gemeinsam mit einem engagierten Team unser Gesundheitssystem voranzubringen, Barrieren zu überwinden und in der Kooperation mit anderen Akteuren bestmögliche Lösungen für die Prämienzahler zu finden. Unser Gesundheitssystem steht vor grossen Herausforderungen; hier möchte ich mich für eine Entwicklung einsetzen, die die Werte von curafutura verwirklicht», sagt er. Zurzeit arbeitet Romano als Geschäftsführer der Stiftung IPT Tessin.
Marco Romano übernimmt die Funktion von Sandra Laubscher, die per 1. Juni 2024 die Leitung des Verbands Universitäre Medizin Schweiz (unimedsuisse) übernimmt. Pius Zängerle dankt Sandra Laubscher im Namen von curafutura und ihren Mitgliedern für ihre beharrliche und fokussierte Arbeit in einem herausfordernden Umfeld und wünscht ihr für ihre neue berufliche Herausforderung alles Gute und viel Erfolg.
Dieser Einfluss hat direkte Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Prämienzahlerinnen und -zahler. Die Pharmafirmen wissen um ihren Marktwert. Entsprechend stark positionieren sie sich in Verhandlungen. Das sieht man gut an der Preisdynamik von neuen, teuren Medikamenten. Während eine neue Therapie in der Onkologie gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) vor 10 Jahren noch 1’000 Franken kostete, sind es heute rund 10’000 Franken. Das ist eine Verteuerung um 900 Prozent! Im gleichen Zeitraum, also von 2012 bis 2022, sind die Prämien gerade einmal um etwas mehr als jährlich 2 Prozent gestiegen.
Was bedeutet das jetzt für die Patientinnen und Patienten und für die Prämienzahlerinnen und -zahler? Die positive Nachricht: Die Patienten profitieren in der Schweiz von vielen neuen Therapien, die früh auf den Markt kommen. Die negative Nachricht: Der Preis für neue Medikamente ist zu hoch. Das bezahlen die Prämienzahlerinnen und -zahler über ihre Prämien. Dabei sind die Medikamente schon heute ein grosser Kostentreiber. Sie machen knapp einen Viertel der Ausgaben der Grundversicherung aus.
In der aktuellen parlamentarischen Debatte im Rahmen des zweiten Massnahmenpaketes geht es um diese Thematik. Die Pharmabranche will, dass neue Medikamente, ob mit oder ohne grossen Nutzen, ab dem Tag ihrer Swissmedic-Zulassung zu einem bestimmten Preis X auf die Liste (SL-Liste) mit jenen Medikamenten kommen, die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bezahlt werden. Dass die Pharmafirmen dabei mit einem möglichst hohen Startpreis auf die SL-Liste wollen, ist renditetechnisch gesehen nachvollziehbar. Unverständlich ist aber, dass der Bundesrat in der aktuellen Debatte verstärkt auf Schaufensterpreise setzt. Diese werden auf Basis eines Auslandpreisvergleichs mit künstlich hoch geschraubten Werten berechnet. Das schlägt dann auch beim Netto-Einstiegspreis in der Schweiz durch. Kommt erschwerend hinzu, dass die Pharmabranche als einzige das Recht hat, gegen Preiskorrekturen des Bundes zu rekurrieren. Damit hält sich ein einmal festgesetzter, zu hoher Preis viel zu lange – auf Kosten der Versicherten, die diesen Preis via Prämien bezahlen.
Auch die Versicherer wollen, dass neue Medikamente mit nachgewiesenem hohem Nutzen so schnell wie möglich für ihre Versicherten zur Verfügung stehen. Hingegen unterscheiden sich Pharmabranche und Versicherer in der Absicht, ab wann ein Medikament auf die SL-Liste kommt. Für Versicherer ist klar: Das kann nicht für alle Medikamente gleichzeitig mit ihrer Marktzulassung erfolgen, wenn ein passender Preis gar noch nicht feststeht. Zumal eine im Auftrag von curafutura erstellte Studie aus dem Jahr 2020 zum Schluss kommt, dass die zur Preisfestsetzung und Preisüberprüfung verwendeten Kriterien des Auslandpreisvergleiches (APV) und des therapeutischen Quervergleiches (TQV) nicht ausreichen, um den fairen Preis zu definieren.
Entsprechend braucht es einen Zwischenschritt mit einer Liste für jene Medikamente, bei denen der hohe Nutzen klar erwiesen ist und die erst provisorisch vergütet werden. Sie sollen in einem zweiten Schritt von dieser «Startrampe» auf die definitive SL-Liste kommen, sobald der marktgerechte Preis ermittelt ist. Dabei verlangen wir, dass die überwiesene Motion Dittli mit Berücksichtigung des erzielten Umsatzes umgesetzt wird. Denn mit zunehmendem Umsatz werden auch Skaleneffekte erzielt, die Forschungs- und Entwicklungskosten mehr als decken und die Produktionskosten pro Packung senken.
Interessant an der Debatte im Parlament ist, dass dieses – Stand heute – gewillt scheint, der Argumentation der Pharmabranche zu folgen. Im Sinne des Prämienzahlers gilt es hier Gegensteuer zu geben. Denn der Blick auf den Patienten und der damit einhergehende Wunsch nach einem möglichst schnellen Zugang von Medikamenten mit hohem Nutzen ist das eine. Der Blick auf den Prämienzahler aber das andere. Es darf nicht sein, den Versicherten zum wiederholten Mal in Folge massive Prämienaufschläge zuzumuten, weil dieses Mal die Politik der Pharmabranche blind folgt.
Das neue Jahr ist erst wenige Wochen alt. Und doch ist eine gewisse Aufbruchsstimmung in der Gesundheitspolitik in Bern spürbar. Am 22. Dezember 2023 hat das Parlament mit grosser Mehrheit der einheitlichen Finanzierung (EFAS) zugestimmt. Die jahrelangen Debatten sind damit Geschichte. Stattdessen hat eine lange herbeigesehnte positive Energie Einzug gehalten. Alle haben sich gemeinsam bereit erklärt, unser Gesundheitssystem einen grossen Schritt voranzubringen. Und dies aller Unkenrufen zum Trotz, es könnte bachab gehen, denn das Referendum sei schon angekündigt.
Die neue Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider kann von dieser positiven Energie profitieren. Ich hoffe, dass sie es auch wird! Denn wie das so ist, wenn man entschlossen ist und etwas Neues auf die Beine stellt: Sofort fällt der Blick auf das nächste, das nicht mehr zum Neuen passt. So gelingt Schritt für Schritt die Modernisierung. Und die positive Energie verleiht Schub, dranzubleiben.
Im Fokus habe ich den ambulanten Arzttarif. Genau wie EFAS haben der veraltete Arzttarif TARMED und seine überfällige Ablösung eine lange Leidensgeschichte. 2004 eingeführt, wurde TARMED nie überarbeitet, geschweige denn erneuert. Weil der Tarif so gut ist? Nein. Weil es um die Ausgestaltung von Verbesserungen und Erneuerungen am TARMED immer wieder zu Blockaden kam. Leider waren sich die Tarifpartner lange Zeit nicht einig, wie dessen Struktur auszusehen hatte. 2020 kam es zum Durchbruch! Der Versicherer SWICA sagte zusätzlich Ja zur neuen Tarifstruktur TARDOC. Damit hatten sich curafutura, FMH, MTK und SWICA gemeinsam auf eine neue Struktur geeinigt. TARDOC hatte eine Mehrheit der Versicherten hinter sich. Der eigentliche Durchbruch kam dann im Jahr 2022, als das neue nationale Tarifbüro mit Einbezug aller Tarifpartner curafutura, FMH, Santésuisse, H+ und MTK gegründet wurde. Das war der Startschuss für ein gemeinsames Vorankommen in der Dringlichkeit, endlich einen neuen ambulanten Arzttarif zu installieren. Inzwischen sind zwei Tarifgesuche beim Bundesrat eingereicht. Dies in der positiven Erwartung, dass der Bundesrat in der ersten Jahreshälfte 2024 darüber befindet und die Ablösung des TARMED gelingt. TARDOC hat Ende letzten Jahres von allen vier Tarifpartnern grünes Licht erhalten. Und die Architekten dahinter sind allen Vorgaben nachgekommen, die im Juni 2022 vom Bundesrat an den neuen Tarif gestellt wurden. Und an denen der Bundesrat nach wie vor festhält. Mit anderen Worten: TARDOC ist bereit. Will man vom Effort in der Gesundheitspolitik profitieren, wäre dies der Moment. Nur so klappt es, das angepeilte Ziel umzusetzen: Am 1. Januar 2025 einen neuen ambulanten Arzttarif einzuführen.
Der Entscheid ist politischer Natur. Erkennt der Bundesrat, dass es höchst problematisch ist, wenn man ein grosses Volumen wie es der ambulante Arzttarif darstellt, in der obligatorischen Krankenversicherung mit einem komplett veralteten Tarif lenkt? Und der allein schon deswegen erneuert werden muss? Ganz zu schweigen davon, dass das Volumen weiter zunehmen wird und dies – falls nichts passiert – mit einem Tarif, der nicht mehr zur aktuellen Medizin passt? Erkennt die Frau Bundesrätin und mit ihr ihr Departement, dass jetzt der Zeitpunkt reif ist? Weil sonst die positive Energie, die mit der Gründung des nationalen Tarifbüros entstanden ist, und dank dem Ja zu EFAS noch intensiviert wurde, wieder verpufft?
Wie komplex das schweizerische Gesundheitssystem geworden ist, zeigt die Debatte im Parlament im Rahmen des zweiten Massnahmenpaketes – etwa bei den Medikamenten. So wie die Debatte aktuell verläuft, muss ich davon ausgehen, dass die neuen Regeln zur Preisfestlegung von neuen Medikamenten bei der Aufnahme auf die Spezialitätenliste viel mehr Kosten verursachen als Kosten dämpfen werden. Aktuell kommen viele sehr teure Medikamente auf den Markt. Während eine neue Therapie in der Onkologie gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) beispielsweise vor 10 Jahren noch 1’000 Franken kostete, sind es heute zwischen 8’000 und 10’000 Franken. So wie die Debatte aktuell läuft, scheint das Parlament gewillt zu sein, den Forderungen der Pharmabranche nachzukommen – mit schwerwiegenden Folgen für die Prämienzahler. Demnach würde nach Zulassung eines Medikamentes ein provisorischer, von der Pharmabranche definierter Preis gelten. Wird der Preis vom Bundesamt für Gesundheit nach unten korrigiert, hätte die Pharma-Branche ein Vetorecht, womit sich die Preisdebatte in die Länge zieht. Und der zu hohe Preis könnte sich viel zu lange halten. Die Frage sei daher erlaubt, inwiefern das zweite Massnahmenpaket ein Kostendämpfungspaket ist. Können wir den Versicherten zumuten, zum dritten Mal in Folge mit massiven Prämienaufschlägen den Kostenanstieg zu bewältigen?
Das neue Jahr hat also schon spannend begonnen. Man darf erwartungsvoll sein, wie es weiter geht. Ich bleibe optimistisch. Letztlich haben in der Schweiz in unserem starken demokratischen Gefüge im Grundsatz noch immer gute Lösungen mit Augenmass und Vernunft obsiegt. Von daher: Bleiben wir wachsam, zuversichtlich, und nehmen die Energie vom vergangenen Jahr in der Gesundheitspolitik mit und profitieren wir davon, indem wir Lösungen, die schon lange bereit sind, endlich klug installieren.
Nun ist die Zeit des Debattierens vorbei. Am Freitag kommt mit der Schlussabstimmung die Stunde der Wahrheit – verbunden mit der Frage: Will die Schweizer Politik ein solidarisch tragbares Gesundheitssystem der Zukunft? Ein System mit einer einheitlichen Finanzierung, die die günstigere fortschrittliche ambulante Behandlung voran bringt? (Sie liegt heute gemäss Statista in der Schweiz bei 23 % und in den USA bei über 80 %.) Will die Schweizer Politik die koordinierte Versorgung fördern und die Prämienzahlerinnen und -zahler entlasten? Indem sich die Kantone an der Finanzierung der ambulanten Behandlung beteiligen, die bislang einzig durch Versicherte finanziert wurde. Mit anderen Worten: Erkennt die Schweizer Politik mit ihren Kantonsvertretern das Momentum und die Hebelwirkung dieser bedeutenden Reform auf unser Gesundheitssystem, die eine der wichtigsten Antworten auf die sich ändernde Landschaft der ambulanten Gesundheitsversorgung liefert?
Wenn man die Debatten der letzten Woche analysiert, so kommt man zum Schluss: Es ist der grosse Wille vorhanden, ein klares Zeichen dafür zu setzen, dass der Reformstau der vergangenen Jahre ein Ende hat. Man will im Gesundheitswesen voran kommen. Weil man weiss, dass man muss.
Mitte-Nationalrat (und Visana-Präsident) Lorenz Hess hat mir mit seinem Votum aus dem Herzen geredet: «Es ist nicht der Zeitpunkt des Versenkens, es ist nicht der Zeitpunkt des Drohens mit Referenden, und es ist nicht mehr der Zeitpunkt der roten Linien.» Wem es ernst sei, der werde mithelfen, diese lange Geschichte zum Ende zu bringen.
curafutura und ihre Mitglieder haben sich erhofft, dass die Rechnungen künftig ausschliesslich von den Versicherern kontrolliert werden. Und die Pflege erst unter klaren Bedingungen in EFAS integriert wird. Bei einer so grossen Reform, die die Kantone verstärkt und massgeblich bei der ambulanten Behandlung finanziell in die Pflicht nimmt, ist es allerdings unerlässlich, dass man deren Anliegen ernst nimmt. Bis hierher und nicht weiter, sagen wir im Volksmund. Indem sie die Rechnungen der stationären Behandlungen weiterhin kontrollieren, behalten sie wie bislang die Kontrolle bei jenem Teil, mit dem sie mit den Spitälern eine lange Geschichte verbindet. Das ist zwar keine Verbesserung des Systems. Es ist aber auch keine Verschlechterung. Ich bin positiv gestimmt, dass sich alle National- und Ständeräte der Tragweite ihres Abstimmungsverhaltens bewusst sind und uns Prämienzahlerinnen und -zahler das wichtigste Weihnachtsgeschenk seit Jahren unter den Weihnachtsbaum legen, das von 22! Akteuren des Gesundheitswesens unterstützt wird: Das Ja zu EFAS.
Damit neigt sich ein ereignisreiches Jahr in der Gesundheitspolitik dem Ende zu. Im Herbst musste der jetzt abtretende Bundespräsident Alain Berset eine markante Prämienerhöhung vermelden. Dadurch aufgeschreckt, wurden die Rufe nach Reformen unüberhörbar. Gleich zwei bedeutende Erfolge sind seither gelungen. Zum einen hat der Bundesrat im Dezember Ja gesagt zu einer Anpassung der Vertriebsmarge bei den Medikamenten und damit ein klares Signal gesetzt: Künftig haben Generika den Vorrang vor den Originalmedikamenten. Das wird sich kurzfristig mit 60 Millionen Franken und langfristig mit mehreren 100 Millionen Franken auf unser Portemonnaie auswirken. curafutura, FMH/APA, pharmaSuisse und H+ haben unnachgiebig daran gepickelt, bis der Kompromiss da war. Im Juli 2024 wird er Realität und seinen positiven Impakt auf die Kosten bei den Medikamenten entfalten. Zum anderen haben alle vier Tarifpartner curafutura, FMH, H+ und Santésuisse Ja zum ambulanten Arzttarif TARDOC gesagt. Beide Tarifgesuche, also jenes zum Einzelleistungstarif und jenes zur Patientenpauschale, sind jetzt bei der neuen Departementvorsteherin des EDI Elisabeth Baume-Schneider deponiert. Es ist ab Januar an ihr, diese wichtigen Tarife für ein OKP-Volumen von 13 Milliarden Franken zu sichten, und in der ersten Jahreshälfte zu beurteilen und im Bundesrat zum Entscheid zu bringen. Das Ziel ist es, per 1. Januar 2025 einen neuen Arzttarif zu installieren, wie alle Tarifpartner es gemeinsam geplant haben.
Bundesrätin Baume-Schneider wird einen Schnellstart beim EDI hinlegen müssen. Wir erhoffen uns von ihr, dass eine Fortsetzung stattfindet von dem, das bereits aufgegleist, aber noch nicht zu einem positiven Entscheid gebracht werden konnte. Wir versprechen uns, dass sie die Rahmenbedingungen klar festlegt, die erfüllt sein müssen, um die Ziele zu erreichen. Und dass sie diese nicht laufend verändert und anpasst. Wir versprechen uns einen regelmässigen Austausch mit den wichtigen Akteuren mit dem alleinigen Ziel, konstruktive Ansprechspartner in die Zusammenarbeit einzubinden, sie anzuhören, um gemeinsam mit ihnen, der Politik und dem EDI/BAG bestmögliche Lösungen für alle Schweizerinnen und Schweizer zu erzielen.
curafutura wird sich weiterhin aktiv einbringen und das tun, was wir am besten können: Fokussiert und konstruktiv an der Verbesserung und Weiterentwicklung unseres Systems für die Zukunft arbeiten. Wir werden uns mit Engagement einbringen, damit das Gesundheitswesen der Schweiz mindestens so gut bleibt wie es ist und laufend verbessert wird – zu bezahlbaren Prämien und zur Zufriedenheit der Schweizerinnen und Schweizer.
In diesem Sinne – schöne Weihnachten und bleiben Sie gesund! Das ist das Allerwichtigste.
Das Magazin des Tages-Anzeigers hat Anfang Oktober eine Reportage publiziert mit dem Titel «Auf Stammtisch-Tour durch die Schweiz». Journalisten des Magazins wollten wissen, wo Herrn und Frau Schweizer vor den Wahlen der Schuh drückt. Dazu haben sie sich am Stammtisch in Altdorf, in Schwyz, in Muotathal (SZ), in Zürich, Olten und Bern umgehört. Fazit: Schweizerinnen und Schweizern geht es gut. Gesundheitspolitik kommt quasi nicht zur Sprache, obschon Thema Nummer 1 im Wahlkampf und im Sorgenbarometer ganz oben. Einzig die Muotathaler diskutieren am Rande über Physiotherapie. Ansonsten bewegt die Gemüter politisch, wenn überhaupt, der Wolf. Wie passt das zusammen?
Auf der einen Seite haben wir auf das kommende Jahr eine markante Prämienerhöhung von 8.7%, die uns alle belastet und eine ungemütliche Entwicklung darstellt. Entsprechend dominant ist das Thema in den Medien. Auf der anderen Seite beschäftigen sich die Schweizerinnen und Schweizer weitaus weniger mit Gesundheitspolitik als die Medienberichterstattung vermuten lässt. FMH-Präsidentin Yvonne Gilli bezeichnete in einem Beitrag in der Schweizerischen Ärztezeitung SAEZ von Mitte Oktober die Mischung aus steigenden Prämien und nationalen Wahlen als toxisch. Weil viele Voten nur auf Ideologie und Schuldzuweisung abzielten, ohne entsprechende Rezepte oder mit wenig tauglichen.
Was bleibt hängen?
Mich treibt in diesem Kontext vor allem eine Frage um: Was bleibt von all den Ideen nach den Wahlen übrig? Denn wenn schon viel Lärm, dann wenigstens solcher, der zurecht Aufmerksamkeit generiert. Mit einer Rezeptur, die das an sich gute Gesundheitssystem verbessert – qualitativ UND Kosten dämpfend. Diese Kombination ist per se anspruchsvoll. Oftmals geht Kostendämpfung mit Abstrichen am Status Quo einher. Oder mit sinnloser Bürokratie. Und Verbesserung am System bedeutet nicht selten Mehrausgaben.
Gute Reformen bringen beides. DAS muss unser Gradmesser sein. Hier setze ich viele Fragezeichen hinter die aktuellen Vorschläge.
DIE 10 %-Inititative mag sozialpolitisch Linderung verschaffen, sie verbessert aber weder das System an sich noch führt sie zur Kostendämpfung. Auch der Vorschlag einkommensabhängiger Versicherungsprämien führt zu Komplexität und Aufwand. Die Kostenbremse-Initiative verbessert weder den Status Quo noch führt sie zur Optimierung. Nur schon mit dem indirekten Gegenvorschlag dürfte es noch mehr Blockaden geben.
Die Neuauflage der Einheitskassendiskussion bringt wohl auch keine neuen Erkenntnisse. Bei aller Kritik am Geschäftsverhalten von Krankenversicherern: Sie haben im Vergleich zu andern Sozialversicherungen tiefe Verwaltungskosten. Eine Einheitskasse brächte mehr Bürokratie ohne am Grundproblemen des Prämienwachstums etwas zu ändern.
Aktuell gibt es drei Reformen, die echte Kostendämpfung und Systemverbesserung bringen: Es sind dies die Einführung des ambulanten Arzttarifs TARDOC mit Pauschalen (sofern diese Tarife genehmigt werden). Die einheitliche Finanzierung EFAS. Und die Revision der Marge, damit der Apotheker beim Verkauf eines Originalmedikaments nicht mehr verdient als mit einem Generikum. Alle drei Reformen beheben grosse Fehlanreize und verbessern dadurch das System. Alle drei dämpfen die Kosten. TARDOC aufgrund der Kostenneutralität für drei Jahre (600 Mio.). EFAS weil wir mehr günstig ambulant behandeln und die koordinierte Versorgung einen Schub erhält, was Doppelspurigkeiten verhindert (1 bis 3 Mia. gemäss Studien). Die Margenrevision, weil es der Durchbruch für mehr Generika ist (60 Mio. plus mehrere 100 Mio. aufgrund von Nachfolge-Effekten).
Die drei Reformen haben Gemeinsamkeiten: Sie sind seit über 10 Jahren unterwegs. Sie sind notwendig und reif, aber weder interessant noch extravagant. Ganz anders die aktuellen Vorschläge der Parteien. Hier gehen die Emotionen hoch. Hier liegt der Fokus auf dem Ideengeber. Das ist wahlkampftechnisch optimal.
Staatsepidemiologe Tegnell: «Gegen simple Lösungen bin ich zutiefst skeptisch»
Der ehemalige schwedische Staatsepidemiologe Anders Tegenell sagte einmal etwas, das mich aufhorchen liess: «Gegen simple Lösungen bin ich zutiefst skeptisch.» Weil sie in der Umsetzung meist viele Fehler zu Tage förderten. Ich gebe Tegnell insofern recht, als dass mir simpel zwar lieb ist, da schnell erfassbar. Aber gerade die Debatten um EFAS, TARDOC und Margenrevision zeigen, dass erst in der Auseinandersetzung mit dem Thema die Herausforderungen klar werden. Und wie schwierig es ist, eine kooperative Lösung hinzubekommen in einem System wie der Schweiz mit vielen Akteuren, die alle angehört werden wollen und mitreden können.
Letztlich obsiegt der Kompromiss, bei dem alle Abstriche zugunsten des neuen Produkts machen müssen. curafutura ist der Durchbruch bei der Margenrevision mit pharmaSuisse, FMH und H+ gelungen, bei EFAS mit 22 namhaften Verbänden sowie beim TARDOC mit der FMH, MTK und SWICA – und neuerdings auch mit Santésuisse und H+ in der Zusammenarbeit in einem gemeinsamen Tarifbüro. Die lange Reifezeit der Projekte zeigt, dass es schnelle Lösungen auf Knopfdruck nicht gibt. Schon gar nicht in der Schweiz, die alle Vor- und Nachteile so lange abwägt, bis die «kluge» Lösung da ist. In der Vergangenheit sind wir für unser Abwägen belohnt worden. Und heute? Nach wie vor bin ich überzeugt, dass unser föderales System viele Vorteile hat – auch wenn sich die Welt immer schneller dreht. Irgendwann ist aber in jeder Debatte der Moment gekommen, um über den Schatten zu springen. Ich meine, das sei bei allen drei Reformen jetzt. Sonst kommt der Absturz.
Die Schweiz hat – allen Unkenrufen und negativen Berichterstattungen zum Trotz – nach wie vor eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Das hat seinen Preis. Schrauben wir wie wild daran herum und bewegen uns in alle Richtungen, laufen wir Gefahr, mehr zu verlieren, als uns lieb ist. Das neue Parlament muss unter neuem Bundesrat reife Projekte wie EFAS übernehmen. Und ein neuer Bundesrat wird bald über den ambulanten Arzttarif entscheiden müssen. Damit Platz für Neues entsteht, das dann 2030, 2040 oder vielleicht auch erst 2050 (!) zur Einführung bereitstehen wird. Ginge es schneller, wäre es eine erfreuliche Überraschung.
curafutura hat die Auswirkungen von TARDOC auf die Entwicklung der Gesundheitskosten neu analysiert. Dank einer verbindlichen Kostenobergrenze werden die Prämienzahler erheblich entlastet. Die Auswertung zeigt: Mit der dreijährigen Kostenneutralitätsphase betragen die Einsparungen 600 Millionen Franken – jährlich wiederkehrend. TARDOC kann also gerade jetzt einen wichtigen Beitrag zur Kostendämpfung leisten. Dies ist nach dem markanten Anstieg der Prämien 2023 und angesichts der aktuellen starken Kostenentwicklung umso nötiger.
Der neue ambulante Arzttarif TARDOC leistet einen bedeutenden Beitrag zur Kostendämpfung. Das Kostenneutralitätskonzept (Link) ist ein integraler Bestandteil des neuen Arzttarifs TARDOC. Es wurde vertraglich zwischen den Tarifpartnern vereinbart und ermöglicht die Kostenkontrolle nach Inkrafttreten des Tarifs, der den TARMED ersetzen soll. Kernstück des Konzepts ist die Festlegung eines verbindlichen Korridors für die Kostenentwicklung im Vergleich zum Jahr vor der Umstellung. Die untere Grenze des Korridors liegt bei -1% pro Jahr (Kostensenkung) und die obere Grenze bei +2% pro Jahr (Kostensteigerung). Darin sind alle über den TARDOC abgerechneten Leistungen enthalten.
Das heisst, wenn sich die Kosten ausserhalb dieses Korridors bewegen, werden Tarifkorrektur- und Ausgleichsmechanismen ausgelöst, um die Kosten wieder in den Korridor zurückzuführen. Wenn sich die Kosten hingegen innerhalb des Korridors bewegen (zwischen -1% und +2%), ist keine Korrektur erforderlich.
Zur Veranschaulichung präsentiert heute curafutura eine Analyse, die auf den letzten Daten zur Kostenentwicklung im Jahr 2022 basiert. Diese Auswertung zeigt, wie sich die Kosten entwickelt hätten, wenn der neue Arzttarif TARDOC bereits in Kraft wäre und somit das Konzeptkostenneutralität bereits umgesetzt würde.
Die ambulanten Kosten sind im Jahr 2022 um 3,5% gestiegen (Link). Da diese Kostenentwicklung ausserhalb des Kostenneutralitätskorridors liegt (zu hoch), wären mit dem TARDOC Tarifkorrektur- und Ausgleichsmassnahmen ausgelöst worden, um wieder unter die obere Schranke von +2% zu gelangen. Auf diese Weise hätte man 1,5% Prozentpunkte eingespart, was 187 Millionen Franken Einsparungen in einem einzigen Jahr entspricht.
Das Kostenneutralitätskonzept greift nicht nur für ein Jahr: Die Phase der Kostenneutralität dauert mindestens drei Jahren nach Inkrafttreten des Tarifs. Der Bundesrat kann zudem beschliessen, diese Phase zu verlängern, wenn die von ihm aufgestellten Auflagen noch nicht erfüllt sind. Darüber hinaus ist ein langfristiges Monitoring vereinbart. Wenn man also die Auswirkungen von TARDOC auf die Entwicklung der Gesundheitskosten berechnet, muss man sich an der minimalen Dauer der Kostenneutralitätsphase orientieren, sprich drei Jahren.
Nach der dreijährigen Kostenneutralitätsphase resultieren jährlich wiederkehrende Einsparungen von 600 Millionen Franken, wenn das Wachstum im ambulanten Bereich in diesen drei Jahren bei 3.5% liegt. Diese Annahme ist bescheiden, hat doch das Volumen im ambulanten Bereich in «normalen» Jahren (ausgenommen z.B. Covid-Jahre) zum Teil deutlich über 4% zugenommen. Wenn das auch in den kommenden Jahren der Fall wäre, würden die Einsparungen noch höher als 600 Millionen Franken ausfallen.
Mit seinem Kostenneutralitätskonzept bringt der TARDOC also im ambulanten Bereich – nebst dem Hauptziel der überfälligen Revision des Arzttarifs – eine Vorhersehbarkeit und eine beträchtliche Dämpfung der Kosten für mehrere Jahre. «Dies ist nach der Prämienerhöhung 2023 und angesichts der aktuellen Kostenentwicklung eine geradezu wohltuende Botschaft», sagt Pius Zängerle, Direktor von curafutura.
Der TARDOC hat damit eine dämpfende Rolle für die Gesamtkosten der Grundversicherung (OKP). Tatsächlich ist der hoffnungslos veraltete Arzttarif TARMED der bei weitem grösste Tarif in der OKP: Auf ihn entfällt ein Drittel der OKP-Ausgaben, nämlich ca. 13 Milliarden Franken jährlich. Eine Kostendämpfung mit einem medizinisch und ökonomisch aktuellen Tarifwerk hat also einen erheblichen Einfluss auf die OKP-Gesamtkosten und damit die Prämien aller Versicherten.
curafutura erwartet mit Interesse das Kostenneutralitätskonzept für die ambulanten Pauschalen. In diesem Zusammenhang wird es wichtig sein, dass der Bundesrat an beide Vorlagen die gleichen Anforderungen stellt und diese mit dem gleichen Massstab beurteilt. So kann man vermeiden, dass auf der einen Seite eingespart und auf der anderen Seite zu viele finanzielle Mittel ausgegeben werden. Alle Unterlagen der zukünftigen Arzttarife müssen bis zum 30. Juni 2023 der Organisation für ambulante Arzttarife (OAAT) übermittelt werden.
Funktionsweise des Kostenneutralitätskonzepts Die Forderung nach Kostenneutralität ergibt sich aus Art. 59c Abs. 1 Bst. c der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV): „Ein Wechsel des Tarifmodells darf keine Mehrkosten verursachen.“ Ziel dieser Bestimmung ist, dass der Wechsel vom bisherigen Tarif zum neuen Tarif nicht zu einem künstlichen Kostenanstieg führt, der allein auf den Tarifwechsel zurückzu-führen ist. curafutura veröffentlicht das Kostenneutralitätskonzept des TARDOC, um Transparenz in dieser Debatte zu schaffen (Link). Das Konzept basiert auf folgenden ökonomischen und technischen Grundlagen: 1) Die Kombination von Preis- und Mengeneffekten wird umfassend berücksichtigt. 2) Die Kostenentwicklung wird über einen definierten Zeitraum beobachtet. 3) Mehr- und Minderkosten, die in anderen Tarifen entstehen, werden berücksichtigt. 4) Exogene Schocks, politische Eingriffe oder Struktur- und Preisänderungen in anderen Tarifen dürfen nicht dem Tarifmodellwechsel angelastet werden. |